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Universitätsarchiv

Eine Vorreiterin für Frauen in der Medizin

09.03.2021

Sie war die erste Frau, die in der Türkei eine Lizenz als Ärztin erhielt und dort Medizin lehrte: Safiye Ali. Ausgebildet wurde sie an der Uni Würzburg. Zum Weltfrauentag am 8. März erzählt das Uniarchiv ihre Geschichte.

Die Studierendenkartei von Safiye Ali aus dem Universitätsarchiv der Uni Würzburg. In den Unterlagen des Uniarchivs findet sich unterschiedliche Angaben zu Alis Geburtsjahr, deren Korrektheit sich quellenbasiert nicht mehr endgültig verifizieren lässt. (Bild: Universitätsarchiv)
Die Studierendenkartei von Safiye Ali aus dem Universitätsarchiv der Uni Würzburg. In den Unterlagen des Uniarchivs findet sich unterschiedliche Angaben zu Alis Geburtsjahr, deren Korrektheit sich quellenbasiert nicht mehr endgültig verifizieren lässt. (Bild: Universitätsarchiv)

Safiye Ali gilt als eine Pionierin für Frauen in der Medizin. In ihrer Heimat, der heutigen Türkei, setzte sie sich besonders für die medizinische Bildung von Frauen ein. Studiert und promoviert hat sie an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Ihren Abschluss machte sie vor 100 Jahren.

Geboren wurde Safiye Ali am 2. Februar 1894 (*) im heutigen Istanbul. Ihre Laufbahn ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass Bildung und Medizinwesen zur damaligen Zeit fast ausschließlich Männern vorbehalten war. Ein Medizinstudium in ihrem Heimatland blieb ihr deshalb verwehrt. Dennoch setzte sich die junge Frau durch. Sie besuchte zunächst das College und reiste anschließend mit einem Stipendium nach Deutschland, wo sie zum Sommersemester 1916 ein Medizinstudium an der JMU aufnahm.

Kein regulärer Studienbetrieb durch Pandemie

Ali verbrachte ihr Studium in unruhigen Zeiten. So wütete in ihren frühen Semestern der Erste Weltkrieg und als sich dieser 1918 dem Ende neigte, rollte mit der Spanischen Grippe eine weltweite Pandemie auf Deutschland zu. Dass die Verbreitung eines Virus den regulären Studienbetrieb beeinflusst, kann man heute durch Covid-19 wohl nachvollziehen. Eine Impfung, so wie sie gegen das Corona-Virus entwickelt wurde, gab es damals nicht. Erst in den 1940er Jahren wurde der erste Grippeimpfstoff entwickelt. Gegen andere Krankheiten konnte man allerdings schon etwas ausrichten und dementsprechend wurde die Thematik der Impfung auch an der Universität behandelt. Aus Safiye Alis Inskriptionslisten geht hervor, dass sie im Sommersemester 1919 einen Impfkurs belegt hat.

In den Beständen des Universitätsarchivs befinden sich noch einige Dokumente zu Safiye Ali, wie beispielsweise ihre Studierendenkartei. Auch die Inskriptionslisten der Jahre 1916 bis 1921 zeugen von ihrem Studium in Würzburg. Darin sind alle Kurse vermerkt, die sie belegt hat. Wirft man auf diese einen Blick ist festzustellen, dass Safiye Ali eine ausgesprochen fleißige Studentin war. Vom Sommersemester 1916 bis zum Wintersemester 1920/21 belegte sie ganze 68 Vorlesungen, Seminare und Praktika. Für die damalige Zeit war das außergewöhnlich.

Bekannte Persönlichkeiten in der Lehre

Zu ihren Professoren gehörte eine Reihe bekannter Persönlichkeiten, wie beispielsweise der Nobelpreisträger Wilhelm Wien, bei dem Safiye Ali Kurse in Physik belegte. Auch Psychologie bei Karl Marbe, einem der bedeutendsten Vertreter der Würzburger Schule der Denkpsychologie, stand auf ihrem Stundenplan. Wilhelm Lubosch (Anatomie), Hans Rietschel (Kinderheilkunde) oder Karl Wesseley (Augenheilkunde) waren zu Safiye Alis Studienzeit ebenfalls bekannte Mediziner und gaben ihr Wissen in der Lehre weiter. Während Wesseleys Zeit als Leiter der Augenklinik machte sich im Übrigen eine weitere Frau einen Namen: Josefine Schulte wurde damals als erste Frau im Fach Augenheilkunde promoviert.

Nach einem Studium unter erschwerten Bedingungen, aber dafür mit fähigen Professoren in der Lehre, erhielt Safiye Ali am 1. Juni 1921 schließlich ihren Doktortitel mit ihrer Dissertation „Über Pachymeningitis haemorrhagica interna im Säuglingsalter“.

Sie kehrte daraufhin nach Istanbul zurück, wo sie 1923 als erste Frau in der Türkei eine Lizenz als Ärztin erhielt und eine Praxis für Gynäkologie und Pädiatrie eröffnete. Safiye Ali war nicht nur klinisch tätig, sie leitete zahlreiche Wohltätigkeitsorganisationen, die sich für die Ausbildung und medizinische Versorgung von Müttern und Kleinkindern einsetzten. Zudem verfasste sie etliche Bücher und ging schlussendlich als erste Frau in die Geschichte ein, die in der Türkei Medizin lehrte. Am Robert College, also der Institution an der einst ihre akademische Ausbildung begann, bot sie jungen Frauen eine medizinische Ausbildung an.

Kurz vor ihrem Tod ließ sich Safyie Ali in Deutschland nieder. Dort setzte sie trotz einer Krebserkrankung ihre Arbeit in den Jahren des Zweiten Weltkriegs fort. Am 5. Juli 1952 starb sie im Alter von 58 Jahren in Dortmund.

Aufgrund ihrer herausragenden Pionierleistung für Frauen in der Medizin, erinnerte Google anlässlich ihres Geburtstages an die Wissenschaftlerin und widmete Safiye Ali ein Doodle. Die sehenswerte Grafik wurde dabei von Hüseyin Sönmezay gestaltet.

(*) Bezüglich des Geburtsdatums finden sich in den Unterlagen des Universitätsarchivs verschiedene Angaben. Weder das Datum 1895 noch 1894 ließen sich zweifelsfrei auf Quellenbasis verifizieren.

Von Mareile Mansky

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