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Lehre

Eine Reise um den Globus – und zu sich selbst

12.04.2016

Drei Lehramtsstudentinnen haben eine Schulklasse durch den Botanischen Garten geführt – und dabei herausgefunden: Die Entscheidung, Lehrerinnen werden zu wollen, war richtig.

John Keating ist gut. Sein Unterricht verblüfft die Schüler schon in der ersten Stunde. Mit unkonventionellen Methoden fordert der Lehrer sie zu selbstständigem Handeln und freiem Denken auf. Für Keating das höchste der Gefühle: Seine Schüler begrüßen ihn mit „Oh Captain, mein Captain“.

Dass Lehramtsstudierende ein solches naives Traumbild vom Lehrer-Dasein hätten, ist ein häufig bedientes Klischee. Der Vorwurf: Das Studium bereite nicht richtig auf den Joballtag vor. Die meisten Junglehrer würden schon am ersten Arbeitstag merken, dass sie eben nicht zu dem taugen, was der Schauspieler Robin Williams in dem Film „Der Club der toten Dichter“ auf so bizarre Art und Weise darstellt.

Rebekka Sammertinger, Maria Riske und Melanie Holzbauer, die Lehramt im zweiten Semester an der Universität Würzburg studieren, sind der lebende Beweis dafür, dass es nicht so ist. Unter dem Motto „Grüne Praxis statt grauer Theorie“ haben die Drei eine Schulklasse durch den Botanischen Garten geführt, den Schülern die Vegetations- und Klimazonen der Erde erklärt und dabei herausgefunden: Die Entscheidung, Lehrerinnen werden zu wollen, war richtig.

Praxis für den Berufsalltag sammeln

„Praxis ist das A und O“, sagt Ute Medicus, Leiterin des Seminars, das im Sommersemester 2016 als Blockveranstaltung im Lehr-Lern-Garten angeboten wurde. Letzterer soll die Lehrerausbildung an der Universität weiter verbessern und den aktuell rund 6000 eingeschriebenen Lehramtsstudierenden die Möglichkeit bieten, im Kontakt mit Schülern Praxiserfahrung für den Berufsalltag zu sammeln.

Rebekka, Maria und Melanie haben dieses Angebot bereits früh in ihrem Studium wahrgenommen, um herauszufinden, ob ihnen der Umgang mit Schülern auch wirklich liegt. An zwei Blockterminen haben sie zunächst die unterschiedlichen Vegetations- und Klimazonen im Botanischen Garten erkundet und dessen Potenzial als außerschulischer Lernort erörtert. Beim anschließenden Planen und Entwickeln der Lerneinheit durften die Studentinnen ihre eigenen Ideen einbringen. Das Ziel, diese lehrplankonforme Unterrichtseinheit zu leiten, meisterten die drei angehenden Lehrerinnen dann mit einer „Reise um den Globus“, auf der sie mit 31 Realschülern einer 8. Jahrgangsstufe nacheinander in die Wüste, ans Mittelmeer und in den Regenwald „flogen“.

Anders als ein Referat

Dabei lernten die Schüler nicht nur, was Begriffe wie Tageszeitenklima oder Sukkulenz bedeuten, sondern auch, wie verschiedene Nutzpflanzen wie Ananas, Vanille oder Kakao auf den heimischen Esstisch kommen. Das abschließende Quiz lösten die Schüler im Nu – für die Studierenden eine Bestätigung dafür, dass ihre ersten Unterrichtsversuche erfolgreich waren.

„Ich hatte Angst, dass ich einen Blackout bekomme oder den Faden verliere – das war gar nicht der Fall. Im Gegenteil: Ich bin mit der Zeit immer sicherer geworden“, berichtet Rebekka hinterher erleichtert. „Es ist anders als ein Referat zu halten und anders als ein Orientierungspraktikum, bei dem man dem Lehrer nur zusieht“, hat Melanie festgestellt. Und Maria sagt über ihre erste selbst gehaltene Unterrichtsstunde: „Ich habe mich einfach wohl gefühlt.“

Lehrer müssen improvisieren können

Eine wichtige Erkenntnis, die die drei Studentinnen darüber hinaus erlangt haben: In der Praxis läuft nicht alles so, wie man es sich in der Theorie ausgemalt hat. „Das habe ich total vergessen“, sei beispielsweise ein Satz, den sie im Nachhinein gelegentlich höre, sagt Seminarleiterin Medicus. „Dass man in solchen Situationen improvisieren muss, haben wir vorher bereits besprochen. Wichtig ist, dass die Studierenden merken, dass sie auch improvisieren können.“

In einer Nachbesprechung erhalten die angehenden Pädagoginnen Feedback dazu, was bereits gut geklappt hat und wo es noch Verbesserungspotenzial gibt. Den Umgang mit den Schülern – darüber sind sich Rebekka, Maria und Melanie einig – haben sie sich definitiv schwieriger vorgestellt. Die Learning-by-Doing-Erfahrung hat ihren Wunsch, Lehrerinnen zu werden, bestärkt. Maria bringt auf den Punkt, was das Seminar neben drei ECTS Punkten für den fächerübergreifenden Freien Bereich vor allem gebracht hat: „Wissen, Erfahrung und einen Haufen Spaß!“

Stichwort: Lehr-Lern-Garten

Der Lehr-Lern-Garten (LLG) ist eine Praxisplattform für Studierende, die Spaß an der Wissensvermittlung haben. Sie trägt somit unter anderem zur Verbesserung der Lehrerausbildung an der Universität bei. Im Kontakt mit Schulklassen sammeln Lehramts- und Fachwissenschaftsstudierende Praxiserfahrung für den Berufsalltag.

Neben dem fächerübergreifenden freien Bereich werden mit dem Lehrveranstaltungsangebot des LLGs beispielsweise gezielt Biologen, Sonderpädagogen oder angehende Deutsch-, Sozialkunde- und Geographielehrer angesprochen. Gleichfalls existiert damit ein fächer- und schulartübergreifendes Angebot für Schulen. Fachdidaktische Forschung begleitet die Arbeit und trägt somit zur Evaluation und Verbesserung des Angebots für alle Beteiligten bei.

An den Veranstaltungsterminen können Schulklassen an einem speziellen Programm teilnehmen. Der zeitliche Umfang richtet sich nach dem jeweiligen Thema und der Schulart. Weitere Informationen über das Projekt, welches der Botanische Garten für Studierende geschaffen hat, erhalten Interessierte unter www.uni-wuerzburg.de/einrichtungen/llg

Kontakt

Ute Medicus, Koordinatorin des Lehr-Lern-Gartens, T (0931) 31-84566, ute.medicus@uni-wuerzburg.de

Von: Karsten Fehr

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