Intern
    NMUN Delegation

    Erfahrungsberichte

    "Honorable Delegates…" – Die NMUN-Konferenz in New York

    Am 1. April 2012 war es endlich soweit. Nach siebenmonatiger Vorbereitung begann die National Model United Nations (NMUN) Konferenz im New Yorker Sheraton Hotel. Die elf Delegierten der Universität Würzburg und ihr Faculty Advisor waren bereits vor einer Woche in der Metropole angekommen und hatten neben der Study Tour Zeit sich an die Verhältnisse im Big Apple zu gewöhnen. In New York ist halt alles etwas größer, voller, lauter und schneller. Die kulinarische und kulturelle Vielfalt, sowie die unzähligen Attraktionen, das Meer der Lichter am Times Square bei Nacht und die zahlreichen gift shops sorgten neben einer anfänglichen Reizüberflutung für Staunen und einen Einblick in den New Yorker Lifestyle.

    Während der Study Tour erfreute sich die Würzburger Delegation eines vollen und interessanten Terminplanes, welcher sie unter anderem zur ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen, einer NGO, die sich der Beschränkung des internationalen Waffenhandels verschrieben hat, sowie zu einer Vortragsreihe über verschiedene global- politische Probleme führte. Thematisiert wurden unter anderem internationale Rüstungskontrolle, Menschenhandel, Rechte von Eingeborenen und die anhaltende Problematik afrikanischer Konflikte, worüber wir uns mit dem ehemaligen Botschafter Ghanas unterhielten.

    Von Brooklyns Industrieviertel, in dem sich die Würzburger Delegation im Laufe der Study Tour in einem Hostel eingemietet hatte, zum New Yorker Times Square ging die Reise am ersten offiziellen Tag der Konferenz. Nach erfolgreicher Registrierung und einigen Stunden Wartezeit im provisorischen Kofferlager wurden die Zimmer verteilt. Bis auf die längeren Wartezeiten schien sich das Sheraton um ein wohlorganisiertes Chaos bemüht zu haben. Dies war angesichts der ca. 2500 anwesenden Studenten auch nicht anders zu erwarten. Unzählige Delegationen aus aller Welt brannten darauf am größten Planspiel der Welt teilzunehmen. Bei NMUN handelt es sich um eine Simulation der Vereinten Nationen, bei der den Delegationen ein Land zugewiesen wird, welches sie nach eingehender Vorbereitung, möglichst realitätsnah und authentisch gegenüber den anderen 192 Staaten vertreten sollen. Nachdem in die vorangegangenen Jahre die Delegationen der Universität Würzburg Länder wie Venezuela, Vietnam und Katar vertreten haben, repräsentierten wir das derzeit sich im Wandel befindende Myanmar. Myanmar, das Land der ethnischen und religiösen Vielfalt, welches sich seit einiger Zeit von einem sich isolierenden und autoritären zu einem sich öffnenden und liberaleren Staat entwickelt hat, hatte uns in den letzten Monate der Vorbereitung begleitet.

    Auf der fünftägigen Konferenz vertraten wir die Interessen unseres Landes in verschiedenen Komitees: den ersten drei Komitees der Generalversammlung, dem Rio +20-Konferenz (der weltgrößten Umweltkonferenz), dem Arms Trade Treaty (einem sich in Arbeit befindenden Vertragswerks zur Überwachung des internationalen Waffenhandels), sowie der Suchtstoffkommission (Commission on Narcotic Drugs).

    Nach der Eröffnungszeremonie, mitsamt Begrüßungsrede eines UN-Botschafters, im Ballroom des Sheraton Hotels, begaben sich die ca. 2500 Studenten aus über 50 verschiedenen Ländern jedes Kontinents in ihre Komitees und widmeten sich dem Agenda Setting. Unsere Delegierten setzten sich mit Themen wie „Human Trafficking“, „Narcotic Trafficking and Organized Crime“, “Green Economy and Sustainable Development“, „Illicit Trade in Small Arms and Light Weapons”, „Fresh Water Management”, sowie dem „Arms Trade Treaty” auseinander. Nach stürmischen ersten Debatten bildeten sich im Laufe des zweiten Tages erste Koalitionen heraus, dabei entwickelte sich Myanmar zu einer führenden Nation der ASEAN-Staaten (einem süd-ostasiatischen Staatenbund). Die verschiedenen Koalitionen entwickelten Resolutionsentwürfe, in denen sie ihre Lösungsansätze zum jeweiligen Problemfeld in perfektem Diplomatenenglisch niederlegten. Nachdem eine recht große Anzahl dieser Entwürfe entstanden waren, fanden sich Vertreter verschiedener Koalitionen zusammen, deren Interessen sich ähnelten, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu suchen und verschiedene Entwürfe miteinander zu vereinen. Nach diesem „Merging“-Prozess wurden die finalen Entwürfe eingereicht, um am letzten Tag in der Generalversammlung des UNO-Hauptquartieres beim Wahlgang miteinander zu konkurrieren. Im Laufe dieser fünf Tage währenden Konferenz erhielten wir nicht nur die Möglichkeit mit Studenten aus aller Welt in Kontakt zu treten und dabei gleichzeitig unser Englisch zu verbessern, sondern auch die Gelegenheit, uns diplomatisches Know-How anzueignen, Kontakte zu zahlreichen hochkarätigen Universitäten sowie NGO’s zu knüpfen, sowie ordentlich zu feiern. Die Krönung dessen stellte am letzten Abend der Delegates Dance im gigantischen Roseland-Ballroom nahe des Time Squares dar, eine riesengroße Party. Zudem fand eine abschließende Zeremonie im Gebäude der Vereinten Nationen statt, auf der diverse Diplomaten, sowie die Organisatoren der Konferenz die erzielten Erfolge, sowie die harte Arbeit lobten und die Wichtigkeit von persönlichem Interesse an globalen Herausforderungen noch einmal unterstrichen.

    Mental und physisch nahe des Abgrundes (urlaubsreif), nach fünf Tagen intensiver diplomatischer Verhandlungen und des Feierns, stellten wir fest, dass uns tatsächlich ein einmaliger Einblick in diplomatische Arbeitsweise gewährt wurde, der unser Verständnis für das internationale politische Geschehen vertieft und unsere Fähigkeit, mit Menschen verschiedener kultureller Hintergründe produktiv zusammen zu arbeiten, gestärkt hat. Wir möchten die Zeit auf keinen Fall missen und freuen uns über die zahlreichen neuen Erfahrungen und die vielen neuen Freunde die wir gewonnen haben.

    Exkursion nach Berlin: Die Delegation Würzburg im Zentrum der politischen Macht

    Ende Januar reiste die Würzburger NMUN-Delegation bereits am frühen Morgen in die deutsche Bundeshauptstadt. Nach knapp 6 Stunden Zugfahrt und einem Umstieg in Bamberg erreichten wir endlich Berlin. Wir bezogen unsere Zimmer und genossen die herrliche Aussicht auf die Reichstagskuppel. Berlin, die Stadt des politischen Geschehens lag vor uns.

    Ziel der viertägigen Berlinfahrt war die Vorbereitung der Würzburger Model United Nations Delegation auf die im April anstehende Konferenz in New York, bei der die Delegation das Land Myanmar vertritt. Wir trafen uns mit Südasienexperten, die unsere unermüdlichen Fragen geduldig beantworteten und mit Bundestagsabgeordneten und Diplomaten, welche uns ein tieferes Verständnis für die verschiedenen politischen Prozesse ermöglichten.

    Nachdem wir die organisatorischen Aufgaben abgeschlossen hatten, ließen wir den Sonntagabend gemeinsam ausklingen und bereiteten uns auf die Meetings am nächsten Tag vor. Montagmorgens machte sich die Würzburger Delegation auf dem Weg in die Wilhelmstraße, um sich mit Herrn Christian Forneck, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses der CDU/CSU-Fraktion, zu treffen, der uns zunächst über vergangene Anträge seiner Fraktion bezüglich Myanmar informierte und die neuerlichen Entwicklungen in Myanmar positiv bewertete. Später am Tag trafen wir uns mit Frau Jasmin Lorch, einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik. Sie beleuchtete Myanmar von der geschichtlichen Seite und erklärte uns die verschiedenen Konfliktlinien und -Ursachen. Unsere zahlreichen Fragen zu spezifischen Themen, welche wir konkret in den einzelnen Komitees in New York behandeln werden, beantwortete sie mit vielen Details und erstaunlicher Sachkompetenz. Ausklingen ließen wir den Tag mit einer organisatorischen Diskussion zur weiteren Planung der Delegationsarbeit und mit dem ersten Committee briefing, bei dem ein Team die zu behandelnden Themen und Problematiken der Komitees vorstellt.

    Dienstagmorgen, 10 Uhr in Berlin: Unsere Gruppe steht vor dem Deutschen Bundestag. Nach Sicherheitschecks und Taschenabgabe, wurden wir auf den Tribünen des Plenarsaales platziert. Die nächste Stunde lauschten wir den Erläuterungen einer Dame, die uns sowohl in die Architektur und Kunst des Gebäudes, sowie in Verfahrensfragen im Bundestag einführte. Die Kuppel als symbolischer Wertgehalt, welche die Abgeordneten an die Souveränität des Volkes und den Volkswillen erinnern soll, blieb in unseren Köpfen verhaften. Nach einer Mittagspause im Besucherrestaurant des Abgeordnetenhauses, trafen wir uns mit Herrn Paul Lehrieder, dem Abgeordneten des Würzburger Wahlkreises. Herr Lehrieder vermittelte uns seine Eindrücke hinsichtlich der aktuelle deutschen Sozialpolitik. Durch ihn erhielten wir einen Einblick in die inhaltliche Komplexität einer Gesetzesausarbeitung und der Ausschussarbeit. Mit Freuden genossen wir den Plausch über die Würzburger Region. Nach dem offiziellen Foto ging es schon zum nächsten Termin mit Herrn Michael Glos, dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister und aktuellem Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Herr Glos hatte Myanmar bereits mehrere Male bereist, sowohl privat als auch im Rahmen einer Studie für die Hanns-Seidel Stiftung. Er berichtete uns von seinen persönlichen Erfahrungen und verglich das Burma der 70er Jahre mit dem Myanmar von heute. Viel habe sich nicht geändert, allerdings sei der demokratisch liberale Wandel, der sich nun zu vollziehen scheint, sehr erfreulich und durchaus positiv zu bewerten. Im Anschluss daran trafen wir uns mit Frau Beate Wagner, der Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). Durch sie erhielten wir zunächst grundlegende Informationen zur DGVN, sowie zu den Menschenrechten. Ziel der Gesellschaft sei es dabei, politische Bildung zu fördern, Recherchearbeit zu leisten und eigene Anliegen an die Vereinten Nationen heranzutragen. Die Informationen werden uns helfen, die Arbeit der Vereinten Nationen besser zu verstehen und das Konzept der Menschenrechte in die Simulation der Vertretung Myanmars im März einfließen zu lassen. Zum Abschluss eines aufschlussreichen Tages begaben wir uns ins Viethaus in Berlin, wo ein Empfang zum 64ten Unabhängigkeitstag von Myanmar stattfand, zu dem wir eingeladen waren. Dies war ein wundervolles Erlebnis. Neben der Kultur Myanmars und dem asiatischen Esse, hatten wir Gelegenheit, den Botschafter und seinen Botschaftsstab kennenzulernen. Anwesend waren Diplomaten des Auswärtigen Amtes, hochrangige Partner der Botschaft, sowie Diplomaten anderer Länder. Sowohl die Atmosphäre als auch die Erfahrung, die wir bei dieser Festveranstaltung sammelten, werden uns ein unvergessliches Erlebnis bleiben.

    Den letzten Tag in Berlin genossen wir unter stahlender Sonne. Zunächst besuchten wir Herrn Theo Kidess im Auswärtigen Amt. Herr Kidess ist Stellvertretender Leiter des Referats für Südostasien und stand uns mit seinem Fachwissen zur Seite. Neben Informationen zu den aktuellen Entwicklungen in Myanmar, sprach er über seinen persönlichen Werdegang und beantwortete unsere Fragen zu eigenen Karriereplänen. Höhepunkt unserer Exkursion nach Berlin war schließlich der Besuch in der Botschaft Myanmars. Wo sonst könnte man einen besseren Einblick in die Standpunkte eines Landes bekommen, als bei der Vertretung des Landes selbst. Wie in Asien üblich, wurden wir zu einer Tasse Kaffee und Keksen empfangen. Neben dem Botschafter waren der Botschaftsrat und zwei weitere Sekretäre anwesend. Einleitend gab der Botschafter ein Statement hinsichtlich der nationalen Lage, gefolgt von Berichten zur wirtschaftlichen Lage, partnerschaftlichen Beziehungen und zu den Vereinten Nationen. Über die große Bereitschaft unsere Fragen zu beantworten und uns eine politische Leitlinie vorzugeben, mit deren Hilfe wir Myanmar in New York vertreten können, haben wir uns sehr gefreut. Wir fühlten uns willkommen und hatten den Eindruck, dass die Botschaft an dem Projekt Model United Nations sehr interessiert ist. So war die Fahrt unserer Delegation insgesamt ein voller Erfolg, der uns neue Einsichten und Informationen, einprägende Erlebnisse und unvergessliche Events bescherte. Eine rundum gelungene Studienreise.