Intern
Stabsstelle für studiengangbezogene Rechtsangelegenheiten

Detektivarbeit im Museum

29.04.2014

Ägyptische Tonfiguren katalogisieren, Fälschungen entlarven, Vitrinen bestücken: Ein ganzes Jahr Arbeit haben Studierende in eine Ausstellung gesteckt, die bis Ende Juli im Martin-von-Wagner-Museum zu sehen ist. Hier erzählen drei Studentinnen, was sie dabei gelernt haben.

Tonfiguren aus Ägypten in zehn Vitrinen mit detailverliebtem Innenleben: Die Archäologie-Studentinnen Cindy Peter, Carolin Goll und Anna-Lena Schuster (von links) haben diese Ausstellung mit Kommilitonen auf die Beine gestellt – und sind sehr stolz darauf. (Foto: Judith Dauwalter)

Wenn die Würzburger Archäologie-Studentinnen Carolin Goll, Cindy Peter und Anna-Lena Schuster über „ihre Ausstellung“ im universitätseigenen Martin-von-Wagner-Museum sprechen, dann wird klar: Hier ist jedes kleinste Detail durchdacht. In zehn nach Themen geordneten Vitrinen haben sie und ihre Kommilitonen Tonfiguren (Terrakotten) vom Nil ausgestellt. Die Objekte stammen aus Ägyptens griechisch-römischer Zeit und geben Einblicke in die populäre Alltagskunst und eine der frühesten multikulturellen Gesellschaften der Menschheit.

Ein Jahr lang haben sich die Studierenden wissenschaftliche Hintergründe angeeignet, Fälschungen von Originalfiguren unterschieden, Texte geschrieben und sich Gedanken über Beleuchtung, Farben und Gestaltung ihrer Schaukästen gemacht. Das Ergebnis ist seit Oktober im Martin-von-Wagner-Museum zu bestaunen – und die drei Studentinnen sind sichtlich stolz darauf.

Gefälschte Terrakotten entlarvt

„Ich denke, aus dem anfänglichen Chaos konnten wir etwas ganz Ansehnliches schaffen“, freut sich Anna-Lena Schuster. Zunächst standen die Studierenden und ihr Dozent Dr. Jochen Griesbach nämlich vor einer völlig ungeordneten Sammlung im Museumsmagazin, vor Dutzenden von Kartons mit Terrakottafiguren aus dem Nachlass des Ägyptenkenners Friedrich Gütte (1928-1997).

Welche Figuren sind echt, wo waren Fälscher am Werk? Dieser Frage widmete sich die 26-jährige Archäologiestudentin Schuster von da an schwerpunktmäßig – und musste die Kriterien zur Unterscheidung größtenteils selbst erarbeiten. Denn die Tonfiguren der griechisch-römischen Zeit sind kaum erforscht und es gibt nur wenig Literatur über sie.

Größer, leichter, röter, liebloser gefertigt, auf alt gemacht, fehlerhaft: Das sind ein paar der Indizien, anhand derer Schuster mittlerweile fachmännisch zwischen falschen und originalen Terrakotten unterscheidet. Da ist etwa der tönerne Malteserhund, dessen Schwanz nur angedeutet und bei dem das typische Amulett um den Hals von Fell verdeckt ist. Zweifellos eine Fälschung: Die echten Hunde haben einen Ringelschwanz und der Anhänger ist gut erkennbar, erklärt Schuster. „Natürlich war das alles sehr zeitaufwändig“, sagt die Studentin, „aber es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht und ich würde es unbedingt wiederholen.“

Detektivarbeit mit nachhaltiger Wirkung

Die vielfältigen Aufgaben rund um die Ausstellungsplanung waren im einsemestrigen Kurs nicht zu schaffen. Darum wurde das Seminar „Museumspraktikum“ für alle Interessierten ein weiteres Semester lang fortgeführt. Als „spannende Detektivarbeit“ bezeichnet auch Kommilitonin Carolin Goll die Arbeit mit den Terrakotten. Nachdem die Fälschungen aussortiert waren, konzentrierte sich die 22-jährige auf rund 200 Frauenfiguren und -köpfe. Sie versuchte, ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken, und entschied, welche davon ausstellbar sind und welche nicht.

Gerade weil bislang so wenig über die kleinen Terrakotten geforscht wurde, fehlen häufig noch Antworten auf grundlegende Fragen wie: Welche Funktion hatten die Figürchen eigentlich? Handelte es sich um Alltagsgegenstände, um Kinderspielzeug oder um Opfergaben?

Für Carolin Goll hat das Grübeln über Unklarheiten nicht aufgehört: Wenn sie Fachliteratur liest oder Museen besucht, suche sie noch heute stets nach neuen Erkenntnissen. Ein Projekt also, das Goll und ihre Kommilitonen nachhaltig beschäftigt. „Zwar hatten wir während der Planungszeit ständig Abgabetermine und brauchten wirklich Durchhaltevermögen. Aber dass es sich gelohnt hat, war spätestens klar, als wir die Objekte im Museum ausgestellt sahen und den gedruckten Katalog in Händen hielten.“

Lehrreiche Erfahrungen gemacht

Die erste wissenschaftliche Veröffentlichung, eine offizielle Einladung zum Ausstellungsbeginn und ein Vortrag über das eigene Themengebiet: „Rauskommen aus der Bibliothek und aus theoretischen Überlegungen – und stattdessen reinkommen ins praktische Anwenden“, das gefiel Cindy Peter am besten am Museumsprojekt.

Neben der Beschäftigung mit ägyptischen Götterfiguren hat sie bei der Ausstellungskonzeption redaktionell gearbeitet. Sie korrigierte etwa Texte und entschied, welche Ereignisse und Jahreszahlen auf einem Zeitstrahl am Ausstellungsbeginn Platz finden sollten. „Heute gehe ich ganz anders durch Museen“, erzählt sie, „und bin mit Kritik vielleicht etwas zurückhaltender. Weil ich jetzt ganz genau weiß, was alles hinter einer solchen Ausstellung steckt.“

Die drei jungen Frauen wissen, dass im Endergebnis nicht alles perfekt ist. Auch wenn die beteiligten Studierenden zwei Semester lang unzählige Stunden in das Projekt steckten, standen weitere Seminare auf dem Stundenplan, verbunden mit Referaten, Klausuren und Hausarbeiten. So manche Idee konnten sie wegen fehlender Zeit oder aus Geldmangel nicht umsetzen – eine traurige, aber lehrreiche Erfahrung für die angehenden Altertumswissenschaftler. Und trotzdem seien Eltern, Kommilitonen, Dozenten und andere Besucher von der Ausstellung beeindruckt, erzählen die Archäologiestudentinnen.

Museumsarbeit als Teamwork erlebt

Möglich geworden sei das alles nur durch die gute Zusammenarbeit im Team, betonen die Studentinnen. Jeder im Projekt hätte angepackt; tatkräftige Unterstützung kam auch von den Mitarbeitern des Museums – Aufsichtspersonal, Handwerker und Künstler setzten so manche Idee der Studierenden für die Vitrinengestaltung in ihrer Freizeit um.

Auch wenn Carolin Goll, Cindy Peter und Anna-Lena Schuster bei ihren beruflichen Vorstellungen unterschiedliche Präferenzen haben: Die Museumsarbeit möchte keine von ihnen ausschließen. Einen realistischen Einblick haben sie nun bekommen – und der hat sie nicht abgeschreckt, sondern fasziniert.

Die Ausstellung „GRiechisch ägYPTISCH – Tonfiguren vom Nil“ ist noch bis 27. Juli im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 13:30 – 17:00 Uhr sowie jeden zweiten Sonntag von 10:00 – 13:30 Uhr. Eintritt: Erwachsene 2,00 Euro, Schüler/Studierende frei.

Weitere Bilder

Zurück