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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Zwei Monate Tansania

03.05.2022

Für einen Teilabschnitts ihres PJs zog es eine Medizinstudentin in Würzburgs Partnerstadt Mwanza. Dort lernte sie nicht nur ein neues Land, sondern auch ihren Beruf unter ganz anderen Umständen kennen.

Kaja Riebesell vor dem Logo der Catholic University of Health and Allied Sciences at Bugando.
Kaja Riebesell vor dem Logo der Catholic University of Health and Allied Sciences at Bugando. (Bild: Kaja Riebesell)

Seit dem Sommersemester 2016 studiert Kaja Riebesell an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg Medizin. Aktuell befindet sie sich in ihrem Praktischen Jahr, dem sogenannten PJ, und damit in den letzten Zügen des Studiums.

Das PJ ist in drei jeweils viermonatige Tertiale unterteilt, wobei ein Tertial in der Chirurgie, eines in der Inneren Medizin und eines in einem frei wählbaren Fachbereich absolviert wird. An der JMU haben Studierende außerdem die Möglichkeit, eines der Tertiale in zwei Abschnitte zu trennen. Davon machte Kaja Gebrauch. Sie kombinierte das Ganze mit der Option, Teile des PJs im Ausland zu verbringen, und entschied sich letztlich für zwei Länder, die unterschiedlicher kaum sein könnten – die Schweiz und Tansania.

Afrika kein Neuland

Während die Schweiz für ihr fortschrittliches Medizinwesen bekannt ist, erwarteten Kaja in Ostafrika komplett andere Bedingungen – dessen war sie sich natürlich bewusst. Den Kontinent kannte die angehende Ärztin bereits von mehreren Reisen. Bei einem Praktikum in Namibia hatte sie auch beruflich erste Erfahrungen in ähnlichem Umfeld gesammelt: „Der Bezug zu Afrika war also schon länger da und nach meinem Aufenthalt in Namibia war für mich klar, dass ich auf jeden Fall nochmal zurückwollte, um auch in einer Klinik zu arbeiten.“

Seit 2008 gibt es zwischen der Medizinischen Fakultät der JMU und dem Uniklinikum Würzburg auf der einen und der Catholic University of Health and Allied Sciences (CUHAS) at Bugando sowie dem dazugehörigen Bugando Medical Center in Würzburgs Partnerstadt Mwanza auf der anderen Seite eine Kooperation. Diese ermöglicht einen Studierendenaustausch zwischen den Einrichtungen.

Ausbau der Zusammenarbeit unter dem Schirm der Else Kröner-Fresenius-Stiftung

Mit Gründung des Else Kröner Center (EKC) for Advanced Medical & Medical Humanitarian Studies Würzburg – Mwanza/Tansania im Jahr 2020 wurde das studentische Austauschprogramm in das entsprechende Kooperationsprogramm eingebettet.

Am EKC Würzburg – Mwanza werden neben diversen Austauschprogrammen auch gemeinsame Forschungsprojekte und die Zusammenarbeit in der klinischen Fortbildung koordiniert. Dies ermöglicht, die unterschiedlichen Aktivitäten strategisch zu bündeln und Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Initiativen besser zu nutzen.

Die Einrichtung wird durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert. Bei der diesbezüglichen Ausschreibung hatte sich der Standort Würzburg aus einem starken Bewerberfeld gerade wegen der langjährigen und erfolgreichen Kooperation durchgesetzt.

Arbeiten unter ungewohnten Bedingungen

Für Kaja war es die perfekte Gelegenheit, Teil eines Austauschs auf vielen Ebenen zu sein: „Zuerst konnte ich die Studierenden aus Tansania kennenlernen und ihnen die Arbeit und das Leben in Deutschland zeigen. So hatte ich dann in Mwanza schon einen besseren Zugang und durfte ganz anders in Kultur und Gesellschaft eindringen, als wenn ich vielleicht nur mit anderen Europäern unterwegs gewesen wäre“, erzählt sie.

Sowohl aus medizinischer als auch aus menschlicher Sicht war die Zeit von Januar bis März 2022 ungemein lehrreich: „Eines meiner Ziele war, zu lernen, wie man in der Medizin mit deutlich weniger Ressourcen auskommt, als wir es uns hier leisten können. Ich habe viele interessante Ärzte kennengelernt, die unter diesen Bedingungen tolle Arbeit leisten und viel von ihnen gelernt.“

Da in Tansania der Großteil der Bevölkerung keine Krankenversicherung besitzt, muss etwa auf kostspielige technische Hilfsmittel wie beispielsweise MRTs – die ohnehin kaum vorhanden sind – weitestgehend verzichtet werden: „Es ist eine ganz andere Art der Medizin. Mehr basierend auf Gesprächen und Untersuchungen, weniger auf moderner Technik. Man muss kreativ sein und wandelt auf einem schmalen Grat. Schließlich möchte man den Menschen ja bestmöglich helfen, muss aber gleichzeitig darauf achten, dass sie keine Rechnungen anhäufen, die sie niemals bezahlen können.“

Gemeinnütziger Verein Afara e.V.

Ein ganz besonderes Projekt verbindet Kaja Riebesell bereits seit einigen Jahren mit Afrika. 2018 übernahm sie mit zwei Freundinnen, ebenfalls Medizinstudentinnen aus Würzburg, den Verein Afara. Diesen hatten Würzburger Jurastudierende bereits 2007 im Anschluss an einen Aufenthalt in Namibia gegründet. Nach dem Examen stellte sich die Frage der Nachfolge, Kaja und ihre Kommilitoninnen nahmen sich der Aufgabe an und hauchten Afara neues Leben ein: „Seitdem haben wir hauptsächlich im Süden Afrikas mehrere Projekte unterstützt. Etwa den Bau eines Waisenhauses, eine Suppenküche oder eine Therapiestation für behinderte Kinder.“

Dieses Engagement soll auch zukünftig fortgeführt werden, doch dafür braucht es Unterstützung vor Ort: „Deshalb wäre es super, wenn Studierende, die einmal einen ähnlichen Weg gehen, sich dafür begeistern und sich einbringen würden.“

Empfehlung für Interessierte

Für Interessierte am Austauschprogramm mit Mwanza hat Kaja nicht nur deshalb einen klaren Rat: „Ich kann es nur empfehlen! Von Auslandsaufenthalten kann man grundsätzlich immer etwas Bereicherndes mitnehmen. Neue Kulturen, Sprachen und Lebensweisen – aber auch Medizinisches. Ich finde es gut, wenn man ein möglichst breites Spektrum kennt, und später einmal verschiedene Aspekte verbindet.“

Die Arbeit in Tansania biete dabei neben einigen Herausforderungen auch viele Möglichkeiten. Studierende könnten zwar eher in die Rolle des Zuschauers schlüpfen. Ergreife man aber Eigeninitiative, bekomme man auch deutlich mehr Verantwortung als in einem deutschen Krankenhaus.

„In der Rolle des Intern Doctors leitet man mit einem Kollegen oder einer Kollegin eine ganze Station, hat Nachtdienste und ich durfte sogar meine erste eigene OP durchführen. Man kommt so definitiv in Situationen, wo man Verantwortung übernehmen muss. Meiner Meinung nach wächst man daran aber auch – beruflich wie menschlich.“

Das abschließende Fazit fällt daher deutlich aus: „Tansania ist wunderschön und extrem vielseitig, dazu sind die Menschen sehr herzlich. Es war eine tolle Zeit, aus der ich auf jeden Fall mit mehr Selbstvertrauen rausgegangen bin.“

Weitere Informationen zur Kooperation der JMU und des UKW mit den Einrichtungen in Mwanza und zum PJ am Bugando Medical Center gibt es hier.

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Von Lutz Ziegler

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