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Topologie und Magnetismus: Die Oberfläche macht’s

18.05.2021

Das Würzburg-Dresdner Exzellenzcluster ct.qmat hat neue Materialien als magnetische topologische Isolatoren identifiziert und erkannt, welche Schicht an der Oberfläche sein muss, damit die topologischen Effekte sichtbar werden.

Das linke Bild zeigt die Messergebnisse für Mangan-Bismut-Tellurid mit einer magnetischen Atomlage („MnBi2Te4“) an der Oberfläche. Rechts zu sehen sind die Messergebnisse für einen anderen atomaren Aufbau (nicht-magnetisches „Bi2Te3“ als oberste Schicht). Die Resultate zeigen, inwiefern sich die Elektronen auf der Materialoberfläche topologisch verhalten und ob eine verlustfreie Stromleitung möglich ist.
Das linke Bild zeigt die Messergebnisse für Mangan-Bismut-Tellurid mit einer magnetischen Atomlage („MnBi2Te4“) an der Oberfläche. Rechts zu sehen sind die Messergebnisse für einen anderen atomaren Aufbau (nicht-magnetisches „Bi2Te3“ als oberste Schicht). Die Resultate zeigen, inwiefern sich die Elektronen auf der Materialoberfläche topologisch verhalten und ob eine verlustfreie Stromleitung möglich ist. (Bild: Hendrik Bentmann / Uni Würzburg)

Der Ausnahmewerkstoff Mangan-Bismut-Tellurid ist der erste topologische Isolator, der durch sein inneres Magnetfeld eine Reihe spektakulärer physikalischer Effekte zeigt. Jetzt haben Forschungsteams des Exzellenzclusters ct.qmat herausgefunden, welche Atomschicht dafür an der Oberfläche liegen muss. Das ermöglicht, die Eigenschaften dieses Quantenmaterials gezielter zu steuern und bringt es ein Stückchen näher an die Alltagstauglichkeit heran. Für die Zukunft verspricht das beispielsweise eine energieeffizientere Technik.

Das Mangan-Bismut-Tellurid bietet die Chance für neuartige elektronische Bauelemente, die Informationen magnetisch kodieren und transportieren. Unter der Bezeichnung „Spintronik“ soll dies Informationstechnologien künftig nachhaltiger und energiesparender machen.

2019 gelang es dem Team um Anna Isaeva, damals Juniorprofessorin am Exzellenzcluster ct.qmat – Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien, diese neue Art von Quantenmaterial erstmals herzustellen. Das in Dresden maßgeschneiderte Kristall Mangan-Bismut-Tellurid, kurz MnBi2Te4, braucht kein äußeres Magnetfeld, um bestimmte topologische Effekte, wie beispielsweise den quantisierten anomalen Hall-Effekt, zu zeigen. Der Ausnahmewerkstoff ist ein sogenannter magnetischer topologischer Isolator – er bringt sein Magnetfeld selber mit. Damit ist er für praktische Anwendungen besser geeignet als seine Vorgänger. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit analysieren seither unterschiedliche Facetten dieses neuartigen Materials.

Zwei neue Materialien

Jetzt habt ein Forshungsteam des Würzburg-Dresdner Exzellenzclusters ct.qmat zwei neue Materialien – MnBi4Te7 und MnBi6Te10 – als magnetische topologische Isolatoren identifiziert und herausgefunden, welche ultradünne Atomschicht sich an der Oberfläche befinden muss, damit diese besonderen topologischen Effekte sichtbar werden. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wurden im Journal Physical Review Letters veröffentlicht. An der Publikation sind neben Clustermitgliedern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), der Technischen Universität Dresden (TUD) und dem Leibnitz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) auch Gruppen des Forschungszentrums Jülich und der Universität Hiroshima (Japan) beteiligt.   

Zunächst wurden in Dresden Kristalle mit unterschiedlichem Schichtaufbau im Labor-„Ofen“ gezüchtet. Anschließend untersuchten Würzburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Materialproben mittels Photoelektronenspektroskopie. Die theoretischen Berechnungen, mit denen bestimmte Schichtanordnungen von MnBi4Te7 und MnBi6Te10 analysiert wurden, stammen vom ct.qmat-Partnerinstitut IFW.

Gravierende Unterschiede

„Wir konnten experimentell detailliert nachweisen, wie sich die topologischen Oberflächenzustände in beiden Materialstrukturen verhalten. Dabei haben wir gravierende Unterschiede in den elektronischen Eigenschaften festgestellt. Eine verlustfreie Stromleitung ist nur für bestimmte Atomlagen an der Oberfläche möglich“, erklärt der Würzburger Nachwuchswissenschaftler und Leiter der Studie, Hendrik Bentmann. „Nun arbeiten wir daran, das Zusammenspiel von zwei grundlegenden Phänomenen der Festkörperphysik – Magnetismus und Topologie – in diesen Materialien noch besser zu verstehen und in komplexeren Strukturen zu steuern.“

Aktuell haben die Teams damit begonnen, das Material Atom für Atom so herzustellen, dass die richtige Atomlage sofort an der Oberfläche sitzt.   

Publikation

Vidal et al., Orbital Complexity in Intrinsic Magnetic Topological Insulators MnBi4Te7 and MnBi6Te10, Physical Review Letters 126, 176403 (2021), Editor´s suggestion, DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.126.176403

Kontakt

Dr. Hendrik Bentmann, Lehrstuhl für Experimentelle Physik VII, Universität Würzburg, T: +49 931 31-82434, hendrik.bentmann@physik.uni-wuerzburg.de

Von ct.qmat

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