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Große Themen innovativ erklären

19.07.2022

Potenziale der Kulturwissenschaften vermitteln: Dieses Ziel hat ein neues Kooperationsprojekt der Universitäten Würzburg und Freiburg. Studierende produzieren dabei Videos für Schülerinnen und Schüler.

„Zwischen dem exzellenten Wissen, das unser Fach produziert, und seiner Bekanntheit gibt es leider eine große Differenz.“ So beschreibt Professorin Michaela Fenske das Dilemma ihrer wissenschaftlichen Disziplin. An der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg leitet sie den Lehrstuhl für Europäische Ethnologie.

„Meistens werden wir erst an der Universität wahrgenommen. Deshalb hatten wir schon lange den Wunsch, Kooperationen auf Schulebene zu fördern. Wir können nicht einfach abwarten, sondern müssen rausgehen und aktiv mitteilen, wer wir sind und was wir tun.“

Wir, das sind in diesem Fall neben dem Würzburger Lehrstuhl auch Professor Markus Tauschek und sein Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Freiburg. Gemeinsam mit ihm hat Michaela Fenske ein im Rahmen der Initiative „Freiraum 2022“ gefördertes Projekt eingeworben. Träger ist dabei die Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“. Die Leitung des Projekts liegt aus logistischen Gründen an der Uni Freiburg.

20 Filme sollen entstehen

Unter dem Titel „KulturWissen vermitteln“ werden Studierende beider Universitäten insgesamt 20 Kurzfilme produzieren. Diese sollen Schülerinnen und Schülern gesellschaftsrelevante Themen aus kulturwissenschaftlicher Perspektive näherbringen.

Gesellschaftsrelevante Themen? „Das kann natürlich extrem viel sein“, räumt Michaela Fenske ein. „Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und damit verbunden etwa die Frage, was es bedeutet, wenn Gewalt wieder ein Argument im menschlichen Miteinander wird, wäre ein mögliches Thema.“ Aber auch Genderfragen, die Klimakrise, das Artensterben, Wohnungsnot oder die Coronapolitik seien denkbare Ansätze – die Auswahl ist den Studierenden freigestellt. Sie entscheiden, was gesellschaftsrelevant und was sie filmisch kommunizieren möchten.

„Die Kompetenz der Studierenden ist für unser Fach gerade mit Blick auf die Kommunikation mit Akteurinnen und Akteuren an Schulen enorm wichtig. Auch, weil Studierende oft noch einen sehr präsenten Zugang zur eigenen Schulzeit haben. Außerdem muss man sich für ein Thema begeistern, wenn man es so intensiv bearbeiten soll“, sagt Fenske.

Zwei Semester, vier Seminare

Die Institute in Würzburg und Freiburg bieten in den kommenden beiden Semestern jeweils zwei Seminare an. Ideen sammeln, Konzepte erstellen, Skripte schreiben, Filme drehen. Nicht nur wichtige Kompetenzen des Faches sollen vermittelt werden. Studierende erwerben währenddessen berufsrelevante Fähigkeiten und produzieren nachhaltige Lehrmaterialien. Lehrende sollen diese zukünftig weiterverwenden können. ECTS-Punkte gibt es obendrein.

Durch das Videoformat steht ein moderner Ansatz im Fokus. Weg von Vorträgen und Texten geht es, multimodales Lehren und Lernen lautet die Devise. Als Plattform soll ein eigener YouTube-Kanal etabliert werden.

Den Auftakt macht ein Kick-Off-Workshop. Hier erarbeiten die Lehrenden didaktische Konzepte für die folgenden Veranstaltungen, sichten Best-Practice-Beispiele und bereiten technische Grundlagen des Produktionsvorgangs auf. Während der Umsetzung in den Seminaren sind ein standortübergreifender Austausch und die Nutzung externer Expertisen in mehreren Workshops geplant. Abschließend bildet eine Evaluationsphase die Grundlage für die nachhaltige Weiterführung der entstandenen Lehrkonzepte.

Potenziale der Kulturwissenschaften

Michaela Fenske ist davon überzeugt: „Kulturwissenschaftliches Wissen spielt eine ganz wichtige Rolle in unserem Leben, und das wollen wir zeigen. Einerseits den Studierenden, andererseits den Schülerinnen und Schülern.“

Die Gesellschaft suche häufig nach technischen Lösungen ihrer Probleme. Doch neben Expertinnen und Experten in den Natur- und Technikwissenschaften brauche es auch diejenigen, die soziale Motivationen und kulturelle Bedingtheiten verstehen und dabei helfen, Perspektivwechsel einzuleiten, erklärt Michaela Fenske. Sie wählt ein anschauliches Beispiel: „Warum einige Menschen trotz der Beweislage zur Erderwärmung auf ihrem vermeintlichen Recht beharren, mit 180 Kilometern in der Stunde über die Autobahn zu rasen – das ist ein menschliches Thema und dazu liefern unsere Fächer die Zugänge.“

Initiative Freiraum 2022

Freiraum für die Lehrentwicklung schaffen. So lautet das Ziel des Freiraum 2022-Programms. Es gibt keine verbindlichen thematischen oder fachlichen Schwerpunkte, die Vorhaben müssen mit ihrem Innovationspotenzial überzeugen.

Träger ist die Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“. 2021 ins Leben gerufen, erhält sie von Bund und Ländern jährlich 150 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen Innovationen im Bereich des Lehrens und Lernens an Hochschulen ermöglicht sowie die Erneuerungsfähigkeit der Lehre kontinuierlich gestärkt werden.

Kontakt

Prof. Dr. Michaela Fenske, Lehrstuhlinhaberin Europäische Ethnologie, Tel: +49 931 31- 89921, michaela.fenske@uni-wuerzburg.de

Von Lutz Ziegler

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