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Ein schwaches Herz braucht Sport

02.05.2017

Körperliches Training mit schwachem Herzen? Unbedingt! Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim diskutierten Experten über die Dosis der Sporteinheiten bei Herzinsuffizienzpatienten.

Wie wichtig Sport gerade bei einem schwachen Herzen ist, wissen die Experten Rolf Wachter, Martin Halle, Verena Ziska, Michael Wichert, Stefan Störk. (Foto: Rita Börste)
Wie wichtig Sport gerade bei einem schwachen Herzen ist, wissen die Experten Rolf Wachter, Martin Halle, Verena Ziska, Michael Wichert, Stefan Störk. (Foto: Rita Börste)

Patienten mit schwachem Herzen in Bewegung bringen: Um dieses Thema ging es in der Pressekonferenz des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) und des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.

Für Professor Georg Ertl, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Würzburg, ist die Herzinsuffizienz die Epidemie des 21. Jahrhunderts. Wichtig seien daher gute Präventionsmaßnahmen und Therapien. Dazu gehöre ohne Zweifel die körperliche Betätigung, selbst wenn man bereits ein schwaches Herz hat.

„Sport mit Herzinsuffizienz klingt zunächst wie ein Widerspruch. Doch wenn wir uns aufgrund eines schwachen Herzens zur Ruhe begeben, ist das wie ein Teufelskreis, und am Ende wird die Leistungsfähigkeit immer geringer“, betont Ertl.

Mehr Leistungsfähigkeit und Lebensqualität durch Sport

Ebenfalls auf dem Podium saßen Professor Martin Halle (Ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München) und Professor Rolf Wachter (Leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie und Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen). Gemeinsam führen sie Interventionsstudien in verschiedenen Stadien der Herzinsuffizienz durch: Angefangen beim metabolischen Syndrom (Übergewicht, Bluthochdruck, Zucker- und Fettstoffwechselstörung) über eine leichte Herzmuskelschwäche bis hin zur diastolischen oder systolischen Herzinsuffizienz.

Bei einer bestehenden Herzinsuffizienz würden Medikamente sicher die Basistherapie darstellen. Doch das körperliche Training sei keineswegs kontraindiziert, so der Sportmediziner Martin Halle. „Im Gegenteil. Körperliches Training beeinflusst die Faktoren Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Diabetes.“

Sport wirkt sich positiv auf den Herzmuskel aus, und er kann sogar bei eingeschränkter Pumpfunktion durchgeführt werden. Studien hätten bewiesen, dass selbst bei 88-Jährigen nach einem kathethergestützten Aortenklappenersatz die Leistungsfähigkeit nach körperlichem Training zunahm: „Und damit auch die Lebensqualität“, erklärt Halle.

Langsame Steigerung des körperlichen Trainings

Doch was ist die richtige Dosis? Moderat oder intensiv? Halle zeigte sich nach den Erkenntnissen aus den Studien überzeugt: „Ein langsamer kontinuierlicher Leistungsaufbau ist der richtige Weg.“ Als Beispiel nannte er dreimal am Tag fünf Minuten Radfahren und sich beim Training langsam von Woche zu Woche steigern.

Die Wissenschaft steht vor der Aufgabe, geeignete Verfahren zur Dosisanpassung zu entwickeln: Man wisse, wie man das bei einer Betablocker-Therapie mache. „Aber wir wissen nicht, wie man es bei körperlichem Training bei einer Herzinsuffizienz macht. Diesen Transfer aus dem Leistungssport müssen wir noch leisten“, erklärt Halle.

Training braucht eine Lobby

„Wir brauchen eine Lobby! Wir brauchen mehr Bewusstsein!“, fordert Professor Rolf Wachter. In verschiedenen Studien sei gezeigt worden, dass körperliches Training oft viel besser als ein Medikament ist. Das Problem bis jetzt: Das Training habe keine Lobby wie etwa die Pharmaindustrie. Das hoffen die Kardiologen bald ändern zu können. Ein Anfang seien die Trainings-Interventionsstudie „Exercise in Diastolic heart Failure“ aus Berlin, Göttingen und München sowie die STAAB-Kohortenstudie aus Würzburg, die frühe Stadien der Herzmuskelschwäche an 5.000 Bürgern aus der Region untersucht.

Herzinsuffizienz - Pflegekräfte können helfen

Aber wie kann man die Patienten zum Sport motivieren? Das Problem sei selten der Start, sondern das Dranbleiben. Martin Halle mache zum Beispiel die ersten Schritte immer persönlich mit seinen Patienten. „Ich gehe gemeinsam mit ihnen den Gang rauf und runter, im Tripp-Trapp-Lauf. Das hat mehrere Implikationen: Mein Arzt sagt mir, dass die Bewegungstherapie wichtig ist, er zeigt mir meinen Trainingsplan und wie ich ihn umsetze.“

Ein zusätzlicher Motivationsmotor sind die so genannten Herzinsuffizienzschwestern, -pfleger und Herzinsuffizienz–MFAs (Medizinische Fachangestellte). Das DZHI hat gemeinsam mit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie eine Weiterbildung entwickelt, in der Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der Betreuung von Herzschwächepatienten geschult werden.

„Wenn der Kardiologe seinem Patienten sagt, wie er die Medikamente einnehmen und Sport treiben soll, und wie er das mit der Zeit anpassen muss - dann passiert oft nichts“, weiß Professor Stefan Störk aus Würzburg aus Erfahrung. „Wenn man aber eine zusätzliche Herzinsuffizienz-Pflegekraft einschaltet, die den Prozess begleitet und sicherstellt, dass etwas getan wird: Dann haben sie einen wahnsinnigen Effekt.“

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