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Neue Methode liefert neue Einblicke ins Insektensterben

07.05.2025

Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Insektenvielfalt sind gravierender als bisher angenommen. Das zeigt eine Studie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit einer neuen Methode.

In homogenen Lebensräumen wie Äckern lassen sich Insektengemeinschaften schneller vollständig erfassen als in vielfältigen, naturnahen Lebensräumen.
In homogenen Lebensräumen wie Äckern lassen sich Insektengemeinschaften schneller vollständig erfassen als in vielfältigen, naturnahen Lebensräumen. (Bild: Sophia Hochrein / Universität Würzburg)

Dass die Landwirtschaft zum Rückgang der Artenvielfalt bei Insekten beiträgt, ist längst bekannt. Der Verlust von Futterpflanzen, häufiges Mähen und der Einsatz von Pestiziden entziehen vielen Arten ihren Lebensraum.

Ein Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat nun mit neuen Analysemethoden herausgefunden, dass sich die landwirtschaftliche Nutzung noch gravierender auf die Insektenvielfalt auswirkt als bisher angenommen. Grundlage war die Analyse aller Insektenarten aus 400 Familien, gesammelt in unterschiedlichsten Lebensräumen in Bayern.

Geleitet wurde die Studie von Professor Jörg Müller, Inhaber des JMU-Lehrstuhls für Naturschutzbiologie und Waldökologie. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.

44 Prozent Rückgang in der Artenvielfalt von Insekten in Agrarflächen

Die Proben stammten aus Insektenfallen in Agrarflächen ebenso wie in naturnahen Gebieten. Das Erbgut der Tiere wurde mittels DNA-Metabarcoding untersucht – einer Methode, mit der sich alle in einer Probe enthaltenen Arten schnell identifizieren lassen. Für die anschließende Auswertung setzten die Forschenden speziell angepasste Analyseverfahren ein, die optimal auf die Eigenschaften von Metabarcoding-Daten abgestimmt sind und zu genaueren Ergebnissen führen.

Dabei zeigte sich: In Proben aus landwirtschaftlich genutzten Flächen wurde ein größerer Anteil der dort tatsächlich vorkommenden Arten erfasst – die Erfassung war vollständiger als in artenreicheren, naturnahen Lebensräumen. Nach Korrektur für diese Unterschiede ergab sich ein Rückgang von bis zu 44 Prozent in der Artenvielfalt in Agrarflächen.

Studie unterstreicht Dringlichkeit biodiversitäts-sensibler Landnutzung

Doch damit nicht genug: Erstmals konnte mithilfe der neuen Methoden auch ein Verlust von fast 30 Prozent in der evolutionären Diversität nachgewiesen werden – also in der Vielfalt der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Arten. Das bedeutet: Bisherige Studien haben den Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung auf die Insektenvielfalt aller Wahrscheinlichkeit nach unterschätzt – aus zwei Gründen.

Erstens, weil der Erfassungsgrad – also die Vollständigkeit der erfassten Insektengemeinschaften – in agrardominierten Landschaften deutlich höher ist und dadurch Unterschiede kleiner erscheinen, als sie tatsächlich sind. Und zweitens, weil bisher kaum Daten zur phylogenetischen, also evolutionären Diversität in diesem Umfang vorlagen. Die neue Methode ermöglicht es nun, auch diesen Aspekt der biologischen Vielfalt systematisch zu erfassen – und zeigt dabei ebenfalls deutliche Verluste.

„Die Studie unterstreicht die Dringlichkeit einer biodiversitäts-sensiblen Landnutzung, denn eine zurückgehende Insektenvielfalt hat potenziell gravierende Folgen für die Gesundheit und Stabilität von Ökosystemen“, so Dr. Mareike Kortmann, Erstautorin der Studie. Zudem liefere sie eine neue, praxisnahe Analysemethode, um ökologische Veränderungen in komplexen Insektengemeinschaften besser zu überwachen.

Publikation

A short cut to sample coverage standardization in meta-barcoding data provides new insights into land use effects on insect diversity. Mareike Kortmann, Anne Chao, Chun-Huo Chiu, Christoph Heibl, Oliver Mitesser, Jérôme Morinière, Vedran Bozicevic, Torsten Hothorn, Julia Rothacher, Jana Englmeier, Jörg Ewald, Ute Fricke, Cristina Ganuza, Maria Haensel, Christoph Moning, Sarah Redlich, Sandra Rojas-Botero, Cynthia Tobisch, Johannes Uhler, Jie Zhang, Ingolf Steffan-Dewenter, and Jörg Müller. Proceedings B, 7. Mai 2025, DOI: 10.1098/rspb. 2024.2927

Kontakt

Dr. Mareike Kortmann, Lehrstuhl für Naturschutzbiologie und Waldökologie, T. +49 931 31-87703, mareike.kortmann@uni-wuerzburg.de

Weitere Bilder

Von Mareike Kortmann / Martin Brandstätter

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