Ein Stück Würzburger Wissensgeschichte in München
03.06.20251877 wanderte das Inventar des Physikalischen Kabinetts der Universität Würzburg nach München. Das Bayerische Nationalmuseum widmet ihm jetzt eine Ausstellung.

Es gab eine Zeit, in der es die Wissenschaft nicht nur nach funktionalen, sondern auch nach ästhetisch ansprechenden Apparaten verlangte. Es war dieselbe Zeit, als ein Würzburger Fürstbischof sich so sehr für die exakten Wissenschaften interessierte, dass er gleich zwei neue Professuren dafür einrichtete.
1749 berief Carl Philipp von Greiffenclau den Jesuiten Blasius Henner zum Professor für Experimentalphysik, 1754 Franz Huberti zum Professor für Astronomie und Mathematik an die Universität Würzburg. Beide Fächer benötigten Geräte, die einerseits genaue Messungen erlaubten, andererseits das Verständnis von Optik, Hydraulik, Magnetismus und Elektrizität erleichtern sollten.
Ein „Physikalisches Cabinet“ in der Alten Uni
Henner richtete dafür im damaligen Hauptgebäude (der „Alten Universität“) das „Physikalische Cabinet“ ein, für das er kunstvolle Vorrichtungen in Holland und Frankreich erwarb, aber auch in Würzburg und Augsburg anfertigen ließ. Bis 1782 füllte sich auf diese Weise ein großer Saal mit fünfzehn bis zur Decke reichenden Glasschränken. Huberti wurde mit dem Bau einer Sternwarte auf dem Turm der Neubaukirche beauftragt. Mit einem Spiegelteleskop konnte der Astronom 1761 an der kollektiven Beobachtung des Venusübergangs teilnehmen, die zentral von London aus organisiert wurde.
Die meisten Objekte des Physikalischen Kabinetts hatten neben ihrem Gebrauchs- auch einen Kunstwert, weshalb sie im 19. Jahrhundert trotz Veraltung museal präsentiert wurden. Erst 1877 verkaufte die Universität Würzburg sie an das Bayerische Nationalmuseum, wo sie immer weniger Aufmerksamkeit erfuhren, bis sie Mitte des 20. Jahrhunderts komplett in den Depots verschwanden.
Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum
Jetzt lässt eine Ausstellung die physikalischen, mathematischen und astronomischen Apparate aus Würzburg ins Blickfeld der Öffentlichkeit zurückkehren. Sieben Monate lang werden die prächtigsten, ungewöhnlichsten und aufwändigsten fünfzig Geräte im Bayerischen Nationalmuseum zu sehen sein. Die Funktion ausgewählter Stücke wird von Schülerinnen und Schülern des Münchner Luitpold-Gymnasiums in Videos erläutert.
Auf diese Weise werden Fürstbischof Greiffenclau und sein Nachfolger Adam Friedrich von Seinsheim als Förderer der Wissenschaft und der Universität Würzburg gewürdigt. Dass sich die Neigung zu experimenteller Physik und künstlerische Patronage nicht ausschlossen, ja beides im Geist der Aufklärung verwirklicht wurde, zeigt nicht zuletzt die Berufung Giambattista Tiepolos durch Greiffenclau, betrieben durch seinen damaligen Kammerpräsidenten (‚Finanzminister‘) Seinsheim.
In der fürstbischöflichen Residenz spielt Tiepolos Treppenhausfresko – mit der übergroßen Figur des Gottes Merkur – anscheinend auf den Merkurtransit an, der am 6. Mai 1753 in Mitteleuropa beobachtet werden konnte. Auf diese Weise werden auch die astronomischen Interessen seines Auftraggebers reflektiert – schöner haben Kunst und Wissenschaft kaum je zusammengewirkt. Genau dieses Zusammenwirken lässt sich in der Ausstellung an den Präzisionsgeräten bestaunen.
Vortrag über die Wetterstation für den Fürstbischof
Bei der Eröffnung der Ausstellung am Dienstag, 3. Juni 2025, wirft Professor Damian Dombrowski, Direktor der Neueren Abteilung des Martin von Wagner Museums, als Gastredner einen Blick auf das Physikalische Kabinett aus Sicht der Julius-Maximilians-Universität. Im Gegenzug wird der Kurator der Ausstellung, Dr. Raphael Beuing vom Bayerischen Nationalmuseum, am Freitag, 17. Oktober in Würzburg den Vortrag „Wetterstation für den Fürstbischof“ halten. Thema ist ein aufsehenerregendes Barometer-Thermometer, das anscheinend aus der Würzburger Residenz stammt; der Vortrag wird daher vom Universitätsmuseum gemeinsam mit den „Freunden der Würzburger Residenz“ organisiert.
Die Ausstellung
Wissensdurst und Aufklärung | Das Physikalische Kabinett der Universität Würzburg. München, Bayerisches Nationalmuseum, 5. Juni 2025 bis 11. Januar 2026. Der Katalog zur Ausstellung (128 Seiten) kostet 14 Euro.