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Neue Ansätze zur Diagnostik und Vorsorge von Krebs im Blick

04.11.2025

In einer Initiative arbeiten 25 europäische Länder zusammen an neuen Strategien zur Krebsprävention. Die Uniklinik Würzburg ist daran mit innovativen Ansätzen in der Diagnostik und der telemedizinischen Beratung beteiligt.

Das Team von Anke Katharina Bergmann (rechts) engagiert sich in der Initiative „Prevent Non-Communicable Diseases“ für neue Ansätze in der Krebsdiagnostik und -vorbeugung (von links): Annalisa Musola, Nele Löcher, Marie Schnürer, Matt McCrary.
Das Team von Anke Katharina Bergmann (rechts) engagiert sich in der Initiative „Prevent Non-Communicable Diseases“ für neue Ansätze in der Krebsdiagnostik und -vorbeugung (von links): Annalisa Musola, Nele Löcher, Marie Schnürer, Matt McCrary. (Bild: Robert Wenzl / UKW)

„Wir müssen weg von der Reparaturmedizin hin zur Gesundheiterhaltung.“ Mit diesen Worten stellte Bayerns Gesundheits- und Präventionsministerin Judith Gerlach am 1. Oktober 2025 den Masterplan Prävention des Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention vor. 250 konkrete Maßnahmen wurden im Masterplan festgelegt – von landesweit kostenlosen, niedrigschwelligen Sportangeboten über Qualitätsverbesserung des Schulessens bis hin zu neuen Vorsorgemöglichkeiten. Prävention wird auch am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) großgeschrieben.

Seit kurzem ist es offizieller Kooperationspartner der europäischen Joint Action „Prevent Non-Communicable Diseases“ (PreventNCD). In dieser Initiative arbeiten 25 europäische Länder zusammen, um neue Präventionsstrategien und Überwachungssysteme für nicht übertragbare Erkrankungen zu entwickeln – mit einem besonderen Fokus auf Krebs. Das Ziel von PreventNCD besteht darin, frühe Risikofaktoren zu identifizieren und eine individuelle, präventive Versorgung zu etablieren, die zur zeitigen Diagnose, besseren Behandlung und idealerweise zur Vermeidung von Krebserkrankungen führt.

Neue innovative Versorgungsmodelle

„Die frühzeitige Identifikation genetischer Risikofaktoren ist entscheidend, um Krebserkrankungen gezielt zu diagnostizieren und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern“, erklärt Professorin Anke Katharina Bergmann, Projektleiterin am UKW. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich darauf, die genetische Beratung und Diagnostik für Krebspatienten bis 35 Jahre zu optimieren. Moderne digitale Tools, die mit künstlicher Intelligenz die medizinischen Unterlagen der Patientinnen und Patienten analysieren, sollen auf genetische Risikofaktoren hinweisen. Wird ein solcher Risikofaktor erkannt, erfolgt eine gezielte Weiterverweisung an spezialisierte genetische Beraterinnen und Berater.

Sogenannte „Genetic Counselors“ einzubinden, ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts. Sie sind speziell ausgebildet, um Patientinnen und Patienten bei der Interpretation genetischer Informationen zu unterstützen und weitere Schritte der genetischen Beratung, Diagnostik und Einleitung von Präventionsmaßnahmen zu koordinieren. „In Deutschland sind Genetic Counselors noch keine offiziell anerkannte Berufsgruppe, aber ihre Arbeit ist essenziell, um die Fachärztinnen und Fachärzte für Humangenetik zu entlasten und ihnen zu ermöglichen, sich auf komplexere diagnostische und therapeutische Entscheidungen zu konzentrieren“, so Dr. J. Matt McCrary, Koordinator des Projektes.

Telemedizinische Ansätze für eine breitere Versorgung

Ein weiteres Ziel der Initiative ist es, durch den Einsatz von Telemedizin den Zugang zur genetischen Beratung für Patienten in ländlichen oder abgelegenen Regionen zu verbessern. Telemedizinische Beratung hat sich bereits in anderen Projekten, wie etwa dem OnkoRisk-NET-Projekt, als sehr erfolgreich erwiesen. „In OnkoRisk-NET nutzten neun von zehn Patienten ein telemedizinisches Aufklärungsgespräch, während nur 30 bis 40 Prozent der Patientinnen und Patienten, die eine traditionelle Telefonnummer eines Humangenetikers erhielten, den Termin wahrnahmen“, erklärt Bergmann. Auch im EU-Projekt CAN.HEAL arbeiteten Bergmann und McCrary bereits an der Implementierung telemedizinischer Ansätze in die genetische Beratung.

Ziel der Studien und Analysen ist es, administrative Engpässe zu verringern, standardisierte Prozesse zu schaffen und eine genetische Beratung zu entwickeln, die für alle Patientinnen und Patienten in Europa zugänglich ist. „Durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit wollen wir nicht nur die genetische Diagnostik und Beratung verbessern, sondern auch wirksame Präventionsstrategien entwickeln, die europaweit implementiert werden können“, so Bergmann.

Frühzeitige Erkennung genetischer Anfälligkeit für eine bessere Krebsprävention

Etwa zehn Prozent aller Krebserkrankungen sind genetisch bedingt. Besonders bekannt sind Mutationen, die das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen. Doch auch andere genetische Anfälligkeiten, wie das Li-Fraumeni-Syndrom oder Tumore im Kindesalter, erfordern eine frühe Identifikation. Bergmann betont, dass, obwohl in vielen Bereichen der genetischen Früherkennung bereits Fortschritte erzielt wurden, noch viel Aufklärungsarbeit nötig sei, um das volle Potenzial der genetischen Diagnostik auszuschöpfen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil von PreventNCD ist die Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten und medizinischem Personal in der genetischen Früherkennung. „Wir müssen das Bewusstsein für die Relevanz der genetischen Diagnostik in Kliniken und Praxen wecken und Ärzten die Scheu vor genetischen Untersuchungen nehmen“, erklärt Bergmann. Insbesondere das Gendiagnostikgesetz in Deutschland, das strikte regulatorische Vorgaben für genetische Tests vorsieht, sorgt häufig für Unsicherheiten unter Ärztinnen und Ärzten. Dabei sind genetische Untersuchungen bei Erkrankungen mit nachgewiesener oder vermuteter genetischer Komponente nicht nur erlaubt, sondern in vielen S3-Leitlinien ausdrücklich vorgesehen.

Mit der Beteiligung an der EU-Initiative PreventNCD möchte das UKW die Krebsprävention und -behandlung auf ein neues Level zu heben. „Unser Ziel ist es, Patientinnen und Patienten mit genetischer Prädisposition frühzeitig zu identifizieren, die Ursachen zu diagnostizieren und konkrete Maßnahmen für eine verbesserte Therapie und Nachsorge abzuleiten“, so die Professorin abschließend.

Weitere Informationen

Mit dem Masterplan Prävention, der den Bayerischen Präventionsplan von 2015 ablöst, bündelt das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention die Kräfte für mehr Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitsförderung, Vorsorge und Früherkennung in Bayern. Damit jede und jeder den ganz persönlichen „Masterplan Prävention“ finden kann.

Webseite des Ministeriums

Zum Thema Tumorprädisposition gibt es am UKW im Comprehensive Cancer Center Mainfranken eine neue Sprechstunde zwischen Onkologie (Privatdozentin Dr. Barbara Deschler-Baier), Humangenetik (Professorin Anke Katharina Bergmann) und Pädiatrie (Professor Matthias Eyrich).

Details zu Professorin Anke Katharina Bergmann finden sich in der Pressemeldung anlässlich ihrer Berufung auf die Professur für Klinische Genetik und Genommedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg.

Details zum neuen Institut für Klinische Genetik und Genommedizin gibt es in der Pressemeldung vom 30. September 2025.

Von Pressestelle UKW

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