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Damit jeder Herzschlag die nötige Energie erhält

28.10.2025

Warum der Energietransport bei der häufigsten erblich bedingten Herzkrankheit versagen kann, hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Uniklinikums Würzburg in einer neuen Studie gezeigt.

Vasco Sequeira (rechts) forscht am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz zu oxidativem Stress, der das Herz belastet. (Bild: Daniel Peter / UKW)

Sie ist die häufigste erblich bedingte Herzerkrankung: Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Sie führt dazu, dass sich die linke Herzkammer verdickt, der Herzmuskel zu stark kontrahiert und übermäßig hart arbeitet. Diese zusätzliche Belastung strapaziert das Energiesystem der Zellen, die Mitochondrien, und kann das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen erhöhen.

Eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Energieverbrauch und -produktion spielt die Kreatinkinase. Das Enzym hilft dem Herzen, Energie schnell zu recyceln, sodass jeder Herzschlag die benötigte Energie erhält. Welche Rolle spielt das Enzym bei der HCM? Das haben Mitarbeiter des Departments Translationale Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) des Uniklinikums Würzburg gemeinsam mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern untersucht. Die Erkenntnisse wurden im Journal Circulation veröffentlicht.

Erhöhtes Risiko von Herzrhythmus-Störungen

„Wir stellten fest, eine Überlastung des Herzmuskels führt dazu, dass die Mitochondrien mehr Wasserstoffperoxid produzieren. Dieses reaktive Sauerstoffmolekül kommt in kleinen Mengen normalerweise als Nebenprodukt vor, zu viel davon kann die Zellen über längere Zeit stressen oder schädigen“, erläutert Anton Xu, Doktorand am DZHI und Erstautor der Studie.

Bei der HCM schalte der sogenannte oxidative Stress die Kreatinkinase an zwei wichtigen Stellen aus: an den Filamenten, wo die Muskelkraft entsteht, und an den Mitochondrien, wo Energie produziert wird. „Das heißt: Wenn die Kreatinkinase ausgeschaltet ist, kann das Herz die Energie nicht dort konstant halten, wo sie am meisten benötigt wird. Das erhöht das Risiko von Herzrhythmus-Störungen und verursacht zusätzlichen Stress“, so der Forscher weiter.

Positive Wirkung von bestimmten Hemmern

Das Team konnte diese Veränderungen in Herzbiopsien von Menschen mit HCM beobachten und sowohl die Ursache als auch die positive Wirkung eines Myosin-Hemmers in mehreren Labormodellen bestätigen. Diese Hemmer reduzieren die Wechselwirkung zwischen den Eiweißstoffen Aktin und Myosin, was zu einer entspannteren Herzmuskulatur führt.

„In unseren Untersuchungen konnten wir zudem zeigen, dass sich unter der Wirkung des Myosin-Hemmers der Wasserstoffperoxid-Spiegel senkte, die Kreatinkinase-Funktion erhalten blieb und sich abnormale Herzrhythmen verringerten“, berichtet Dr. Vasco Sequeira, Letztautor der Studie, „unsere Ergebnisse deuten also darauf hin, dass Behandlungen, die die Arbeitsbelastung des Herzens reduzieren und oxidativen Stress begrenzen, dazu beitragen können, das Energiegleichgewicht wiederherzustellen und die Behandlungsergebnisse bei HCM zu verbessern.“

Beispielloser Einblick in die Arbeit des Herzens

Im nächsten Schritt fokussiert sich das Team auf eine fortgeschrittene Form der Kardiomyopathie: die hypertrophe, obstruktive Kardiomyopathie (HOCM). Bei dieser Erkrankung verursacht eine Verengung im Ausflusstrakt der linken Herzkammer einen zusätzlichen Widerstand für das aus dem Herzen fließende Blut. Dadurch muss das Herz bei jedem Schlag noch stärker arbeiten.

Zusammen mit Partnern am National Cerebral and Cardiovascular Center in Osaka wollen die Forschenden aus Würzburg realistische Tiermodelle entwickeln. Mithilfe eines speziellen hochauflösenden Röntgensystems können sie dann am japanischen Synchrotron Radiation Research Institute Spring 8 in Harima die winzigen Myosin-Motoren des Herzens, also die molekularen Maschinen für die Kontraktion, während jedes Herzschlags in Echtzeit beobachten.

„Dies gibt uns einen beispiellosen Einblick in die Arbeit des Herzens, Schlag für Schlag, und ermöglicht es uns, zu untersuchen, wie gut die kleinsten Blutgefäße den Herzmuskel mit Blut versorgen und wie effizient diese Zellen Energie produzieren und transportieren“, erzählt Sequeira begeistert.

Patienten identifizieren, die von der Behandlung profitieren

Um die Realität besser abzubilden, wird das Team auch metabolischen Stress untersuchen, beispielsweise die negativen Auswirkungen einer fettreichen Ernährung. Im Anschluss soll ebenfalls geprüft werden, ob die Verringerung der obstruktionsbedingten Belastung des Herzmuskels durch Myosin-Hemmer den Energietransport des Herzens wiederherstellt, die Energieversorgung stabilisiert und das Risiko von Herzrhythmusstörungen reduziert.

„Unser Ziel ist es, einfache Messwerte zu entwickeln, die Ärztinnen und Ärzten dabei helfen, diejenigen Patienten und Patientinnen mit HOCM zu identifizieren, die am ehesten von diesen entlastenden Behandlungen profitieren“, resümiert Professor Christoph Maack, Leiter der Translationalen Forschung und Sprecher des DZHI.

Internationale Zusammenarbeit und Förderungen

Neben dem Universitätsklinikum Würzburg waren folgende Institutionen beteiligt: National Cerebral and Cardiovascular Center (Japan), Monash University und Victor Chang Cardiac Research Institute (Australien), Erasmus MC und Amsterdam UMC (Niederlande), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf/DZHK, University of Glasgow (UK) und University of Porto (Portugal) sowie Kooperationspartner in den USA wie die Mississippi State University und die Vanderbilt University.

Die Arbeit wurde durch nationale und internationale Einrichtungen unterstützt, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung und die Japan Society for the Promotion of Science. Die Firma Bristol Myers Squibb leistete Unterstützung im Zusammenhang mit dem in einigen Experimenten verwendeten Myosin-Inhibitor.

Publikation

Anton Xu, David Weissman, Katharina J. Ermer, Edoardo Bertero, Jan M. Federspiel, Felix Stadler, Elisa Grünler, Melina Tangos, Sevasti Zervou, Mark T. Waddingham, James T. Pearson, Jan-Christian Reil, Smita Scholtz, Jan Dudek, Michael Kohlhaas, Alexander G. Nickel, Lucie Carrier, Thomas Eschenhagen, Michelle Michels, Cris Dos Remedios, Sean Lal, Leticia Prates Roma, Nazha Hamdani, Diederik Kuster, Inês Falcão-Pires, Christopher N. Johnson, Craig A. Lygate, Jolanda van der Velden, Christoph Maack, Vasco Sequeira. Hypercontractility and Oxidative Stress Drive Creatine Kinase Dysfunction in Hypertrophic Cardiomyopathy, Circulation (American Heart Associationi), October 2025, https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.125.074120

Von Pressestelle UKW

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