Mein studienbegleitendes Praktikum zur Sonderpädagogik
20.08.2025Leonhard studiert im sechsten Semester Sonderpädagogik für Verhaltensstörungen. Hier erzählt er von seinen Erfahrungen aus seinem Studienbegleitenden Praktikum an einer Schule für emotionale-soziale Entwicklung im Raum Würzburg.

Hi, ich bin Leo! Im letzten Semester stand für mich der erste Teil des Studienbegleitenden Praktikums meines Sonderpädagogik-Studiums an, von dem ich Euch gerne erzählen möchte.
Das Praktikum läuft über ein Semester parallel zum Studium. Man ist einmal pro Woche an einer Schule und sammelt dabei wertvolle Erfahrungen im Arbeitsalltag. Dank vorausgegangener Praktika (Orientierungspraktikum, Pädagogisch-Didaktisches Praktikum usw.) bringt man dafür bereits erste Einblicke mit, quasi ein Grundwissen. Das Besondere am Studienbegleitenden Praktikum ist, dass man sich die Schule nicht selbst aussucht, sondern sich für mehrere bewirbt – und die Plätze dann von den Dozierenden vergeben werden.
Beworben habe ich mich schon einige Wochen im Voraus gleich auf mehrere Stellen – letztlich bekam ich einen Platz an einer Schule mit Schwerpunkt emotionale-soziale Entwicklung für Mädchen, die häufig auch traumatische Erfahrungen gemacht haben. In einer Sekundarstufenklasse mit sechs Schülerinnen sollte ich mein Praktikum absolvieren.
Erste Schritte in meinem Studienbegleitenden Sonderpädagogik-Praktikum
Ganz ehrlich: Vor meinem Praktikum war ich ziemlich aufgeregt – man weiß ja nie so genau, was auf einen zukommt. Wie ist die Klasse drauf? Komme ich mit den Schülerinnen zurecht? Und: Wie stark kann mich meine Praktikumslehrerin einbinden? Eine Woche bevor es losging, bekam ich dann von der Klassenlehrerin dann eine Mail mit den wichtigsten Infos. So wusste ich schon mal, wann ich wo sein sollte, wie groß die Klasse ist und welche Fächer im Stundenplan stehen.
Außerdem teilte sie mir mit, dass einige aus der Klasse traumatisiert sind und teils negative Erfahrungen mit Männern gemacht haben. Vor diesem Hintergrund hatte ich – als Mann – ehrlicherweise eine Menge Respekt vor dem, was auf mich zukommen sollte und etwas Angst davor, mit meiner bloßen Anwesenheit einen negativen Effekt auszulösen. Für den Anfang hielt ich mich also zurück und beobachtete das Geschehen. Zudem bekamen die Schülerinnen Kärtchen an die Hand, mit denen sie signalisieren konnten, ob sie Hilfe von mir annehmen möchten oder nicht. So wusste ich, wen ich unterstützen konnte und wen nicht und es gelang mir recht schnell, mit allen in Kontakt zu treten, sodass auch die Kärtchen zügig verschwanden – spätestens ab da war ich selbst auch deutlich entspannter!
Sonderpädagogik im Praxisalltag miterleben
Ein Semester lang hieß es dann für mich einmal pro Woche: Auf zur knapp halbstündigen Fahrt zur ländlich gelegenen Schule. Die Zeit vor dem Schulbeginn nutzte meine Praktikumslehrerin in der Regel immer dazu, mich über die neuesten Entwicklungen in der Klasse zu informieren – Konflikte zwischen Freundinnen, Gutachtengespräche mit den Eltern, die Suche von Praktikumsplätzen oder auch Infos zu den neuesten Noten einer Klassenarbeit.
Nach Ankunft der Schülerinnen fanden die ersten beiden Stunden regulär statt, bevor wir die dritte Stunde für eine ausführliche Besprechung nutzten. Hier besprachen wir Themen für Unterrichtsstunden, die ich halten konnte, und plauderten hin und wieder auch mal über das Arbeitsleben als Sonderpädagogin oder Sonderpädagoge. Die nächsten beiden Stunden waren zugleich die letzten am Tag, sodass ich mich gegen 12 Uhr auf den Nachhauseweg machen konnte.
Wertvolle Erfahrungen im Sonderpädagogik-Praktikum
Rückblickend konnte ich aus meinem Praktikum eine Menge mitnehmen! Meine Praktikumslehrerin war glücklicherweise sehr offen für neue Ideen, hat mich viel eingebunden und viele Stunden halten lassen. Vor der Klasse zu stehen, hat mir sehr dabei geholfen, mehr Sicherheit zu gewinnen – jede Woche hielt ich eine Stunde im Fach Natur und Technik, probierte Verschiedenes aus und beschäftigte mich ausführlich mit der Stundenplanung. Dabei konnte ich stets auf Ideen und Materialien der Klassenlehrerin zurückgreifen oder mich daran orientieren. Auch das Moderieren von Konflikten war Teil meiner Aufgabe und kommt im späteren Berufsleben, besonders beim Schwerpunkt emotionale-soziale Entwicklung, regelmäßig vor.
Während des Studienbegleitenden Praktikums bekommst du immer auch Besuch von deinem Dozenten oder deiner Dozentin – anschließend gibt er / sie dir Feedback zur gehaltenen Stunde und zum Auftreten vor und besonders mit der Klasse. Vor so einem Unterrichtsbesuch ist die Anspannung natürlich etwas größer, schließlich steht man mehr unter Beobachtung als gewohnt. Trotzdem ist es eine tolle Chance, von einer Person voller Fachexpertise ein bemerkenswert ausführliches, klares Feedback zu bekommen. Mir (und vielen anderen) hat es sehr geholfen!
Eine Klasse nicht nur für drei Wochen zu begleiten, sondern über mehrere Monate hinweg, hat außerdem noch einen weiteren Vorteil: Es ist spannend zu sehen, wie sich die Klassendynamik ändert und wie die Lernenden sich entwickeln. Ich konnte zum Beispiel beobachten, wie sich eine Schülerin nach vielen schlechten Noten und einem Gespräch mit der Lehrkraft vorgenommen hat, jeden Tag 30 Minuten am Nachmittag zu investieren, um sich den Stoff noch einmal anzuschauen und die Hausaufgaben zu machen. Und dann? Ihre Noten haben sich tatsächlich deutlich verbessert!
So etwas mitzuerleben, ist wirklich motivierend. Das Praktikum hat mich in meiner Studienwahl also absolut bestätigt und ich kann es allen nur weiterempfehlen.