Intern
  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Im Einsatz für über eine Milliarde Menschen

14.06.2019

Sieben Institutionen aus Würzburg haben ein neues Kompetenzzentrum im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten gegründet. Beim Festakt in Würzburg mit dabei war Bundesentwicklungsminister Gerd Müller.

Gründer und Gratulanten beim Festakt in der Residenz (v.l.): Robert Grebner (FHWS), Alfred Forchel (JMU), Burkard Komm (DAHW), Paul Lehrieder (MdB), Gerd Müller (BMZ), Njideka Komm (DZVT), Markus Engstler (JMU / Deutsche Gesellschaft für Parasitologie), Adolf Bauer (Bürgermeister der Stadt Würzburg), August Stich (MI), Georg Ertl (UKW), Matthias Frosch (UKW) und Dieter Wenderlein (Sant’Egidio).
Gründer und Gratulanten beim Festakt in der Residenz (v.l.): Robert Grebner (FHWS), Alfred Forchel (JMU), Burkard Kömm (DAHW), Paul Lehrieder (MdB), Gerd Müller (BMZ), Njideka Komm (DZVT), Markus Engstler (JMU / Deutsche Gesellschaft für Parasitologie), Adolf Bauer (Bürgermeister der Stadt Würzburg), August Stich (MI), Georg Ertl (UKW), Matthias Frosch (UKW) und Dieter Wenderlein (Sant’Egidio). (Bild: Daniel Peter /DAHW)

Sieben Institutionen aus Würzburg haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam und sektorübergreifend gegen 20 vernachlässigte Tropenkrankheiten – sogenannte NTDs: Neglected Tropical Diseases – vorzugehen. Neben der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) sind mit dabei: das Universitätsklinikum Würzburg, die Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, die Deutsche Gesellschaft für Parasitologie, das Missionsärztliche Institut Würzburg und die Gemeinschaft Sant'Egidio Würzburg. Das neue Zentrum bringt erstmals Expertinnen und Experten aus dem medizinisch-wissenschaftlichen Bereich mit in der Implementierung erfahrenen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen.

Geballte Kompetenz in Würzburg

Zum Gründungsfestakt im Toscanasaal der Würzburger Residenz war auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller angereist. „Stoppt Krankheiten der Armut. Gemeinsam können wir das leisten“, sagte er in seiner Ansprache und begrüßte ausdrücklich die Gründung des Deutschen Zentrums für die sektorübergreifende Bekämpfung Vernachlässigter Tropenkrankheiten (DZVT), wie der Zusammenschluss jetzt offiziell heißt. „Sie können stolz sein, was Sie hier in Würzburg an Kompetenz in der Bekämpfung dieser Erkrankungen konzentrieren“, stellte der Minister fest. „Einer Milliarde Menschen geben Sie Licht und Hoffnung.“

Grußwort des Unipräsidenten

Vertreterinnen und Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums und der bayerischen Staatsregierung, von Kirche, Forschung und Wirtschaft waren der Einladung in den Toscanasaal gefolgt. Dieser Gründungsakt sei ein Meilenstein, konstatierte Alfred Forchel, Präsident der Universität Würzburg, in seiner Begrüßungsrede. Viel zu lange habe man den vernachlässigten Tropenkrankheiten viel zu wenig Beachtung geschenkt. Desto mehr freue er sich über den Rückenwind des Bundesentwicklungsministers für diese Initiative.

Deren internationale Strahlkraft verdeutlichten die Videobotschaften von Peter Kardinal Turkson, Präfekt des päpstlichen Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen im Vatikan, und von Dr. Tedros Adhanom, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, an die rund 100 Teilnehmenden des Symposiums.

Wissenschaft und Hilfsorganisationen kooperieren

„In diesem Zentrum kommen Forschung und Praxis, Akademie und NGOs zusammen, um eine neue, wahrhaft interdisziplinäre Forschungsrichtung zu erproben: die Implementationsforschung“, erläuterte Professor Markus Engstler, Inhaber des Lehrstuhls für Zoologie I an der JMU und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie, zum Auftakt der Veranstaltung. „Wenn wir Wissenschaftler Hilfsorganisationen vor Ort begleiten und die Ursachen für NTDs mit unseren Methoden analysieren, sind nachhaltige Lösungen für die Menschen möglich.“

Gemeinsam mit Burkard Kömm, Geschäftsführer der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, hatte Engstler den Anstoß für die Initiative gegeben, die erstmals interdisziplinär und sektorübergreifend gegen NTDs vorgehen will. Dazu zählen akademische Disziplinen wie Ingenieurswesen, Soziologie oder Biologie sowie die Bereiche Tiergesundheit, Wasser/Sanitär/Hygiene, Tiergesundheit oder die öffentlich-private Partnerschaft im Gesundheitssektor.

Zwar würden wirtschaftliche, soziopolitische und ökologische Aspekte von NTDs bereits sporadisch erforscht, bestätigte Kömm, doch erfolge dies weder im sektorübergreifenden Zusammenhang noch über einen längeren Zeitraum hinweg. „Hier setzen wir mit unserem holistischen Ansatz neue Maßstäbe.“ In Kürze soll die Vereinsgründung folgen, um finanzielle Mittel beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) beantragen und zügig operativ tätig werden zu können. Minister Gerd Müller sagte die Unterstützung des BMZ am Rande des Symposiums zu.

Vernachlässigte Tropenkrankheiten

Afrikanische Schlafkrankheit, Bilharziose, Chagas, Leishmaniose und das Dengue-Fieber: Sie gehören – neben anderen Krankheiten – laut Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten. Mehr als 1,4 Milliarden Menschen sind weltweit an ihnen erkrankt, viele Millionen Menschen sterben jährlich an ihren Folgen. NTDs können aber auch chronische Krankheiten und Behinderungen verursachen, die zu Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung führen. Darüber hinaus ist der volkswirtschaftliche Schaden, der durch sie verursacht wird, enorm. Darunter leidet die wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Länder seit vielen Jahrzehnten.

Von Jenifer Gabel (DAHW) / Gunnar Bartsch

Zurück