Intern
  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Ein Gefühl für Daten

21.02.2023

Christof Weiß analysiert mit der Hilfe von Algorithmen große Datenmengen aus Musik und anderen kulturellen Bereichen. Seit dem Wintersemester 2022/23 ist er an der Universität Würzburg Professor für Computational Humanities.

Seine Arbeit verbindet Fachbereiche, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Christof Weiß.
Seine Arbeit verbindet Fachbereiche, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Christof Weiß. (Bild: privat)

Das Forschungsgebiet von Christof Weiß ist geprägt von vermeintlich krassen Gegensätzen. Auf der einen Seite stehen höhere Mathematik, Computer und Algorithmen. Auf der anderen Kunst und Kultur – bei ihm vor allem die Musik. Was wie ein ungleiches Paar scheint, geht bei Christof Weiß fließend ineinander über. An der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) erwarb er 2012 das Diplom in Physik. Parallel schloss er an der Hochschule für Musik Würzburg den Diplomstudiengang in Komposition erfolgreich ab.

Dass diese beiden Bereiche einmal zu einer harmonischen Symphonie verschmelzen würden, war damals noch nicht abzusehen. „Die möglichen Verbindungen meiner Studienfächer eröffneten sich mir tatsächlich erst im Rahmen meiner Dissertation“, erzählt Weiß. Mit der Arbeit „Computational Methods for Tonality-Based Style Analysis of Classical Music Audio Recordings“ – also zur computergestützten Analyse klassischer Musikaufnahmen – erlangte er den Doktorgrad.

Christof Weiß ist nicht nur erfolgreicher Wissenschaftler. Er versteht es ebenso gut, seine Forschung der Öffentlichkeit zu vermitteln. Das beweist der KlarText-Preis, den er 2018 erhielt. Verliehen wird er an junge Forschende, die einem nicht-wissenschaftlichen Publikum die Inhalte ihrer Doktorarbeit erklären.

Neue Potenziale erschließen

Seine Forschungsschwerpunkte beschreibt der neue Professor so: „Wir entwickeln Algorithmen, die aus Musik- und Kulturdaten relevante Informationen extrahieren und wenden diese auf große Datensätze an.“ Bei so einer Korpusanalyse zeige sich das große Potenzial, das die Informatik für Musik- und Geisteswissenschaften bereithalte.

So könne man etwa dem „musikalischen Fingerabdruck“ eines Komponisten näherkommen oder die harmonische Komplexität eines Werks messen. Das Besondere: Mit Hilfe moderner Technik können nicht nur große Datenmengen untersucht werden, der Computer liefere auch objektive Ergebnisse.

In Würzburg wird sich Weiß‘ Tätigkeit aber nicht auf die Musik beschränken: „Wir planen, unsere Arbeit auch auf Bild, Film und 3D-Daten auszuweiten und wollen so den Textbereich ergänzen, der unter anderem mit der Arbeitsgruppe von Professor Fotis Jannidis bereits stark vertreten ist.“ Jannidis ist an der JMU Lehrstuhlinhaber für Computerphilologie und Neuere Deutsche Literaturgeschichte.

Uni Würzburg als Knotenpunkt

Die Rückkehr an seine Alma Mater hatte Christof Weiß dabei nicht von langer Hand geplant. Ausschlaggebend für diese war vor allem die interdisziplinäre Ausrichtung der JMU, insbesondere die Einrichtung des Center for Artificial Intelligence and Data Science (CAIDAS) und des Zentrums für Philologie und Digitalität „Kallimachos“ (ZPD): „Für mich war das ein Glücksfall. In Würzburg treffen starke Musikwissenschaften auf einen KI-Schwerpunkt.“, freut er sich. Die nun durch ihn besetzte Professur für Computational Humanities war im Zuge der Hightech Agenda Bayern entstanden.

Christof Weiß ist davon überzeugt, dass beide Seiten stark voneinander profitieren können. Gerade, weil der relativ junge Forschungsbereich eine eher ungewöhnliche Kombination von Fähigkeiten voraussetzt: „Die höhere Mathematik, wie ich sie im Physikstudium lernen durfte, ist die Eintrittskarte in unseren Bereich. Aber auch für den kultur- und geisteswissenschaftlichen Teil unserer Arbeit braucht man mehr als nur ein Grundinteresse. Man muss ein gutes Gefühl für die Daten und die jeweilige Anwendung mitbringen.“

Dieses möchte er auch in der Lehre vermitteln, wo die Vorlesung „Music Information Retrieval“ ebenso zu seinem Programm gehört wie verschiedene Lehrveranstaltungen für Informatik und Digital Humanities.

Der Werdegang des Professors

Nach dem Abitur in Amberg studierte Christof Weiß Physik an der JMU und Komposition an der Hochschule für Musik Würzburg – beide Studiengänge schloss er mit dem Diplom, beziehungsweise Konzertdiplom ab. Ab 2012 promovierte er am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) Ilmenau. Die Promotion folgte 2017. Zu diesem Zeitpunkt war Weiß bereits seit zwei Jahren Teil der Arbeitsgruppe Semantische Audioverarbeitung an den International Audio Laboratories Erlangen, einer gemeinsamen Einrichtung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS).

Vor dem Ruf an die Universität Würzburg besuchte Christof Weiß 2021 im Rahmen eines DFG-geförderten Forschungsstipendiums die Gruppe Audiodatenanalyse und Signalverarbeitung an der Télécom Paris.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Christof Weiß, Institut für Informatik, Computational Humanities, Tel: +49 931 31 80528, E-Mail: christof.weiss@uni-wuerzburg.de

Von Lutz Ziegler

Zurück