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Allgegenwärtig und einflussreich

14.02.2017

Wissenschaftler der Universität Würzburg haben neue Details der Funktionsweise des Proteins Ubiquitin entschlüsselt. Diese bieten sich möglicherweise als Angriffspunkt für eine Therapie gegen Krebs an.

Metaphorische Darstellung des regulatorischen Mechanismus der Ubiquitin-Ligase HUWE1. Als Dimer ist HUWE1 inaktiv. Die molekularen “Daumen” und “Zeigefinger”-Regionen vermitteln den Zusammenhalt der beiden Moleküle. Im Gegensatz dazu bilden einze
Metaphorische Darstellung des regulatorischen Mechanismus der Ubiquitin-Ligase HUWE1. Als Dimer ist HUWE1 inaktiv. Die molekularen “Daumen” und “Zeigefinger”-Regionen vermitteln den Zusammenhalt der beiden Moleküle. Im Gegensatz dazu bilden einzeln vorliegende HUWE1-Molekuele im aktiven Zustand Ubiquitin-Ketten – auf eine Weise, die noch entschlüsselt werden muss. (Grafik: Katharina Beer)

Das Protein Ubiquitin steuert im menschlichen Körper eine Vielzahl physiologischer und pathophysiologischer Vorgänge. Es macht damit seinem Namen als ubiquitär = allgegenwärtig bedeutsamer zellulärer Regulator buchstäblich alle Ehre. Die Frage, wie Ubiquitin seine vielfältigen Funktionen ausführt, steht im Zentrum intensiver Forschungsbemühungen weltweit und bildet die Grundlage dafür, das Ubiquitin-System für therapeutische Anwendungen besser zugänglich zu machen. Würzburger Wissenschaftler sind diesem Ziel jetzt einen Schritt näher gekommen. Sie haben dafür ihr Augenmerk auf eine bestimmte Ubiquitin-Ligase gerichtet.

Enzyme bestimmen das Schicksal

„Ubiquitin-Ligasen sind Enzyme, welche das kleine Protein Ubiquitin an zelluläre Zielproteine heften und damit das Schicksal dieser Zielproteine lenken“, erklärt Dr. Sonja Lorenz, verantwortlicher Autor der Studie. Ähnlich einer „molekularen Postleitzahl“ könne Ubiquitin Zielproteine zu bestimmten Orten in der Zelle leiten oder veranlassen, dass sie spezifische Aufgaben übernehmen, Signale übertragen, in höhermolekulare Komplexe eingebaut oder zerstört werden.

Sonja Lorenz forscht am Rudolf-Virchow-Zentrum für Experimentelle Biomedizin der Universität Würzburg. Mit ihrem Team und Kollegen hat sie die Ubiquitin-Ligase HUWE1 genauer untersucht und neue Details seiner Funktionsweise entschlüsselt. HUWE1 hat wichtige Funktionen in der Entstehung verschiedener Krebsarten und wird daher als vielversprechender, bisher jedoch noch nicht genutzter Angriffspunkt für therapeutische Strategien angesehen. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift eLife.

Divide et impera: Ein Proteinriese wird zerteilt

Aus nahezu 4.400 Aminosäuren bestehend, ist HUWE1 ist ein extrem großes Protein, dessen dreidimensionale Struktur weitgehend unerschlossen ist. „Die enorme Größe von HUWE1, verbunden mit seiner strukturellen Flexibilität stellen eine erhebliche Herausforderung für den Strukturbiologen dar“, sagt Sonja Lorenz. Um sich dem Proteinriesen experimentell zu nähern, bedienten sich die Würzburger Wissenschaftler daher zunächst der altrömischen Strategie „divide et impera – teile und herrsche“ und bestimmten die atomare Struktur eines Fragments von HUWE1 mithilfe der Röntgenkristallographie.

Diese Struktur brachte eine bisher unbekannte, aber ungemein bedeutsame Eigenschaft von HUWE1 zum Vorschein: Zwei HUWE1-Moleküle können sich zu einem Komplex, einem sogenannten Dimer, zusammenlagern und ihre enzymatische Aktivität auf diese Weise selbst abschalten.

Folgenreiche Störungen im Gleichgewicht

Wie aber wird der Zusammenschluss zweier HUWE1-Moleküle in der Zelle verhindert, wenn HUWE1 aktiv sein soll? Auch auf diese Frage fand das Würzburger Forscherteam eine Antwort: „HUWE1 liegt in einem dynamischen Gleichgewicht aus der inaktiven Dimer-Form und aktiven Einzelmolekülen vor. Verschiedene zelluläre Faktoren können dieses Gleichgewicht regulieren“, erklärt Sonja Lorenz.

Einer dieser Faktoren ist der Tumorsuppressor p14ARF, welcher HUWE1 hemmt, in Krebszellen jedoch oftmals fehlt. Die neue Würzburger Studie beschreibt erstmals auf molekularer Ebene, wie die Hemmung von HUWE1 durch p14ARF zustande kommt. „Der Einfluss von p14ARF auf die Struktur und Aktivität von HUWE1 ist unglaublich spannend und bietet eine Reihe von Möglichkeiten, die Aktivität von HUWE1 gezielt zu beeinflussen, welche wir nun angehen möchten“, sagt Sonja Lorenz.

Zur Person: Sonja Lorenz

Dr. Sonja Lorenz leitet seit April 2014 eine durch  das Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Arbeitsgruppe am Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg. Sie ist Vize-Sprecherin des neuen Würzburger Graduiertenkollegs 2243 „Understanding Ubiquitylation: From Molecular Mechanisms to Disease“, das in Kürze starten wird. Ihre Studien zum Wechselspiel der Ubiquitinligase HUWE1 mit dem Tumorsupressor p14ARF werden durch die Wilhelm Sander-Stiftung für medizinische Forschung gefördert.

The human ubiquitin ligase HUWE1 is regulated by a conformational switch. Bodo Sander, Wenshan Xu, Martin Eilers, Nikita Popov, Sonja Lorenz. DOI: 10.7554/eLife.21036

Kontakt

Dr. Sonja Lorenz, Rudolf Virchow Zentrum für Experimentelle Biomedizin
T: (0931) 31-80526, E-Mail: sonja.lorenz@virchow.uni-wuerzburg.de

 

Von Sonja Lorenz

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