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2,7 Millionen Euro für Supraleitungs-„Wunder“

23.11.2023

Für ihre Forschung zu Supraleitern hat die Physikerin Elena Hassinger einen ERC Consolidator Grant erhalten. Hassinger ist Teil des Exzellenzclusters ct.qmat der Unis Dresden und Würzburg.

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Elena Hassinger hat die Professur für Tieftemperaturphysik komplexer Elektronensysteme am Würzburg-Dresdner Exzellenzcluster ct.qmat inne. (Bild: Tobias Ritz/ct.qmat)

Wo Elena Hassinger forscht, herrscht Rekordkälte. So hat die Expertin für Tieftemperaturphysik des Exzellenzclusters ct.qmat – Complexity and Topology in Quantum Matter 2021 den unkonventionellen Supraleiter Cer-Rhodium-Arsen (CeRh2As2) entdeckt. Bislang ist es das einzige Quantenmaterial, das zwei bestimmte supraleitende Zustände aufweist – das Fachmagazin Science berichtete bereits darüber. Üblich ist sonst nur eine supraleitende Phase, die unterhalb einer bestimmten Sprungtemperatur eintritt und in der die Elektronen gänzlich ohne Widerstand im Material transportiert werden.

Die verlustfreie Stromleitung in Supraleitern gehört seit Jahrzehnten zu den Top-Themen in der Festkörperphysik und ist zur großen Hoffnung für die Energietechnik geworden. „Die zweite supraleitende Phase entsteht, weil die sonst ganz symmetrische Kristallstruktur rund um das Cer-Atom asymmetrisch ist. Genau das macht die chemische Verbindung besonders und zu einem heißen Kandidaten für topologisches Quantencomputing“, beschreibt Hassinger das enorme Potenzial, welches in dem Material steckt. „Die gleiche unkonventionelle Struktureigenschaft möchte ich auch in anderen Quantenmaterialien suchen und nutzen, um topologische Supraleitung bei höheren Temperaturen zu finden.“

ERC Consolidator Grant – 2,7 Millionen vom Europäischen Forschungsrat

Für das Forschungsvorhaben „Exotische Quantenzustände bei lokal gebrochener Inversionssymmetrie in extremen Bedingungen – Ixtreme“ hat Hassinger jetzt 2,7 Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) erhalten. Damit möchte sie in den nächsten fünf Jahren das Supraleitungs-„Wunder“ CeRh2As2 in ihren Dresdner Laboren noch genauer erforschen, nach verwandten Quantenmaterialien fahnden und dem topologischen Quantencomputing zum Durchbruch verhelfen: „Wenn ich bei meiner Cer-Rhodium-Arsen-Verbindung die theoretisch vorhergesagten topologischen Oberflächenzustände im Labor wirklich nachweise, könnten damit topologische Quantenbits (Qubits) realisiert werden. Das wäre ein Riesenschritt“, erklärt Hassinger.

Enormes Potenzial für topologisches Quantencomputing

Topologische Qubits gelten als besonders robust. Ihre Quantenzustände sind deutlich stabiler als die der sensiblen, nicht-topologischen Exemplare. Zu den größten Herausforderungen der aktuellen Forschung gehört die Suche nach einem Ansatz, der 1.000 Qubits gleichzeitig möglich macht. Nur so können Quantenprozessoren in Minutenschnelle Aufgaben lösen, für die konventionelle Supercomputer Jahre brauchen würden. Die Forschenden des Exzellenzclusters ct.qmat konzentrieren sich daher auf die Untersuchung topologischer Quantenmaterialien.

Spitzenforschung unter extremen Laborbedingungen

Für die experimentelle Erforschung des unkonventionellen Supraleiters Cer-Rhodium-Arsen braucht Hassinger zunächst einen Kryostaten, der die Materialprobe auf unter 0,35 Kelvin (-272,8 Grad Celsius) kühlt. „Das Gerät kostet über eine Million Euro. Die Verhandlungen laufen schon“, verrät sie. Wenn die Probe kalt genug ist, soll sie enormem Druck und einem ultrastarken Magnetfeld bis zu 18 Tesla ausgesetzt werden. Zum Vergleich: Das Magnetfeld eines handelsüblichen Hufeisenmagneten beträgt 0,1 Tesla. „Die Magnetfeldmessung unter großem Druck kann mehrere Monate dauern. Sie muss aber täglich genau kontrolliert werden“, erläutert Hassinger das geplante experimentelle Setting. „Mein Ziel ist, die zweite supraleitende Phase von Cer-Rhodium-Arsen gründlich unter die Lupe zu nehmen, um schließlich erstmals nachzuweisen, dass das Material ein topologischer Supraleiter ist. Dann würde der Wunderwerkstoff nicht nur die Elektronen verlustfrei leiten, sondern hätte auch sehr robuste topologische Oberflächenzustände, die potenziell beim Quantencomputing für Rechenoperationen genutzt werden können.“

Das Exzellenzcluster ct.qmat

Das Exzellenzcluster ct.qmat – Complexity and Topology in Quantum Matter (Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien) wird seit 2019 gemeinsam von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der TU Dresden getragen. Mehr als 300 Forschenden aus über 30 Ländern und von vier Kontinenten untersuchen topologische Quantenmaterialien, die unter extremen Bedingungen wie ultratiefen Temperaturen, hohem Druck oder starken Magnetfeldern überraschende Phänomene offenbaren. Das Exzellenzcluster wird im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert – als einziges bundeslandübergreifendes Cluster in Deutschland.

Kontakt

Prof.in Elena Hassinger, TU Dresden, Professur für Tieftemperaturphysik komplexer Elektronensysteme, Tel.: +49 351 463-33116, elena.hassinger@tu-dresden.de

Katja Lesser, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Exzellenzcluster ct.qmat, Tel.: +49 351 463-33496, katja.lesser@tu-dresden.de

Von Katja Lesser

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