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  • Synopsis Kolleg der Universität Würzburg

Würzburger Zukunftsrat hat Arbeit aufgenommen

15.07.2025

Der erste Würzburger Bürgerrat hat mit der Arbeit begonnen. In wenigen Wochen wird er seine Empfehlungen für eine gerechte Mobilität in der Stadt der Kommunalpolitik übergeben.

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Unerwartet groß war die Bereitschaft zur Mitarbeit beim „Würzburger Zukunftsrat“ – zur Freude des Organisationsteams. (Bild: JMU)

Die Bereitschaft zur Mitarbeit war unerwartet groß: „Wir hatten über dreimal mehr Zusagen als zu erwarten waren, verglichen mit den Rücklaufquoten anderer Bürger:innenräte“, erklärt Ulrike Zeigermann. Die Wissenschaftlerin ist Juniorprofessorin für Sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung an der Universität Würzburg und Initiatorin des Projekts, das unter dem Namen „Würzburger Zukunftsrat“ läuft. Die große Resonanz bewertet sie als Bestätigung dafür, dass das Thema, mit dem sich der Rat beschäftigt, „Gerechtigkeit in der Mobilität“, für viele Menschen in Würzburg eine hohe Bedeutung hat.

Exakt 1.000 Briefe hatten Zeigermann und ihr Team Anfang Juni an zufällig ausgewählte Menschen in ganz Würzburg verschickt, in denen sie für die Mitarbeit im Bürgerrat geworben hatten. Gerechnet hatten sie mit etwa 50 Zusagen – tatsächlich waren dann mehr als 180 Menschen dazu bereit gewesen, sich in dem Gremium zu engagieren.

„Das hat uns die Möglichkeit gegeben, bei der Auswahl der 35 Mitglieder auf eine möglichst repräsentative Zusammensetzung zu achten, sodass beispielsweise alle Stadtteile, Altersklassen und Geschlechter vertreten waren“, so Levi Rhomberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Transformationsexperiment Würzburger Zukunftsrat. Dementsprechend bewegt sich die Altersspanne im Zukunftsrat jetzt zwischen 19 und 82 Jahren. Zugezogene treffen auf „Ur-Würzburger“, Bürger und Bürgerinnen mit auf Bürger und Bürgerinnen ohne Migrationshintergrund und Menschen aus allen Stadtteilen begegnen sich.

Menschen mit Behinderung bringen neue Perspektiven ein

Gestartet ist der Bürgerrat mit einer ersten Sitzung am Freitag, 27. Juni, in den Räumen der Alten Universität. Moderiert wird der Rat von Beatrice Dernbach, Professorin für Nachhaltigkeits- und Wissenskommunikation an der Ohm-Technischen Hochschule Nürnberg. Sie hat bereits zahlreiche bürgernahe Veranstaltungen zu Nachhaltigkeitsthemen moderiert.

„Zu Beginn hat sich unser Team vorgestellt und erklärt, was Bürgerräte sind und wie sie arbeiten. Im Anschluss daran hatten die Mitglieder des Rats die Gelegenheit, sich untereinander kennen zu lernen“, schildert Linda Koch den Ablauf. Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Transformationsexperiment „Würzburger Zukunftsrat“ hat sie das Projekt mit vorbereitet und die Sitzungen wissenschaftlich begleitet.

Einen halben Tag lang haben sich die Mitglieder des Bürgerrats dann über die Verkehrssituation in Würzburg ausgetauscht und ihre persönlichen Mobilitätserfahrungen diskutiert. „Unter den Teilnehmenden waren ein Mann, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, und eine Frau mit einer Sehbehinderung. Das war für uns spannend zu erfahren, welche Perspektiven diese beiden in die Diskussion einbringen konnten“, sagt Koch.

Kampagne für eine gerechte Mobilität

Die Arbeit in Kleingruppen bildete den Schwerpunkt am folgenden Tag. An verschiedenen Stationen erhielten die Mitglieder des Zukunftsrats beispielsweise Informationen zum Mobilitätsplan 2040 der Stadt Würzburg vom Leiter der Koordinierungsstelle „Nachhaltige Mobilität“ in der Stadtverwaltung, Luis Pototzky;  Micha Pastuschka, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Würzburg stellte ihnen die Ergebnisse einer Mobilitätsumfrage und einer Umfrage zur sozialen Resilienz in der Stadt vor; zuletzt konnten die Teilnehmenden über die Informationen im Begleitheft diskutieren, die sie zur Vorbereitung  von dem Uni-Team erhalten hatten.

Anschließend drehte sich alles um das Thema „Gerechte Mobilität“. „Dafür sollten die Teilnehmenden sich unter anderem in unterschiedliche Rollen hineinversetzen – beispielsweise in die von Kindern – und in Kleingruppen diskutieren, wie diese Personengruppen möglicherweise den Verkehr in Würzburg erleben und welche Bedürfnisse sie haben“, erklärt Linda Koch. Den Abschluss bildete eine weitere Übung: „Entwerfen Sie eine Kampagne für eine gerechte Mobilität in Würzburg“, lautete die Aufgabe für den Zukunftsrat. Im Anschluss an die Gruppenarbeit hat das Uni-Team dann noch Einzel-Interviews durchgeführt.

Eine diverse Gruppe erfordert Fingerspitzengefühl

Eine angenehme Atmosphäre, eine gute Mitarbeit und einen wertschätzenden Umgang attestiert Linda Koch den ersten beiden Treffen. „Wir sind jedenfalls sehr zufrieden damit, wie die Gruppe gearbeitet hat.“ Dabei habe auch das Projektteam einen intensiven Lernprozess durchlaufen: „Es hat sich gezeigt, dass es eine große Herausforderung sein kann, mit einer so diversen Gruppe von Menschen zu arbeiten“, sagt die Nachhaltigkeitsforscherin.

Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, in der Diskussion mit rhetorisch begabten Vielrednerinnen und -rednern; Menschen, die sehr meinungsstark sind, im Team mit anderen, die sich schüchtern zurückhalten: Da kommt es auf das Fingerspitzengefühl des Organisationsteams an. „Als Organisatorinnen und Organisatoren haben wir gemerkt, dass man die unterschiedlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden möglichst gut berücksichtigen muss. Man sollte sie im Idealfall schon vorher im Blick haben“, so Linda Koch.

Abschlusstreffen am 19. Juli

Jetzt haben die Mitglieder des Bürgerrats Zeit bis zum 19. Juli, in der sie sich mit ihrem neugewonnenen Wissen Gedanken über ein gerechtes Mobilitätskonzept machen können. Währenddessen stellt ihnen das Projektteam weiteres Informationsmaterial zur Verfügung, mit dem sie sich beschäftigen können. Dann steht das dritte und letzte Treffen im Terminkalender. Bei diesem Treffen werden die Ratsmitglieder konkrete Empfehlungen entwickeln, die später dem Stadtrat und Oberbürgermeister Martin Heilig übergeben werden sollen.

Der Zukunftsrat – ein Modell für die Zukunft?

Bei dem Würzburger Zukunftsrat handelt es sich um ein Transformationsexperiment des Nachhaltigkeitslabors WueLAB der Universität, das außerdem von der Bürgerstiftung Würzburg und Umgebung, der Würzburger Umwelt- und Naturstiftung, der memo AG und von der Stadt Würzburg gefördert wird. Leonie Beck, Leistungsschwimmerin des SV Würzburg 05 und mehrfache Deutsche Meisterin, sowie Thomas Kopp, Intendant der Theaterhalle am Dom in Würzburg, übernehmen die Schirmherrschaft.

Die Laufzeit der Finanzierung reicht von Oktober 2024 bis März 2026. Wie es danach weitergeht, ist offen. Aber Würzburgs neuer Oberbürgermeister Martin Heilig hat sich ja schon auf LinkedIn positiv zu dem Bürgerrat geäußert. Er hat geschrieben: „Ich freue mich über die Initiative und bin schon jetzt sehr gespannt auf die Ergebnisse! In einer Zeit, wo viele Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben nicht gehört zu werden, könnte das ein Modell für die Zukunft sein.“

Mehr Informationen 

Kontakt

Prof. Dr. Ulrike Zeigermann, Juniorprofessur für Sozialwissenschaftliche Nachhaltigkeitsforschung, T: +49 931 31-83142, ulrike.zeigermann@uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch

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