Intern
  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Was ein Wappen erzählt

16.02.2021

Im „Echter-Saal“ des Martin von Wagner Museums repräsentiert ein buntgefasstes Wappen den Wiederbegründer der Alma Julia. Es hat viel von der Universität gesehen. Vor genau zwanzig Jahren wurde es wiedergefunden – im Biozentrum.

Im fürstbischöflichen Wappen Julius Echters von Mespelbrunn gehen Handwerk und Geschmack eine elegante Symbiose ein.
Im fürstbischöflichen Wappen Julius Echters von Mespelbrunn gehen Handwerk und Geschmack eine elegante Symbiose ein. (Bild: Martin von Wagner Museum / Birgit Wörz)

Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (1545–1617) war geradezu besessen von seinem Familienwappen, das zugleich seine Amtswürde und den Ruhm seiner Familie verkündete. Während seiner Regentschaft wurde das Hochstift Würzburg von unzähligen Exemplaren dieses Hoheitszeichens übersät. Mit seiner flächendeckenden Heraldik übertraf Echter sämtliche Vorgänger und Nachfolger. Kaum ein Ort, an dem sein Wappen nicht angebracht wurde: über Kircheneingängen, an Pfarr-, Amts- und Rathäusern, als Schlusssteine in Gewölben.

Anders als in ihrem heutigen Zustand waren diese Schilde in der Regel farbig gefasst. Der Fränkische Rechen und das Rennfähnlein, beide rot-weiß, bürgten für die symbolische Anwesenheit des Landesherrn. Die drei silbernen Ringe auf taubenblauem Grund hingegen erinnerten alle Untertanen an das Geschlecht, aus dem er stammte. Mittels seines Wappens prägte Echter sich seinem Territorium förmlich ein.

Ein Thron für den Rektor

Natürlich musste Echter auch in der von ihm wiederbegründeten Universität heraldische Spuren hinterlassen. An dem 1582 bis 1591 errichteten Kolleggebäude, der heutigen Alten Uni, prangte über dem rechten Portal des Nordflügels ein steinernes Echterwappen, eine Kopie des 1945 zerstörten Originals. Durch dieses Tor gelangte man zum Rektorat und zur Aula. Der erste Rektor war Fürstbischof Julius selbst, und so glich der vornehmste Saal der Universität einem Thronsaal, ausgestattet mit Schnitzvertäfelungen und Buntglasfenstern – sowie einem prächtigen Thron für den Rektor als Mittelpunkt.

Die Tür zur Aula, ein Portal mit Stuckrahmung in reichsten Renaissanceformen, wurde von einem Wappen markiert, das sich heute im Martin von Wagner Museum befindet. Professor Stefan Kummer, bis 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Kunstgeschichte der JMU, hat als erster auf seine Herkunft aus der Alten Universität hingewiesen.

Ein „Diebstahl“, der zur Rettung wird

Dass dieses Wappen nicht, wie der Rest der Ausstattung, im Krieg unterging, ist einerseits einer späteren Umnutzung des Raums zu verdanken und andererseits einem halben Diebstahl, der sich im Nachhinein als Rettung entpuppte. In der Aula wurde seit 1804 das von dem weitgereisten Professor für Naturgeschichte und Philosophie Bonavita Blank aufgebaute „Kunst- und Naturalien-Kabinet“ präsentiert, eine Sammlung in der Tradition barocker Wunderkammern, aber mit wissenschaftlicher Systematik. Über dem Eingang befand sich, wie seit dem 16. Jahrhundert, das „Wappen vom Stifter der Universität, dem Fürstbischofe Julius“, wie der Zoologe und Hüter des Kabinetts Valentin Leiblein 1839 berichtet.

Nur verwies es damals nicht mehr so sehr auf den Gründer und Rektor, sondern diente dazu, „den zahlreichen Besuchern die Bedeutung des Kabinetts für die Universität vor Augen zu führen“, so der frühere Inhaber des Lehrstuhls für Zell- und Entwicklungsbiologe Professor Ulrich Scheer in seinem Abriss der Würzburger Zoologie.

Aus dem Herrschaftszeichen war ein Emblem der Wissenschaft geworden. Für sie bürgte das Blanksche Kabinett, das allmählich in ein naturhistorisches Museum im engeren Sinne umgeformt wurde. Seine Geschichte ist eng mit der Etablierung der Zoologie als einem eigenständigen Fach in Abgrenzung von der Medizin verbunden. 1889 wurde das neu errichtete Zoologische Institut am heutigen Röntgenring eröffnet; Teile der Naturaliensammlung waren mit umgezogen – und anscheinend auch das Echter-Wappen, das man wohl inzwischen als natürlichen Besitz der Zoologie betrachtete. Die entstandene Lücke wurde später, wie eine alte Fotografie belegt, mit einem Gipswappen gefüllt.

Überraschender Kellerfund nach über 100 Jahren

Aus der Zoologie, wo es sich 112 Jahre lang befand, gelangte das Wappen schließlich als Leihgabe ins Martin von Wagner Museum. Doch zunächst hatte sich nach dem Umzug vom Institut am Röntgenring ins Biozentrum am Hubland das Wissen um seine Existenz verloren. Wie Professor Scheer berichtet, musste es erst einmal wiedergefunden werden. Diese Aufgabe fiel Dr. Norbert Wilken zu, dem 2011 verstorbenen Mitglied des Biozentrums und Träger der Bene-Merenti-Medaille der Universität Würzburg.

Eines seiner weniger bekannten Verdienste war 2001 der Fund eines graublau übermalten Holzwappens im Keller der Zoologie. Wilken kratzte etwas von diesem Überzug ab und fand darunter eine farbige Fassung. Als klar wurde, dass es sich um ein Wappen aus der für die Universität so bedeutenden Echterzeit handelt, wurde es zur technologischen Untersuchung und Restaurierung an das Universitätsmuseum gegeben.

Zwei Farbschichten über der Originalfassung

Dabei stellte sich heraus, dass das 74 Zentimeter hohe und 76 Zentimeter breite Stück schon einmal restauriert worden war, nämlich 1954. Jetzt kam unter dem einfarbigen Anstrich eine grelle Farbfassung des 19. Jahrhunderts zum Vorschein. Beide Farbschichten wurden vom Gemälderestaurator des Museums Ulrich Popp und seiner damaligen Assistentin Inge Klinger abgenommen. So konnte das Wappen in den Farben der Echterzeit öffentlich präsentiert werden – erstmals in der umfassenden Ausstellung „Julius Echter Patron der Künste“, die 2017 im Martin von Wagner Museum zu sehen war. Als die Gemäldegalerie nach Umbau und Renovierung 2018 wiedereröffnet wurde, durfte das Wappen bleiben und leuchtet seitdem gemmengleich vor der dunkelblauen Wand des Echtersaals hervor.

Der ehemaligen Funktion am Eingang zur Universitätsaula angemessen, ist es ein besonders edles Exemplar, wie es unter Julius Echter nur für ausgezeichnete Orte verwendet wurde. Der Wappenschild selbst sei als Rollwerk konzipiert, erläutert Professor Damian Dombrowski, Direktor der Neueren Abteilung des Martin von Wagner Museums, genauer als „cartoccio“. Der italienische Ausdruck, von dem das Wort Kartusche abgeleitet ist, bedeutet eigentlich Papierrolle; und tatsächlich rollen sich die Ränder zumindest von oben volutenartig ein. „Dadurch und durch die beschwingten Ränder wird die starre Heraldik verlebendigt, gleichzeitig wird eine Beziehung zu den Volutenschnecken der Architektur hergestellt, in die das Wappen eingefügt war.“ Seitlich wird es von Akanthus umrankt, seine Bekrönung bilden drei Ritterhelme mit unterschiedlichen Zieraufsätzen, die wiederum von den – allerdings nicht mehr originalen – Insignien Schwert und Krümme gerahmt werden.

„Die vielfach durchbrochene Schnitzarbeit, aber auch die große Eleganz verraten die Hand eines geübten Bildhauers“, hebt Dombrowski die außergewöhnliche Qualität des Stücks hervor. Die Umgebung, für die es einst geschaffen wurde, sei unwiederbringlich zerstört, doch: „Bei uns hängt es jetzt immerhin in Gesellschaft vieler weiterer Werke mit direktem Bezug zu Fürstbischof Echter. So ist es für das Wappen vielleicht auch eine Art Heimkehr.“

Weitere Bilder

Zurück