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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Vietnam – ein einzigartiges Erlebnis

24.05.2022

Im Rahmen eines vom Deutschen Akademischen Austauschdienstes geförderten Programms zog es sechs Würzburger Studenten nach Vietnam. Auch wegen der dortigen Coronabestimmungen wurde die Reise zu einer ganz besonderen Erfahrung.

Filip, Paul, Bence, David, Tim und Jan bei einem Restaurantbesuch mit mehreren Beteiligten des Austauschprogramms.
Filip, Paul, Bence, David, Tim und Jan bei einem Restaurantbesuch mit mehreren Beteiligten des Austauschprogramms. (Bild: Filip Simonovski / Uni Würzburg)

Ferne Länder, fremde Kulturen, neue Leute – ein Auslandssemester ist für viele Studierende die perfekte Gelegenheit, das und mehr mit ihrem Studium an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg zu verbinden.

David Baldsiefen, Filip Simonovski und Tim Gerling waren Teil einer sechsköpfigen Gruppe von JMU-Studenten, die sich Ende November 2021 auf die Reise machte. Ziel: die Hanoi University of Science and Technology (HUST) in Vietnam.

Filip ist im fünften Semester des Masters Informatik und kommt ursprünglich aus Nordmazedonien. Vor sieben Jahren, nach dem Abitur, zog es ihn für das Studium nach Würzburg: „Für mich war immer klar, dass ich im Ausland studieren möchte. Deutschland hat mich sehr interessiert, ich bin also einige Unis durchgegangen und habe mich letztlich für Würzburg entscheiden.“ Womit ihn Stadt und Universität überzeugt haben? „Das Studienangebot war sehr umfangreich und Würzburg ist eine sehr schöne Stadt – und die zweitwärmste Deutschlands, habe ich damals gelesen“, erzählt er schmunzelnd.

Weil sich Würzburg für Filip inzwischen wie eine zweite Heimat anfühlte, kam der Wunsch auf, nochmal ins Ausland zu gehen. Nur der richtige Zeitpunkt wollte nicht kommen. Dann aber stieß er eher zufällig auf das Angebot, nach Hanoi zu gehen: „Ich dachte mir: ‚Jetzt wartest du nicht mehr ab, das machst du einfach!‘“

Ausland? „Immer, wenn man die Möglichkeit hat!“

Ähnlich ging es auch David und Tim. Beide studieren Luft- und Raumfahrtinformatik. Während Tim den Bachelor noch vor der Abreise abschloss, und so in Hanoi das erste Mastersemester absolvierte, nutzte David die Monate in Vietnam für seine Bachelorarbeit und studiert nun ebenfalls im Master an der JMU weiter.

So wirklich angepackt hatten beide das Thema Studium im Ausland während ihrer Zeit in Würzburg nicht, als das Angebot für Vietnam aber an sie herangetragen wurde, mussten sie nicht lange überlegen.

Tim, den es aus Bonn zum Studium nach Würzburg gezogen hat, sieht in Reisen und Auslandsaufenthalten immer eine Chance: „Nach dem Abi hatte ich sechs Monate Freiwilligendienst in Uganda geleistet, das hat meine Meinung nochmal bestärkt: Immer, wenn man die Möglichkeit hat, sollte man ins Ausland gehen! Fremde Kulturen bieten einfach so viele neue Erfahrungen.“

So sieht es auch David, der gerade über den Kontakt zu mehreren Erasmus-Studierenden nochmal so richtig Lust auf Ausland bekam.

Komplikationen durch Corona

Als erste deutsche Hochschule hatte die JMU bereits 2020 Fördermittel für das Internationale Studien- und Ausbildungspartnerschaften-Programm (ISAP) des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) mit Vietnam eingeworben. Die pandemische Lage erlaubte eine Realisierung des Austauschs mit der HUST aber erst zum Wintersemester 2021/22 – und auch dies nur mit einigen Hindernissen. Aufgrund äußerst strikter Einreiseregeln konnten die sechs Würzburger Studenten erst am 25.11.2021 nach Vietnam aufbrechen. Das Semester dort hatte bereits im September begonnen.

„Am Flughafen bekamen wir erstmal Schutzanzüge und wurden in Spezialtaxis direkt ins Quarantänehotel gebracht“, erinnert sich David. Nach einer Woche in Einzelisolation konnte die Truppe die zweite Quarantänewoche zumindest gemeinsam in einer Übergangswohnung verbringen.

Auch auf den Uni-Alltag hatte die Pandemie gravierende Auswirkungen. Der Unterricht an der HUST fand komplett in Online-Formaten statt, lediglich für research projects mussten fünf der sechs Studenten auf den Campus.

In Hanoi für den Master geforscht

Die Ausnahme bildete da Filip. Er arbeitet in Vietnam an seiner Masterthesis und war dafür im Labor zugange: „Für mich war es von den Inhalten perfekt. Nicht nur, dass ich Informatik studiere, mein Schwerpunkt liegt auf Netzwerken und genau damit beschäftigt sich die dortige Uni.“ Weil ihn seine Arbeit täglich auf den Campus führte, bezog Filip im Anschluss an die Quarantäne eine Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Uni.

Die räumliche Distanz zum Rest stellte aber kein Problem dar: „Ich habe viel Zeit mit meinen vietnamesischen Kommilitonen verbracht, wir waren zum Beispiel eigentlich jeden Tag gemeinsam essen.“ Auch der Kontakt zu den anderen riss nicht ab, neben regelmäßigen Treffen unternahm die Gruppe auch zwei größere Ausflüge zusammen.

Die übrigen Studis um David und Tim bezogen zu fünft ein Haus in einem anderen Stadtteil und besuchten Vorlesungen und Seminare über Zoom. „Da gab es verschiedene Formate“, erzählt Tim, „große Vorlesungen, Einzelmeetings mit Dozenten oder auch Kurse, wo man einfach Arbeitsaufträge bekommen hat.“ Zwar seien wegen Corona nicht alle Veranstaltungen verfügbar gewesen, doch letztlich könne man „immer etwas mitnehmen und lernen“, meint er.

Beschränkungen als soziale Hürde

Alle drei Studenten sind sich einig, dass die besonderen Umstände Vor- und Nachteile mit sich brachten. Durch die fehlende Interaktion mit vietnamesischen Studenten war es etwa schwierig, Kontakte zu knüpfen.

Zumindest etwas Abhilfe verschaffte da ein von der HUST organisiertes Buddysystem: „Es gab ein paar vietnamesische Studenten, die uns betreut haben. Mit ihnen hatten wir eine WhatsApp-Gruppe. Sie haben zum Beispiel für uns Vietnamesisch gekocht und wir haben sie dann im Gegenzug zu einem deutschen Abend mit Schnitzel und Kartoffelsalat eingeladen“, erzählt Tim. Abseits der Uni spielte auch die Sprachbarriere eine Rolle, denn Englisch spricht in Vietnam nur ein recht kleiner Teil der Bevölkerung.

„Natürlich war es etwas schade, dass wir nicht so viele Studierende kennenlernen konnten, das Land und die Kultur kann man aber auch anders aufnehmen“, findet David.

Ein unvergleichliches Erlebnis

Neben einer weitestgehend verwaisten Universität hatte Corona natürlich auch Einfluss auf das Leben außerhalb des Studiums – besonders die strengen Einreisekontrollen. „Wir waren quasi die einzigen Touristen, oft auch die einzigen Nicht-Asiaten, die irgendwo unterwegs waren. Da hat man sich schon nach uns umgedreht, manche haben sogar Fotos von uns gemacht“, berichtet David.

Ausgangsbeschränkungen bedeuteten auch den Wegfall des Nachtlebens oder unregelmäßige Öffnungszeiten von Museen und anderen Einrichtungen. Die ungewöhnliche Ruhe, 2019 hatte Vietnam mit etwa 18 Millionen Touristen noch eine eigene Bestmarke in diesem Bereich aufgestellt, gestattete aber auch einen einzigarten Blick auf das Land. Alle drei waren beeindruckt: „Schwer in Worte zu fassen“, sei es laut David gewesen, „selbst an den größten Touri-Hotspots waren wir nahezu alleine. Die Einheimischen haben sich dann auch oft entsprechend gefreut, uns zu sehen.“

Tim ergänzt: „Es war schon krass, aber ich fand es richtig cool. Wir haben das Land einfach total authentisch erlebt. Orte wie die Train Street in Hanoi sind sonst ja völlig überlaufen.“ Die enge Straße mit ihren Cafés und Essensständen, durch die zweimal täglich ein Zug fährt, musste 2019 nach einigen Beinahe-Unfällen mit fotowütigen Touristen noch für Besucher gesperrt werden.

Reisen als Highlight

Alle drei Studenten nutzten das Auslandssemester, um Vietnam, oder auch einige seiner Nachbarstaaten, zu erkunden. Filip blieb am längsten in Hanoi und erlebte so noch, welchen Einfluss die Öffnung der Grenzen auf die Metropole hatten. „Ich habe den anderen Videos und Bilder geschickt. Das war verrückt, wie voll plötzlich alles war. An der Uni, die wir ja nur als Geistercampus kannten, musste man plötzlich eine halbe Stunde warten, um seinen Roller ausparken zu können.“ Tim zog es, nach einem kurzen Abstecher über Ho-Chi-Minh-Stadt, anschließend nach Thailand. Dort traf er sich mit seiner Freundin, die im März noch nicht nach Vietnam hatte einreisen dürfen. David bereiste neben Vietnam auch noch das angrenzende Kambodscha.

Neben den individuellen Reisen machte die Gruppe auch zwei größere gemeinsame Tripps. Über Neujahr ging es in die Süden Vietnams, auf Phú Quốc. Für Filip war die größte Insel des Landes „ein absolutes Paradies. Wir hatten es uns schön vorgestellt, aber das war traumhaft. Der beste Strand, den ich bisher gesehen habe.“ Über das chinesische Neujahr, das 2022 auf den ersten Februar fiel, hieß das Ziel Sa Pa. Im bergigen und dünn besiedelten Norden zeigte Vietnam den Studenten nochmal eine ganz andere Seite.

Vietnamesische Studierende an der JMU

Im zweiten Teil des Programms sind aktuell sechs vietnamesische Studenten in Würzburg. Besonders Filip ist bei deren Betreuung engagiert. Eine Stadttour und einen Ausflug in die Weinberge hat er bereits organisiert: „Jetzt, wo sie in Würzburg sind, möchte ich ihnen das zurückgeben, was sie für mich in Hanoi gemacht haben – ihnen das Land, die Stadt und die Kultur näherbringen.“

Wie es mit der Zukunft des Austauschprogramms weitergeht, ist noch nicht endgültig geklärt. Professor Tobias Hoßfeld, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationsnetze und Ansprechpartner für den Austausch auf Würzburger Seite, zeigt sich aber optimistisch für die Zukunft: „Wir konnten die ursprüngliche Kooperation nicht verlängern, weil zum Zeitpunkt der Frist wegen Corona weder Studierende aus Würzburg in Hanoi waren noch umgekehrt. Der Plan ist aber, die Förderung zum Wintersemester 23/24 erneut zu beantragen.“

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Von Lutz Ziegler

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