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Unterwegs in virtuellen Angstwelten

12.12.2017

Ein Würzburger Psychologe verfolgt einen ungewöhnlichen Forschungsansatz auf dem Gebiet der Angsterkrankungen. Die Volkswagen-Stiftung unterstützt das Projekt mit 120.000 Euro.

Welchen Weg über den Abgrund wählt der Proband? Virtuelles Szenario zur Erforschung von Angststörungen. (Bild: Institut für Psychologie)

Wie entstehen Angsterkrankungen, wie kann man sie behandeln? Das ist eine Frage, die Professor Paul Pauli und sein Team am Institut für Psychologie der Universität Würzburg umtreibt. Die Forscher setzen seit vielen Jahren unter anderem auf virtuelle Umgebungen, um etwa die Ursachen von Flug- oder Höhenangst zu ergründen und zu therapieren.

In einem neuen Projekt gehen sie einen ungewöhnlichen Weg: „Viele grundlegende Erkenntnisse über Ängste und andere Emotionen stammen aus Experimenten mit Nagetieren“, sagt Professor Pauli. An seinem Lehrstuhl wird zwar nicht mit Tieren geforscht, aber sein Team will nun herausfinden, inwieweit grundlegende Befunde aus solchen Tierexperimenten auch beim Menschen nachweisbar sind: „Dafür versetzen wir Probanden mittels virtueller Realität in Situationen, die andernorts bei Tierexperimenten zum Einsatz gekommen sind.“

Kluften und freie Plätze überwinden

Ausgestattet mit einer Virtual-Reality-Brille, muss ein Proband dann zum Beispiel eine zehn Meter tiefe Kluft überwinden – entweder auf einem schmalen Brett, das rechts und links Seitenwände hat, oder auf einem Brett ohne solche Wände.

Bei Versuchstieren wird, je nachdem welche Art des Übergangs sie wählen, auf ihre Ängstlichkeit geschlossen. Die Würzburger Forscher wollen herausfinden, ob das beim Menschen auch so ist. Dazu messen sie bei den Probanden auch physiologische „Angst-Parameter“, etwa den Herzschlag, die Pupillenweite oder das Ausmaß des Schwitzens.

Bei einer anderen Versuchsanordnung wird festgestellt, wie sich Probanden in einem hell erleuchteten runden Raum bewegen. Vermeiden hier ängstliche Menschen, wie es von Tieren bekannt ist, die Mitte des Raumes? Und ist dieses Verhalten eventuell sogar ein Risikomerkmal für eine Agoraphobie, also die krankhafte Angst vor großen, freien Plätzen?

Mit solchen Tests wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob sich in Angstsituationen Verhalten und Körperfunktionen, wie sie bei Tierversuchen festgestellt wurden, auch beim Menschen wiederfinden. Gemeinsamkeiten im Verhalten von Tieren und Menschen würden die These stützen, dass Angststörungen eine evolutionäre Grundlage haben.

Getestet werden jeweils gesunde Probanden und Patienten mit Angststörungen. Das Projekt soll spätestens im März 2018 starten.

Fördermittel von der Volkswagen-Stiftung

Finanziell gefördert wird das Vorhaben von der Volkswagen-Stiftung (Hannover) in der Förderlinie „Experiment!“. Für die aktuelle Förderrunde gab es 594 Anträge, 29 davon hatten am Ende Erfolg. Professor Pauli bekam 120.000 Euro bewilligt.

Bei „Experiment!“ gibt die Stiftung Geld für die Startphase von Projekten, die „ausgesprochen gewagte Forschungsideen verfolgen, etabliertes Wissen grundlegend herausfordern, unkonventionelle Hypothesen, Methodik oder Technologien etablieren wollen oder ganz neue Forschungsrichtungen in den Blick nehmen.“

Kontakt

Prof. Dr. Paul Pauli, Lehrstuhl für Psychologie I der Universität Würzburg – Biologische Psychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie, T +49 931 31-82843, pauli@psychologie.uni-wuerzburg.de

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