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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Unterschiedliche Blickwinkel auf Gott

19.05.2020

Ist die Lehre der katholischen Theologie heute noch von Relevanz? Gibt es überhaupt eine einheitliche katholische Theologie? Diese Fragen stellt sich Christine Büchner als neue Professorin an der Uni Würzburg.

Seit April 2020 ist Christine Büchner Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Würzburg.
Seit April 2020 ist Christine Büchner Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Würzburg. (Bild: Universität Hamburg)

„Warum ist die Welt so wie sie ist? Entweder man wischt solche Fragen irgendwann einfach weg, oder man beschäftigt sich damit ein Leben lang.“ So sieht es zumindest Christine Büchner. Sie haben diese Gedanken bereits früh gefesselt und sie dazu animiert, Theologie zu studieren. „Die Theologie stellt Fragen, die man nicht mehr los wird. Es geht um das Nachdenken über das Leben – im Horizont des Glaubens an Gott. Und daraus ergeben sich immer neue Fragen, neue Komplexitäten.“

Gott, die Welt, der Mensch – wie Religion, Theologie und Gesellschaft darüber sprechen, beschäftigt Büchner auch in ihrer Forschung. Seit April 2020 ist sie Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Und dabei stellt sie sich ganz grundsätzliche Fragen des Glaubens.

Schriften von Frauen im Fokus

Dogmatik hört sich für den Laien erst einmal so an, als handle es sich um Grundsätze, an denen nicht gerüttelt werden darf. Doch darum geht es nicht: „Es geht in der Dogmatik darum, wie man mit den traditionellen Lehrinhalten der Kirche heute umgeht. Dogmatik ist diejenige wissenschaftliche Disziplin, die den Glauben einer langen Tradition kritisch mit den Denkformen der Gegenwart vermittelt“, erklärt Büchner.

„Es geht darum, das, was zu früheren Zeiten als verbindlich für den katholischen Glauben festgehalten wurde, in der Sprache unserer Zeit zu formulieren und auf seine Relevanz für unser Leben heute zu überprüfen, gegebenenfalls auch zu modifizieren. Aber auch umgekehrt darum, jene Interpretationen der Welt und der Menschen im Licht des christlichen Gottesglaubens in die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten der Zeit einzubringen.“

Doch Büchner beschäftigt sich dabei nicht nur mit der klassischen Lehre der katholischen Kirche – sondern auch mit mystischen und spirituellen Texten zum christlichen Glauben, vor allem aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit.

Sie interessiert dabei vor allem die Pluralität des christlichen Glaubens. Welche Glaubensaussagen wurden maßgeblich, welche nicht? Gerade letztere gelte es aufzuarbeiten. Dazu gehören vor allem Mystikerinnen und Mystiker, die oft häretisiert wurden. Einen besonderen Fokus legt Büchner dabei auf Autorinnen: „Die Theologie hat eine durch und durch patriarchale Tradition. Aber es gab auch immer wieder Theologinnen, die einen neuen Blick auf den Glauben ermöglicht haben.“

Dialog zwischen den Religionen

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Büchner ist der interreligiöse Dialog. „Dabei geht es mir vor allem um den Kontext der heutigen religiösen Pluralität auf der Welt“, sagt die Theologin.

Von besonderem Interesse sind für sie Texte der östlichen Religionen, etwa des Hinduismus. „Wenn man Texte einer fremden Religion studiert, liest man hinterher auch die aus der eigenen Tradition anders. Die groben Kategorisierungen wie ,westliches Denken‘ – ,östliches Denken‘ werden durchlässiger und es wird deutlich, dass jede Religion in sich bereits plural ist.“

Die Themen werden auch künftig eine wichtige Rolle für Büchners Arbeit an der JMU einnehmen. Die Professorin plant eine größere Publikation, die marginalisierte Autorinnen der christlichen Theologie rezipiert. Außerdem möchte sie ein Netzwerk bilden mit Forscherinnen und Forschern, die ebenfalls auf diesem Themengebiet arbeiten.

Auch das Interreligiöse will sie, soweit möglich, künftig in Würzburg stärken. „Die Uni Würzburg hat eine große traditionsreiche Fakultät für katholische Theologie. Es fehlen aber Lehrstühle für nicht-christliche Religionen. „Schön wäre es daher, eine Gastvorlesungsreihe etablieren zu können, in der auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Religionen zu Wort kommen können“, erklärt Büchner.

Von Hamburg nach Würzburg

Ihr erstes Semester an der JMU verbringt Büchner als reines Forschungssemester. Doch ihre Themenschwerpunkte werden künftig auch eine große Rolle in ihrer Lehre einnehmen und daher auch für Studierende neue Impulse ermöglichen.

Büchner studierte Theologie, Germanistik und lateinische Philologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Im Jahr 2003 wurde sie mit der Arbeit Gottes Kreatur – ,ein reines Nichts‘? Einheit Gottes als Ermöglichung von Geschöpflichkeit und Personalität im Werk Meister Eckharts“ promoviert. Im Jahr 2004 erhielt Sie den Karl-Rahner-Preis für theologische Forschung, 2007 erhielt sie den John Templeton Award for Theological Promise. Im Jahr 2008 erfolgte die Habilitation in den Fächern Dogmatik und Ökumenische Theologie. Zuletzt war sie Professorin an der Universität Hamburg und leitete dort das Institut für Katholische Theologie.

Kontakt

Prof. Dr. Christine Büchner, Lehrstuhl für Dogmatik, Universität Würzburg, T +49 931 – 31 87358, christine.buechner@uni-wuerzburg.de

Von Kristian Lozina

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