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  • 6 Studierende geniessen das Studentenleben in Würzburg im Sommer.
  • Drei Studierende tragen T-Shirts mit einem Aufdruck der Universität Würzburg.

Tiepolo und seine Werkstatt

03.11.2020

Die weltberühmten Fresken Giambattista Tiepolos ziehen jedes Jahr hunderttausende Gäste in die Würzburger Residenz. Im 250. Todesjahr des Künstlers gibt eine neue Ausstellung Einblicke in Tiepolos Würzburger Werkstatt.

In vielen Gemälden kehrt Tiepolo traditionelle Geschlechterrollen um. Frauen verkörpern Souveränität – wie hier Armida, in deren Armen Rinaldo zum willenlosen Geschöpf wird.
In vielen Gemälden kehrt Tiepolo traditionelle Geschlechterrollen um. Frauen verkörpern Souveränität – wie hier Armida, in deren Armen Rinaldo zum willenlosen Geschöpf wird. (Bild: bpk, Jörg Anders)

Feierlich eröffnet, wenige Stunden geöffnet, dann gleich wieder geschlossen: Die erneuten Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der Corona-Pandemie haben auch die neue Tiepolo-Ausstellung im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg getroffen: Ihre Pforten bleiben im gesamten November 2020 geschlossen. Je nach Pandemie-Lage kann die Ausstellung frühestens am Dienstag, 1. Dezember, vor Ort besucht werden.

„Wir wollen die Ausstellung attraktiv halten, obwohl sie derzeit nicht besucht werden kann“, sagt Museumsdirektor Damian Dombrowski. „Dabei können wir das Verlangen, nach dem Lockdown die Aura des Originals zu erleben, vielleicht sogar noch steigern.“

YouTube-Trailer zur Tiepolo-Ausstellung

Digitale Formate sind in Vorbereitung

Dafür wird die Tiepolo-Schau vorerst in den digitalen Raum verlegt. Das junge Ausstellungsteam arbeitet derzeit verschiedene Formate aus, die ab dem Ende der ersten Novemberwoche nach und nach abrufbar sein sollen.

Es wird interaktive Führungen geben, bei denen die Teilnehmenden auch Fragen stellen können. YouTube, Facebook und Instagram werden genutzt, um die einzelnen Kapitel der Ausstellung vorzustellen. Die internationalen Leihgaben werden in Einzelbeiträgen gewürdigt, die Kuratoren erläutern Gliederung und Gestaltung der Ausstellung, Restauratoren geben Einblicke in ihren Anteil an der Präsentation, Tiepolo-Experten verknüpfen ihr Wissen mit der Ausstellung.

Zuerst aber soll es unter den Nutzern der Social-Media-Kanäle des Museums eine Umfrage geben, welche digitalen Formate besonders gewünscht sind.

Eigene Bestände und internationale Leihgaben

Der Name Giambattista Tiepolo (1696-1770) hat in Würzburg einen hellen Klang. Die Fresken, die dieser Jahrhundertkünstler zwischen 1750 und 1753 in der ehemaligen Fürstbischöflichen Residenz geschaffen hat, gehören zu seinen bedeutendsten Werken.

Zu Tiepolos 250. Todesjahr zeigt das im Südflügel der Residenz gelegene Martin von Wagner Museum Universität Würzburg die Ausstellung „Der Arbeit die Schönheit geben.“ Im Kern speist sie sich aus eigenen Beständen, ergänzt durch internationale Leihgaben.

Bis Ende Januar 2021 sind insgesamt 105 Werke zu sehen. Präsentiert werden Zeichnungen, Radierungen und Gemälde Tiepolos aus dem Besitz des Universitätsmuseums, dazu zahlreiche Blätter aus seinem unmittelbaren Wirkungskreis: Merkskizzen seiner Söhne Giandomenico und Lorenzo ebenso wie Pauskopien seines wichtigsten Mitarbeiters Georg Anton Urlaub.

Wie der Ästhetik das Handwerk zugrunde liegt

„Auf diese Weise wird die Würzburger Werkstatt des genialen Venezianers zu neuem Leben erweckt“, freut sich Direktor Dombrowski, der auch Professor für Kunstgeschichte ist – und erklärt das Zustandekommen des ungewöhnlichen Ausstellungstitels: Im Mai 1750 erfuhr Fürstbischof Greiffenclau, dass der begehrteste Maler seiner Epoche das Angebot aus Würzburg angenommen hatte. Dort sollte Tiepolo, so die Hoffnung Greiffenclaus, »nach seiner gerühmten stärcke der arbeit die schönheit geben«. In der Ausstellung wird veranschaulicht, wie der Schönheit die Arbeit vorausgeht, wie der Ästhetik das Handwerk zugrunde liegt, wie das Funktionieren einer Werkstatt die Voraussetzung für das Gelingen des perfekten Kunstwerks ist.

„Dieser Zusammenhang wird besonders eindrücklich am Medium der Zeichnung ablesbar“, erläutert Dombrowski: „Es verspricht eine intimere Annäherung an den Künstler als das berauschende Erlebnis von Treppenhaus und Kaisersaal. Die unmittelbare Nachbarschaft des Universitätsmuseums zu Tiepolos Wand- und Deckengemälden erlaubt zugleich Nah- und Fernsicht auf den Künstler. Daraus ergibt sich ein vollständigeres Bild der Künstlerpersönlichkeit als aus der exklusiven Betrachtung von Malerei oder Zeichnung.“

Projektmitarbeiterin Aylin Uluçam ergänzt: „Vor allem wird deutlich, wie sehr das Zeichnerische die Malerei Tiepolos beherrscht, in den Fresken genauso wie in den Staffeleibildern kleineren Formats.“

Hommage an Tiepolos Interpreten Hetzer

Diesem Wesenszug in der Kunst Tiepolos hat sich der Kunstgelehrte Theodor Hetzer (1890-1946) intensiv gewidmet. Hetzer ist dem Würzburger Institut für Kunstgeschichte in mehrfacher Hinsicht verbunden; dort werden auch die Originalaufnahmen aufbewahrt, die für sein Buch „Die Fresken Tiepolos in der Würzburger Residenz“ angefertigt wurden.

Diese Fotografien werden die Besuchenden auf dem Weg in die Ausstellung in Form einer Intervention zu Gesicht bekommen. So wird der Hommage an Tiepolo eine Hommage an seinen vielleicht tiefsinnigsten Interpreten integriert.

Tiepolos Werkstatt in neun Kapiteln

Die Ausstellung gliedert sich in neun Kapitel. Zunächst wird über eine Porträtgalerie das Milieu der Hofkünstler erkundet, das Tiepolo in Würzburg antraf (Kapitel 1). Eine Reihe von Archivalien dokumentiert und konkretisiert sein Leben und Wirken am fürstbischöflichen Hof (Kapitel 2). Eine Rückblende klärt darüber auf, warum die Fresken im Palazzo Labia zu Venedig die ›Generalprobe‹ für die Ausmalung des Würzburger Kaisersaals waren (Kapitel 3).

Die großen Dekorationen der Würzburger Residenz werden anhand von Entwürfen und Arbeitsskizzen behandelt (Kapitel 4), bevor die Aufmerksamkeit auf die Zeichenpraxis der Würzburger Tiepolo-Werkstatt gelenkt wird (Kapitel 5). Die individuelle Schaffensweise des Meisters wird in zwei Aspekten nahegebracht: Zum einen wird das Phänomen der „Pendantgemälde“ an Beispielen aus den Themenkreisen Geschichte, Dichtung und Religion aufgezeigt (Kapitel 6). Zum anderen wird Tiepolo als Meisterzeichner gewürdigt, in seiner technischen Virtuosität ebenso wie in seiner stilistischen Bandbreite und seiner voraussetzungslosen Freiheit (Kapitel 7).

Eine Begegnung mit den „abgründigen“ Seiten dieser scheinbar so heiteren Kunst erlauben die Radierungsfolgen der Capricci und Scherzi, die auch in den Würzburger Fresken ihre Spuren hinterlassen haben (Kapitel 8). Auffallend häufig haben sich Vater und Sohn Tiepolo dem Thema „Flucht nach Ägypten“ gewidmet; anhand von Zeichnungen und Radierungen wird danach gefragt, ob die Erfahrung der Fremde zu diesem Schwerpunkt beigetragen hat (Kapitel 9).

Katalog im Deutschen Kunstverlag

Der Katalog zur Ausstellung enthält 330 farbige Abbildungen. Viele Objekte werden zum ersten Mal überhaupt oder zum ersten Mal außerhalb der reinen Spezialliteratur illustriert und in wissenschaftlich fundierten Texten erklärt, die ebenfalls mit zahlreichen Vergleichsabbildungen versehen sind. Das 314-seitige Buch erscheint im Deutschen Kunstverlag zum Preis von 39,90 Euro.

Der Arbeit die Schönheit geben. Tiepolo und seine Werkstatt in Würzburg

31.10.2020 – 31.01.2021
Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg, Gemäldegalerie,
Residenz Würzburg, Südflügel, 2. Stock

Coronabedingt geschlossen bis 30. November 2020

Ab 1. Dezember 2020:
Dienstag bis Samstag 10 bis 13.30 Uhr
Sonntag 10 bis 13.30 Uhr (14-täglich, im Wechsel mit der Antikensammlung)
Montag geschlossen

Eintritt: 9 Euro, ermäßigt: 5 Euro

Hinweise zur Ausstellung

Weitere Bilder

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