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Tiepolo, eine Epoche für sich

17.05.2022

Ein internationales Symposium erforscht und würdigt den venezianischen Jahrhundertmaler Giambattista Tiepolo. Mit stilistischen Kategorien lässt sich seine Modernität nicht fassen.

Giambattista Tiepolo (links) in Arbeitstracht und sein Sohn Giandomenico mit Stutzperücke. Der Bildausschnitt stammt aus Tiepolos Treppenhausfresko in der Würzburger Residenz.
Giambattista Tiepolo (links) in Arbeitstracht und sein Sohn Giandomenico mit Stutzperücke. Der Bildausschnitt stammt aus Tiepolos Treppenhausfresko in der Würzburger Residenz. (Bild: André Mischke / Martin von Wagner Museum, Universität Würzburg)

Kein Zweifel: Giambattista Tiepolo ist in der kulturellen Identität Würzburgs so verankert wie sonst nur Tilman Riemenschneider oder Balthasar Neumann. Das Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg hat 2020/21, zu Tiepolos 250. Todesjahr, die große Sonderausstellung „Der Arbeit die Schönheit geben | Tiepolo und seine Werkstatt in Würzburg“ gezeigt.

Parallel zur Ausstellung sollte ein internationales Symposium führende Tiepolo-Forschende zusammenführen. Wegen des Corona-Infektionsgeschehens musste die Veranstaltung zweimal verschoben werden – doch vom 26. bis 29. Mai 2022 findet sie nun endlich statt.

Alle Vorträge sind öffentlich

Das Symposium „G. B. Tiepolo: Illusion und Irritation“ versammelt rund 25 Spezialistinnen und Spezialisten aus Deutschland, Italien, der Schweiz, Polen und England. Zum Konzept gehört, dass alle Vorträge öffentlich sind. Die Veranstalter hoffen, mit diesem für Würzburg so zentralen Thema ein breites Publikum zu erreichen, das auch mitdiskutieren soll.

Der Toscanasaal der Würzburger Residenz ist der ideale Ort dafür: Tiepolos Fresken im Kaisersaal und im Treppenhaus sind nur wenige Meter entfernt. Tiepolo war und ist ein Botschafter der italienischen Kultur. Das Generalkonsulat der Republik Italien hat daher die Schirmherrschaft über das Symposium übernommen.

Neue Perspektiven auf den berühmten Maler

Eröffnungsvortrag und Weinempfang durch die Stadt Würzburg bilden am Abend des 26. Mai den Auftakt. Am 27., 28. und 29. Mai werden Leben und Werk Tiepolos aus wechselnden Blickwinkeln unter die Lupe genommen. In fünf Sektionen sollen neue Perspektiven auf den gefragtesten Maler des 18. Jahrhunderts entwickelt werden: „Leben und Nachleben“, „Die Würzburger Fresken“, „Zeichnung und Druckgrafik“, „Tiepolos Erfindung“ und „Künstler des Umbruchs“.

Die meisten Vorträge werden in deutscher Sprache gehalten, einige auch auf Italienisch und Englisch. In den Pausen besteht Gelegenheit, mit den Referentinnen und Referenten ins Gespräch zu kommen.

Sonderveranstaltungen runden das Programm ab. Am Abend des 27. Mai wird der Pianist Michael Günther ein kommentiertes Konzert geben, das auf historischen Instrumenten einen Dialog zwischen den Künsten in Gang setzen soll: zwischen der Malerei Giambattista Tiepolos und der Musik des gleichaltrigen Würzburger Hofkomponisten Giovanni Benedetto Platti, der ebenfalls aus Venedig stammte.

Museum zeigt zwei rätselhafte Tiepolo-Gemälde

Während des gesamten Symposiums werden in der Gemäldegalerie des Martin von Wagner Museums zwei frisch restaurierte Gemälde Tiepolos nebeneinander präsentiert, die einige Rätsel aufgeben – es sind kaum zu unterscheidende Zwillingsbilder. Eines gehört dem Martin von Wagner Museum, eines kommt aus Privatbesitz. Beide Besitzer erhoffen sich durch die Gegenüberstellung neue Aufschlüsse über Zuschreibung, Datierung und die Mechanismen der Tiepolo-Werkstatt.

„Wissenschaftlich gesehen, ist Tiepolo ein weites Feld“, sagt Professor Damian Dombrowski. Er leitet die Neuere Abteilung des Martin von Wagner Museums und organisiert das Symposium zusammen mit der Tiepolo-Forscherin Aylin Uluçam. „Jedes Werk von Tiepolo ist aber auch ein ästhetischer Genuss; deshalb werden auch kunsthistorische Laien bei dieser Tagung auf ihre Kosten kommen.“

Schon bei den vielen Führungen durch die Tiepolo-Ausstellung sei ihm immer wieder aufgefallen, wie „modern“ den Besucherinnen und Besuchern die Ausdrucksweise des Venezianers vorgekommen sei, so Dombrowski. Und tatsächlich lasse sich die künstlerische Freiheit, die Tiepolo in Würzburg besonders ausleben konnte, als Modernität begreifen. „Aber was heißt das? Doch nur, dass es ab und zu Künstler gibt, die – wie Giotto oder Michelangelo – aus den stilistischen Bindungen ihrer Zeit heraustreten, die sozusagen eine Epoche für sich sind.“

Werke irritieren auch die Menschen von heute

Früher wurde Tiepolo vor allem als Barockmaler oder als Künstler des Rokoko wahrgenommen. In der neuesten Forschung werden diese festen Stilkategorien zunehmend in Frage gestellt. Jetzt werden stärker die „unentschiedenen“ Merkmale beachtet, in denen sich eine neue Zeit anzukündigen scheint.

So erklärt sich auch der Titel des Symposiums: Tiepolo scheint die Illusionskunst des barocken Zeitalters weiterzuführen, doch seine ambivalente Formensprache irritiert selbst die Menschen von heute. Dieser Faszination wird das Symposium über drei Tage hinweg nachgehen. Das Martin von Wagner Museum lädt alle Kunstinteressierten ein, sich bei dieser Gelegenheit von Tiepolo neu begeistern zu lassen.

Fakten zum Symposium

Internationales Symposium „G. B. Tiepolo: Illusion und Irritation“: 26. bis 29. Mai 2022, Toscanasaal der Würzburger Residenz (Südflügel, 2. Stock). Der Eintritt ist frei; die Veranstaltung wird durchgängig im Livestream übertragen.

Informationen im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg, T +49 931 31-82283, museum.na@uni-wuerzburg.de  

www.martinvonwagner-museum.com

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