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Kohlendioxid-Kompensation, Moore und Greenwashing

01.08.2023

Spannende Vorträge und Diskussionen zum Thema Kohlendioxid-Kompensation gab es beim ersten externen Vernetzungstreffen des Projektes REKLINEU.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des REKLINEU-Vernetzungstreffens.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des REKLINEU-Vernetzungstreffens. (Bild: Sandra Eckardt / Universität Würzburg)

Der Forschungsverbund REKLINEU „Regionale Wege zu klimaneutralen Hochschulen“ ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Verbundprojekt der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Ziel der gemeinsamen Forschungen ist die Bestandsaufnahme heutiger Kohlendioxid (CO₂)-Emissionen und deren zukünftige Vermeidung, Reduktion und Kompensation im Hochschulumfeld.

Hochschulen tragen als öffentliche Einrichtungen und Akteure der Wissensproduktion und -vermittlung eine besondere Verantwortung für die aktive Gestaltung von Nachhaltigkeitsprozessen und insbesondere hinsichtlich der weitreichenden und dringlichen Herausforderungen des Klimawandels. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei auch der Austausch und das Vernetzen mit den regionalen Partnerinnen und Partnern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.

Die Vernetzung, der Austausch von Ideen, aber auch die kritische Reflexion von CO₂-Kompensation und Greenwashing sowie das Binden von CO₂ mit natürlichen und technischen Möglichkeiten standen im Fokus des Vernetzungstreffens.

Anja Schlömerkemper, Sprecherin von REKLINEU und JMU-Vizepräsidentin für Chancengleichheit, Karriereplanung und Nachhaltigkeit, gab zunächst einen Einblick in die Ziele, das Arbeitsprogramm und die Forschungsfragen von REKLINEU:

  • Wie lässt sich der CO₂-Fußabdruck einer Hochschule erfassen und wie lassen sich daraus Strategien zur Senkung des CO₂-Ausstoßes ableiten?
  • Welche Maßnahmen und Strategien auf dem Hochschulcampus und in regionalen Ländereien (Wald, Acker, Moor) können zum Erreichen des Ziels einer klimaneutralen Hochschule beitragen?
  • Wie lässt sich dabei eine wissensbasierte und partizipativ ausgerichtete Kultur der Nachhaltigkeit am besten dauerhaft etablieren und gestalten?

Die Diskussion wurde durch zwei Impulsvorträge von Matthias Drösler (HSWT) und Harald Bolsinger (THWS) in Gang gesetzt. In einer Podiumsdiskussion unter der Moderation von Isabel Feichtner (JMU) wurden die folgenden Fragen unter den Panel-Teilnehmenden und dem Publikum erörtert:

  • Was kann als dauerhafte Kompensation angesehen werden?
  • Was sind Fragen und Aufgaben an die Praxis oder die Politik?

Am Panel nahmen Patrick Friedl (MdL, Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung), Roland Geres (Geschäftsführer Future Camp München), Ulrich Müller-Steinfahrt (THWS) und Susanne Veldung (Faber Castell) teil.

Moore als Kohlendioxid-Senken

In seinem Impulsvortrag zur CO₂-Kompensation und einer Gesamteinschätzung des Maßnahmenvergleichs von CO₂-Emissionszertifikaten gab Matthias Drösler einen Einblick in die aktuellen Forschungsergebnisse und zeigte das Potential von Mooren als CO₂-Senken. Dabei wurde gezeigt, dass Moore und insbesondere die CO₂-neutrale Nutzung durch Paludikulturen als erhebliche CO₂-Senke fungieren können, da diese eine moorschonende, standortangepasste Nutzungsalternative darstellen, die auch mit einer Teil- oder Wiedervernässung kombiniert werden kann.

Patrick Friedl nahm eine breitere Perspektive ein und knüpfte an den Impulsvortrag von Mooren als CO2-Senken an. Insgesamt sei Naturerhaltung wichtiger als CO₂-Kompensation, wobei natürliche statt technische Lösungen zur CO₂-Reduzierung vielversprechend und als nachhaltig anzusehen seien. Die Klimaüberhitzung führe zu einer zusätzlichen Belastung für empfindliche Arten und Ökosysteme, vorwiegend auch in Feuchtgebieten und Mooren. Daher sei gerade auch der Schutz von Mooren zur CO₂-Speicherung, aber eben auch wegen der Naturerhaltung essenziell, benötige aber entsprechende Wiedervernässung von Moorstandorten. „Aus meiner Sicht ist entscheidend, dass wir unsere Anstrengungen darauf fokussieren, die CO2-Emissionen in erster Linie zu verringern und natürliche CO2-Senken zu stärken. Technische Lösungen können allenfalls eine Ergänzung sein, wenn es um übrig gebliebene unvermeidbare Restemissionen geht, wobei sie einer umfassenden Technikfolgenabschätzung bedürfen. Das Einsparen von CO2-Emissionen und die Stärkung natürlicher CO2-Senken wie Moore und Wälder müssen stets Vorrang vor einer nachträglichen technischen Lösung zur Abscheidung und Speicherung von CO2 haben.“

CO₂-Kompensation und Greenwashing

Harald Bolsinger betrachtete in seinem Impulsvortrag den Grad zwischen CO₂-Kompensation und Greenwashing: „Umsteuern erfordert zuallererst CO₂-Reduktion und Vermeidung. Erst am Ende dieses Potentials steht die Kompensation. Dann aber zielführend, klar, wissenschaftlich fundiert und nicht als isolierte Marketingaussage für eine stetig zunehmende Zielgruppe umweltbewusster Menschen!" Dabei adressierte er insbesondere auch die Regionalität, die zentraler Bestandteil von REKLINEU ist: „Als wissenschaftliche Speerspitze der Bildung müssen wir zeigen, wie eine lebensdienliche Transformation im Nexus einer Vielzahl von Nachhaltigkeitsaspekten wirklich gelingen kann. Das beginnt vor Ort und multipliziert regionale Vorteile. Darum fangen wir hier bei uns an.“

Dazu meinte Roland Geres: „Es ist sowohl lang- wie kurzfristig äußerst sinnvoll, möglichst viele Projekte zum Erhalt und Aufbau von Senken umzusetzen. Freiwillige Beiträge können dazu einen erheblichen Beitrag leisten. Auch wenn diese alleine sicher nicht ausreichen, können sie sofort angegangen werden, anstatt auf die perfekte Regulierung zu warten. Die erforderlichen Methoden sind auch für regionale Projekte verfügbar.”

Ulrich Müller-Steinfahrt diskutierte die Thematik zur Kompensation bzw. Greenwashing aus Sicht von Unternehmen, speziell aus der Logistik. Dabei stellte er fest: „Wenn man etwas verändern will, muss ich es kennen und messen können. Dafür gibt es bislang keinerlei Normen oder Standards. Über Zertifikate ausgleichen sollte man nur das, was man wirklich nicht mehr selbst reduzieren kann. Zertifikat ist nicht gleich Zertifikat. Und mit steigendem Bedarf sind immer mehr halbseidene Anbieter am Start. Hier sollte man genau hinschauen!“ Dabei wurden auch Alternativen zu den herkömmlichen Zertifikaten aufgezeigt, z.B. stattdessen in technologische Entwicklungen zu investieren, die helfen, nachhaltiger zu arbeiten.

Susanne Veldung erklärte, dass zunächst eine solide Erfassung der CO2-Emissionen unabdingbar ist, es dabei aber auch klare Regeln und Standards für Klimamanagement braucht. Nur so könnten CO2-Absenkpfade eindeutig ermittelt und konsequent verfolgt werden. Zudem benötigt die Entwicklung einer langfristigen und sinnvollen Strategie zum Klimamanagement in Unternehmen Zeit und Expertise.

In der regen Diskussion zeigte sich insbesondere, dass REKLINEU mit seinem Ansatz auf dem richtigen Weg ist, um langfristig die eigens gesteckten Ziele zu erreichen und insbesondere CO₂-Kompensation, Vermeidung, Reduktion, Senken voranzutreiben.

Weblink

Verbundprojekt REKLINEU: https://reklineu.de/

Von Tobias Hoßfeld / Anja Schlömerkemper

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