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Recht auf Berufliche Bildung, auch bei Behinderung

26.06.2018

Eine Studie an der Universität Würzburg beschäftigt sich mit Beruflicher Bildung in Werkstätten für behinderte Menschen. Das Forschungsteam evaluiert die Qualifizierung in bundesweit 20 Werkstätten.

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Mit dem Projekt EVABI will das Würzburger Team die Lehr- und Lernprozesse in Werkstätten für Menschen mit Behinderung analysieren. (V. l.) Andrea Stratmann (stellvertretende Vorsitzende der BAG WfbM), Kathrin Völker (Geschäftsführerin der BAG WfbM), Roland Stein, Anna Riedl, Hans-Walter Kranert. (Foto: privat)

„Jeder Mensch hat ein Recht auf Bildung“ – ob er krank, gesund, körperlich oder geistig beeinträchtigt oder nicht beeinträchtigt ist. So steht es im Artikel 26 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, welche die Vereinten Nationen (UN) 1948 verabschiedet haben.

Menschen mit Behinderung soll eine individualisierte, berufliche Bildung ermöglicht werden, die zugleich an anerkannte Ausbildungen angelehnt ist. Außerdem sollen die Bildungsleistungen überregional vergleichbar sein. So sehen es die harmonisierten Bildungsrahmenpläne der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) vor, welche auf Grundlage des Fachkonzeptes der Bundesagentur für Arbeit entwickelt wurden.

Forschende des Instituts für Sonderpädagogik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) untersuchen die Realisation Beruflicher Bildung auf Basis harmonisierter Bildungsrahmenpläne. Initiiert hat die bundesweite Studie die BAG WfbM. Das Projekt trägt den Titel „Evaluation harmonisierter Bildungsrahmenpläne in der Beruflichen Bildung von Werkstätten für behinderte Menschen“ – kurz: EVABI. „Die Bundesarbeitsgemeinschaft ist auf uns zugekommen, weil wir schon mehrere Projekte im Bereich der beruflichen Bildung von Menschen mit Behinderung durchgeführt haben“, sagt Professor Roland Stein, Projektleiter und Leiter des Lehrstuhls für Sonderpädagogik V – Pädagogik bei Verhaltensstörungen an der JMU.

Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen

„Zunächst geht es um die Analyse, wie Lehr- und Lernprozesse in den Werkstätten gestaltet werden“, sagt Hans-Walter Kranert, stellvertretender Leiter des Projekts. „Was daraus folgt, ob wir Kritik üben, Empfehlungen geben oder ob wir herausfinden, dass die Werkstätten gut aufgestellt sind, werden wir am Ergebnis sehen.“

Durch die Studie bekommt das Forschungsteam unter anderem ein Bild von der Zielgruppe in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. „Beschäftigte in den Werkstätten sind keine homogene Gruppe“, erklärt Kranert. In den Werkstätten arbeiten Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, aber mehr und mehr auch Menschen mit psychischen Erkrankungen. Laut Stein sind inzwischen rund 20 Prozent der Beschäftigten in den Werkstätten psychisch erkrankt. Einige könnten durchaus das Abitur schaffen oder studieren, würden aber durch ihre Krankheit, die mitunter mit Höhen und Tiefen einhergeht, ausgebremst. „Das Ziel ist hier mehr quantitativ zu sehen, nämlich: Welche Prozesse führen zum höchstmöglichen Abschluss?“

Insgesamt nehmen 20 Werkstätten an der Studie teil. 15 davon arbeiten mit den harmonisierten Bildungsrahmenplänen, die fünf weiteren Werkstätten mit anderen Bildungskonzepten. Einen verbindlichen, bundesweit vorgegebenen „Lehrplan“ gibt es für die berufliche Bildung dieser Menschen mit Beeinträchtigung nicht.

Zwei Erhebungen

Doch wer entscheidet dann, was die Menschen lernen sollen? „Das wird in den Werkstätten entschieden. Aber wir wollen das noch genauer wissen: Wer legt das fest und wer begleitet die Lernprozesse? Wer beschließt, welche Berufe dort erlernt werden?“, sagt Anna Riedl. Sie ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin. Für die Studie werden Beschäftigte der Werkstätten sowie Werkstätten- und Gruppenleiter befragt. „Wir haben uns bewusst dazu entschieden, jede Werkstatt komplett in den Blick zu nehmen“, sagt Kranert.

Für die Befragung der Teilnehmenden entwickelt Anna Riedl Erhebungsinstrumente. „Aufgrund der unterschiedlichen Niveaus, die die Teilnehmenden haben, müssen wir sehr genau schauen, dass jeder die Fragen beantworten kann“, erklärt sie. „Wir können leider nicht in alle Werkstätten gehen und die Befragung selbst durchführen“, sagt Riedl. „Vielleicht ist das aber auch ein Vorteil, denn die Koordinatoren sind für die Teilnehmenden bekannte Menschen.“ Das könne die Befragung erleichtern. Die Studie läuft bis Ende 2019 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Kontakt

Anna Riedl, Lehrstuhl für Sonderpädagogik V - Pädagogik bei Verhaltensstörungen, T.: +49 931 31-86698, evabi@uni-wuerzburg.de

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Von Corinna Russow

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