Intern
  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Neuer Zusammenhang beim Fibromyalgie-Syndrom

03.12.2019

Die Forschungsgruppe um Nurcan Üçeyler an der Neurologischen Klinik konnte zeigen, dass die Ausprägung der Beschwerden beim Fibromyalgie-Syndrom wohl mit dem Ausmaß der Schädigung der Hautnerven zusammenhängt.

Mittels Stanzbiopsie gewonnene Hautproben von Patientinnen mit Fibromyalgie-Syndrom können eine normale Innervation aufweisen (links) oder die intraepidermale Nervenfaserdichte kann reduziert sein (Mitte). Im Vergleich rechts die Hautprobe einer gesunden Kontrollperson. Die Pfeile deuten auf intraepidermale Nervenfasern.
Mittels Stanzbiopsie gewonnene Hautproben von Patientinnen mit Fibromyalgie-Syndrom können eine normale Innervation aufweisen (links) oder die intraepidermale Nervenfaserdichte kann reduziert sein (Mitte). Im Vergleich rechts die Hautprobe einer gesunden Kontrollperson. Die Pfeile deuten auf intraepidermale Nervenfasern. (Bild: Nurcan Üçeyler / Universitätsklinikum Würzburg)

Das Fibromyalgie-Syndrom (FMS) ist ein chronisches Schmerzsyndrom mit tiefempfundenen Schmerzen und regelmäßig begleitenden Beschwerden wie Schlafstörung oder Depressionen. „Trotz intensiver Forschung ist die Ursache des FMS weiterhin unklar. Es fehlen objektive Biomarker zur Diagnostik und die Therapie der vielfältigen Symptome ist meist eine Herausforderung“, berichtet Professorin Nurcan Üçeyler von der Neurologischen Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW).

2013 war sie bereits bei der Vorgängerstudie federführend beteiligt, als es dem damaligen Forschungsteam erstmals gelang, eine Schädigung im Bereich der kleinen Nervenfasern – den sogenannten Small Fibers – bei Subgruppen von Patienten mit FMS nachzuweisen, was in der Fachwelt einen Paradigmenwechsel einläutete.

Jetzt, sechs Jahre später, legte das Würzburger Team eine Nachfolgestudie vor, in der nicht nur die Befunde der ersten Studie an einer fast fünfmal so großen Patientenkohorte bestätigt und erweitert wurden, sondern auch Hinweise auf eine mögliche Assoziation der Hautinnervation mit der Symptomschwere beim FMS gefunden wurden. Die Studie erschien in der Oktober-Ausgabe 2019 der Fachzeitschrift Annals of Neurology.

Deutliche Zeichen

Small Fibers sind unter anderem zuständig für die Wahrnehmung von Schmerz, Temperatur, Juckreiz und angenehme Berührung. Ihre Enden liegen in der Haut, wo sie mittels spezieller Testverfahren auf verschiedenen Ebenen untersucht werden können. Auf diese Fasern konzentrierte sich das UKW-Forschungsteam, um mögliche Mechanismen der Schmerzentstehung beim FMS aufzudecken.

Mit Erfolg: Das Team konnten zeigen, dass Subgruppen von FMS-Patientinnen deutliche Zeichen einer Schädigung der Small Fibers aufweisen und dass stärkere FMS-Beschwerden mit einer ausgeprägteren Hautdenervierung assoziiert sind.

Studie mit 117 FMS-Patientinnen

An der Studie waren neben der Neurologischen Klinik auch die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie sowie die Augenklinik des UKW beteiligt. Internationale Kollaborationspartner des von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung geförderten Projekts kamen aus Spanien und Katar. Es wurden 117 FMS-Patientinnen untersucht, die klinisch phänotypisiert wurden. Zur Testung der kleinkalibrigen Nervenfasern und ihrer Bahnen kamen fünf Untersuchungsverfahren zum Einsatz. Die Daten wurden mit denjenigen von Patientinnen mit einer Depression und Körperschmerzen sowie mit gesunden Kontrollgruppen verglichen.

Die Studie zeigt, dass sich FMS-Patientinnen in den durchgeführten Tests erstens von Gesunden, zweitens aber auch deutlich von Frauen mit einer Depression und Schmerzen unterscheiden, was die Abgrenzung des FMS von der Depression mit somatoformen Symptomen unterstützt. Die Reduktion der intraepidermalen Nervenfaserdichte war in Subgruppen von Patientinnen mit FMS ebenfalls unterschiedlich. Frauen mit generalisierter Reduktion der Hautinnervation waren besonders stark von FMS-Symptomen betroffen und hatten eine höhere Schmerzintensität, ausgeprägtere Beeinträchtigungen im Alltagsleben und häufiger Angst als Persönlichkeitsmerkmal.

Weiterer Schritt zur Aufklärung

„Auch wenn weiterhin nicht bekannt ist, wie und warum es zu einer Schädigung der kleinen Nervenfasern kommt und die Daten noch keine Relevanz für die Diagnostik oder Therapie beim FMS haben, ist die Studie doch ein weiterer Schritt, um die Pathophysiologie des FMS aufzuklären und um Subgruppen zu identifizieren, die möglicherweise von unterschiedlichen Therapieansätzen profitieren werden“, fasst Üçeyler zusammen.

Zurück