Intern
  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Mobbing – Reden statt Rechtsstreit

04.12.2018

„Mobbing am Arbeitsplatz – Erscheinungsformen und Handlungsempfehlungen“: Das war das Thema der Auftaktveranstaltung einer Vortragsreihe für Führungskräfte und Beschäftigte der Uni, zu der die Konfliktberatung eingeladen hatte.

Logo der Konfliktberatung
Logo der Konfliktberatung (Bild: Konfliktberatung/Uni Würzburg)

Mobbing ist ein Thema, das die Menschen beschäftigt und bewegt! Dafür spricht zumindest die Tatsache, dass der Hörsaal bei der Auftaktveranstaltung der neuen Vortragsreihe „Konfliktmanagement“ mit einem Vortrag zum Thema „Mobbing am Arbeitsplatz“ gut gefüllt war.

Was genau versteht man heute in der Arbeitswelt unter dem Begriff Mobbing? Welches Verhalten ist noch sozial angemessen, bei welchen Handlungen ist die Grenze zum Mobbing überschritten? Antworten auf diese und weitere Fragen gab Professor Eric Hilgendorf, Leiter des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der JMU, in seinem Vortrag. Zuvor hatte allerdings Vizepräsidentin Andrea Szczesny in ihrer Begrüßung erläutert, woher der Begriff „Mobbing“ ursprünglich stammt.

Eine Beobachtung aus der Tierwelt stand Pate

Abgeleitet aus dem englischen Wort „Mob“ soll er erstmals im Jahr 1963 aufgetaucht sein, als der Verhaltensforscher Konrad Lorenz eine Szene aus dem Tierreich mit dem Begriff „Mobbing“ beschrieb. Konrad hatte beobachtet, wie Gänse den Angriff eines wesentlich stärkeren Fuchses abwehrten, indem sie gemeinsam als Gruppe gegen ihn auftraten. Aus dieser ursprünglich positiv besetzten Beobachtung heraus bildete sich schon bald die Bezeichnung für ein umgekehrtes soziales Phänomen: den Angriff Mehrerer gegen eine als unterlegen empfundene Person.

Bereits am Anfang seines Vortrages machte Hilgendorf deutlich, dass das Thema facettenreich und die Frage, was von Seiten der Betroffenen und der Führungskräfte zu tun ist, nicht einfach zu beantworten ist. Rechtlich bindende Vorschriften zum Umgang mit Mobbing von Seiten der Organisation sind nach Hilgendorfs Meinung allerdings keine Lösung. Seiner Meinung nach müsse in jedem Einzelfall die Faktenlage eingehend geklärt werden. Hilgendorf riet dazu, erst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor rechtliche Maßnahmen ergriffen werden – von einem Gespräch mit der mobbenden Person, über die Suche nach Unterstützung im Kollegenkreis bis hin zum Einschreiten der Führungskraft.

Einen Mobbingvorwurf zu ignorieren: Davon hält Hilgendorf nichts. Selbst wenn sich herauskristallisiere, dass ein bestimmtes Ereignis kein „echtes“ Mobbing war, bleibe die Tatsache, dass der oder die Betroffene sich subjektiv in Not fühlt, unter der Situation leidet und damit die Führungskraft in der Verantwortung steht, unterstützend einzugreifen. Doch nicht jede Führungskraft ist auf solch eine Situation gut vorbereitet. Gerade Professorinnen und Professoren kämen im Laufe ihrer akademischen Karriere nur wenig mit diesem Thema in Berührung, wie Hilgendorf selbst erleben musste. Hier sehe er deshalb großen Entwicklungsbedarf.

Soziale Medien verschärfen das Problem

Nicht grüßen, bei den Kollegen schlecht über einen Dritten reden: Die klassischen Formen des Mobbings haben mittlerweile in Form der Sozialen Medien einen gewaltigen Verstärkerraum erhalten. Dies sei allerdings ein Bereich, der Führungskräften und anderen Außenstehenden oft lange verborgen bliebe. Gleichzeitig sei das Mobbing dort dazu in der Lage, den Betroffenen ungleich größeres seelisches Leid zuzufügen, warnte Hilgendorf.

Der Strafrechtsexperte betonte in seinem Vortrag die besondere Wichtigkeit niederschwelliger Beratungsangebote, damit Betroffene die Möglichkeit haben, sich möglichst frühzeitig Hilfe holen. Dies könne verhindern, dass die Situation sich verhärtet und es extrem schwierig wird, noch zu einer gütlichen Lösung zu kommen.

Diskussion mit Expertinnen und Experten

Im Anschluss an Hilgendorfs Vortrag hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer die Gelegenheit, Fragen an Expertinnen und Experten von innerhalb und außerhalb der Uni zu stellen. Dabei betonte Dr. Claudia Eilles-Matthiessen, Diplom-Psychologin und Referentin der Workshopreihe „Konfliktprävention“, dass auch Mobbingbetroffene noch Handlungsoptionen haben. Aus diesem Grund war es ihr auch wichtig, nicht vom „Mobbingopfer“ zu sprechen, sondern von den Betroffenen.

Die Leiterin der Konfliktberatungsstelle der Uni, Katja Beck-Doßler, führte aus, dass sich das Vorgehen bei Konflikten vom Vorgehen bei Mobbing zunächst kaum unterscheide: Jede und Jeder trage Verantwortung für sich selbst und solle sich deshalb möglichst frühzeitig vertrauliche Unterstützung holen. Führungskräfte stünden immer  in der Verantwortung, Mobbing-Vorwürfen nachzugehen.

Der Personalratsvorsitzende Joachim Gödel betonte die Wichtigkeit des Personalrats als Anlaufstelle im Konfliktmanagement. Diese Anlaufstellen stünden allen Beschäftigten offen: Führungskräften, Mobbing-Betroffenen und Mobbing-Bezichtigten.

Der stellvertretende Leiter der Personalabteilung, Thorsten Voll, führte aus, dass juristische Mittel immer erst dann angewendet werden sollten, wenn alle anderen Maßnahmen gescheitert sind, um eine langwierige und psychisch belastende Verhandlung zu vermeiden.

Die nächste Veranstaltung

Viele Besucherinnen und Besucher dieser Veranstaltung wollen lernen, schwierigen zwischenmenschlichen Situationen besser zu begegnen. Das ergibt die Auswertung der Evaluationsbögen, die die Besucher im Anschluss ausfüllen konnten. Dazu passt der nächste Vortrag dieser Veranstaltungsreihe. Dr. Claudia Eilles-Matthiessen wird am 2. April 2019 die nötigen Tools vermitteln: „Raus aus der Konflikt-Trance: Fünf Mini-Interventionen für Konfliktbetroffene“.

Über weitere Themenwünsche für zukünftige Veranstaltungen freut sich das Team des Konfliktmanagements. Kontakt: konfliktberatung@uni-wuerzburg.de

Zurück