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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Mehr Freiheit wäre wünschenswert

04.07.2017

Wie arbeitsfähig sind Absolventen? Über diese Frage diskutierten Studierende, Dozenten, Hochschulforscher und Wirtschaftsvertreter bei einer Veranstaltung im Rahmen der Career Week des Career Centres im Toscanasaal der Residenz.

Sie diskutierten über die Arbeitsfähigkeit heutiger Hochschulabsolventen (von links): Johannes Angenvoort, Axel Winkelmann, Moderatorin Barbara Berndt, Kolja Briedis, Jan Knauer und Studentin Jamila Hildenbrand. (Fotos: Universität Würzburg)
Sie diskutierten über die Arbeitsfähigkeit heutiger Hochschulabsolventen (von links): Johannes Angenvoort, Axel Winkelmann, Moderatorin Barbara Berndt, Kolja Briedis, Jan Knauer und Studentin Jamila Hildenbrand. (Fotos: Universität Würzburg)

Klares Ergebnis der Diskussion: Eklatante Probleme mit der sogenannten „Employability“ gibt es nicht. Doch in Bezug auf manche Kompetenzen schneiden Bachelor- und Masterstudierende heute schlechter ab als junge Leute in einstigen Diplom- und Magisterstudiengängen. Was daran liegt, dass das Studium im Vergleich zu früher heute stark strukturiert und verschult ist.

„Durch die Verschulung ist die Kompetenz verloren gegangen, sich Neues zu überlegen“, konstatierte Johannes Angenvoort, Geschäftsführer des Würzburger Unternehmens Garmin. Dies erlebe seine Firma vor allem bei der Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten. Bei der Entwicklung neuer Produkte sei es jedoch nicht damit getan, nach Informationen zu googeln: „Es geht darum, aus verschiedenen Infos wirklich etwas Neues zu entwickeln.“

Begeisterungsfähigkeit ist gesucht

Angenvoort plädierte dafür, neben dem Studium möglichst viel zu machen, um das, was theoretisch gelernt wurde, praktisch umzusetzen. „Ob das geschehen ist, darauf achten wir bei Vorstellungsgesprächen sehr stark“, so der Garmin-Chef. Wichtig sei außerdem, „mit Herzblut“ zu studieren: „Wir schauen, wie viel Begeisterungsfähigkeit ein Bewerber mitbringt, denn wir brauchen niemand, der um fünf Uhr den Stift weglegt.“

Eine Chance erhält bei Garmin, wer deutlich macht, dass er „Themen voranbringen“ möchte. Was heute immer im Team geschehe. „Den einzelnen Bastler im Kämmerchen gibt’s nicht mehr, dafür sind die Probleme, die wir zu lösen haben, viel zu komplex“, so Angenvoort.

Freiräume im Studium nutzen

Ein Wunsch verband alle Diskutanten: Das Studium sollte wieder freier werden. „Wir sollten in Zukunft mehr Freiräume schaffen und es den Studierenden ermöglichen, sie auch zu nutzen“, forderte Kolja Briedis vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Der Pädagoge, der die Diskussionsveranstaltung mit einem Impulsvortrag eröffnete, ermunterte die anwesenden Studierenden außerdem, sich nicht darauf zu fixieren, das Studium in der Idealzeit zu absolvieren. „Unsere Untersuchungen belegen, dass es kein Problem ist, sich ein Semester lang Zeit zu lassen, um einmal links und rechts über den Tellerrand zu schauen“, so Briedis.

„Heute ist oft weder Zeit noch Raum vorhanden, sich neben dem Studium mit irgendetwas anderem zu befassen“, bedauerte Jamila Hildenbrand, die in Würzburg Psychologie auf Master studiert. Auch Axel Winkelmann, Leiter des Würzburger Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik, betonte, dass die Verschulung des Studiums negative Effekte zeigt: „Zeitmanagement und Selbstorganisation kommen heute zu kurz.“ Durch intensive Projektarbeit versuche sein Lehrstuhl, hier gegenzusteuern.

Akademiker sind auch in Zukunft gesucht

Jan Knauer, Leiter des Projekts „Employability“ 
an der Universität Münster, sensibilisiert an seiner Hochschule Dozenten und Professoren, wie wichtig der Blick auf die künftige Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen ist. Den Studierenden müsse bewusst werden, welche Kompetenzen sie, gerade auch jenseits des Fachlichen, durch die einzelnen Lehrveranstaltungen und Lehrinhalte erwerben. Sie haben beispielsweise bewiesen, dass sie für sich Verantwortung übernehmen, die Initiative ergreifen oder flexibel sein können.

Die wenigsten Hochschullehrer kümmerten sich derzeit um die Frage nach dem Kompetenzerwerb. „Weshalb auch Studierende oft gar nicht genau wissen, was sie tatsächlich alles können“, so Knauer. Lehrende lernen deshalb in Münster, den Studierenden zu verdeutlichen, aus welchem Grund sie dies oder jenes in einem Seminar oder in einer Vorlesung machen sollen.

Die gute Nachricht war am Ende: Allen Prognosen zufolge werden Akademiker trotz Digitalisierung auch in Zukunft benötigt. Zwar werde es immer unwahrscheinlicher, dass jemand genau den Job, für den er sich ausbilden ließ, sein Leben lang machen wird. „Doch Akademiker haben Kreativität gelernt“, so Axel Winkelmann: „Das ist unser Riesenvorteil.“

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