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Kartellrecht in Kuala Lumpur

23.07.2019

Es war eine Premiere: Aktuelle Fragen des internationalen, insbesondere des malaysischen Kartellrechts standen im Mittelpunkt eines Symposiums in Malaysia. Mitorganisiert wurde das Treffen von Juristen der Uni Würzburg.

Malaysia ist für deutsche Unternehmen ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Sein Kartellrecht sollte für sie von Interesse sein. Mit dessen Details haben sich jetzt Vertreter der Uni Würzburg und aus Malaysia beschäftigt.
Malaysia ist für deutsche Unternehmen ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Sein Kartellrecht sollte für sie von Interesse sein. Mit dessen Details haben sich jetzt Vertreter der Uni Würzburg und aus Malaysia beschäftigt. (Bild: Malaysia Competition Commission (MyCC))

Haben sich die Mitglieder eines Verbands von Versicherungen in Malaysia mit den Besitzern von Autowerkstätten über Stundensätze und Ersatzteilpreise abgesprochen – und damit gegen das Kartellrecht verstoßen? Das klingt nach einer Frage, die jeden Juristen in Deutschland im Prinzip kalt lassen könnte. Näher rückt die Angelegenheit erst, wenn man weiß, dass zu den Mitgliedern des Verbandes auch Versicherungsunternehmen zählen, deren Muttergesellschaften in Deutschland beziehungsweise in Europa sitzen.

Unsicherheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen

Fragen des Kartellrechts waren Anfang Juli Thema eines Symposiums in Kuala Lumpur, das gemeinsam von der malaysischen Kartellbehörde, der Deutsch-Malaysischen Auslandshandelskammer sowie dem Lehrstuhl von Professor Florian Bien organisiert worden war. Bien hat an der Universität Würzburg den Lehrstuhl für Globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht inne; Kartellrecht ist einer seiner Schwerpunkte.

„Bei vielen kleineren und mittleren Unternehmen, die Tätigkeiten auf den malaysischen Märkten entfalten möchten, herrschen Unsicherheiten im Hinblick auf die anwendbaren rechtlichen Rahmenbedingungen sowie hinsichtlich möglicher Ansprechpartner aus der Anwaltschaft“, schildert Bien das Problem, vor dem deutsche Unternehmer stehen, die ins Ausland expandieren wollen. Verschärfend komme hinzu, dass diese Unternehmen selten über eigene Rechtsabteilung verfügen und sich gerne die zum Teil hohen Kosten umfassender anwaltlicher Beratung ersparen möchten.

Ein eingeschränktes Bewusstsein für Kartellrecht

„Gerade für solche Unternehmen ist Kartellrecht aber besonders relevant, da in Malaysia eine Vielzahl von Verbänden existiert, die neu in den Markt eintretende Unternehmen nicht selten intensiv um eine Mitgliedschaft bewerben“, ergänzt Dr. Björn Becker. Der ehemalige Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl von Professor Bien ist aktuell Referendar bei der Deutschen Auslandshandelskammer; über ihn kam der Kontakt nach Malaysia zustande. Was die wenigsten deutschen Unternehmer vermutlich wissen: „Bei vielen dieser Verbände herrscht selbst nur ein allenfalls eingeschränktes Bewusstsein für Kartellrecht“, sagt Becker. Dementsprechend habe die malaysische Wettbewerbskommission MyCC zahlreiche Verfahren eingeleitet, in denen es um kartellrechtswidrige Absprachen ging, die im Rahmen oder im weiteren Umfeld der Verbandsarbeit getroffen wurden.

„Malaysia ist für deutsche Unternehmen der verschiedensten Branchen ein attraktiver und wachsender Wirtschaftsstandort. Die Deutsch-Malaysische Auslandshandelskammer zählt inzwischen über 400 Mitgliedsunternehmen, darunter sowohl internationale Großkonzerne wie Mercedes oder Infineon als auch viele kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Wurzeln im deutschen Mittelstand haben“, erklärt Florian Bien. Seit 2012 verfüge das Land über ein Kartellrecht, das stark an den in der EU geltenden Regelungen orientiert ist. Die seit 2011 existierende Wettbewerbskommission forciere mittlerweile mit hohem Engagement die Durchsetzung des Kartellrechts in Malaysia.

Interesse an einer vertieften Partnerschaft

Das jetzt veranstaltete, erste Malaysian-German Symposium on Competition Law ist Ausdruck der Bestrebungen des Lehrstuhls von Florian Bien, verstärkt Partnerschaften im asiatischen Raum aufzubauen. Anlässlich der Reformbestrebungen im Bereich des malaysischen Kartellrechts hat er deshalb mit Hilfe der Deutschen Auslandshandelskammer sowie des Bundeskartellamts den Kontakt zur MyCC hergestellt. „Unser Ziel ist es, den Reformprozess in Malaysia von der gesetzgeberischen Tätigkeit bis zur konkreten Umsetzung zu begleiten“, so Bien.

Unterstützung erhielt der Jurist dabei vom Bayerischen Förderprogramm zur Anbahnung internationaler Forschungskooperationen (BayIntAn). Biens Hoffnung auf einen längerfristigen Austausch mit der MyCC scheint jedenfalls schon von Erfolg gekrönt zu sein: „Die MyCC hat im Anschluss an das Symposium ausdrücklich ihr Interesse bekundet, den Austausch mit der Universität Würzburg in regelmäßigen Abständen fortzusetzen“, sagt er.

Das Symposium

Das Malaysian-German Symposium on Competition Law fand am 4./5. Juli 2019 in Kuala Lumpur statt. Veranstalter waren die Malaysia Competition Commission (MyCC), der Lehrstuhl für globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und die Deutsch-Malaysische Industrie- und Handelskammer.

Am ersten Tag des Symposiums präsentierte die deutsche, von der Universität Würzburg entsandte Delegation ausgewählte Themen insbesondere aus der Perspektive des deutschen und europäischen Kartellrechts: Moritz Fischer stellte die Anforderungen des europäischen Kartellrechts an selektive Vertriebssysteme im Online-Handel vor. Argyro Triantafyllou sprach zu kartellrechtlichen Kronzeugenprogrammen im internationalen Kartellrecht. Dr. Björn Becker verglich die Entscheidungspraxis der EU-Kommission mit der der MyCC und ging hierbei insbesondere auf das Instrument der Zusagenentscheidungen ein. Markus Welzenbach thematisierte in seiner Präsentation Abhilfemaßnahmen in der Fusionskontrolle nach deutschem, französischem sowie europäischem Kartellrecht.

Am zweiten Tag gewährten Vertreter der MyCC einen tieferen Einblick in ihre Behörde. Anknüpfend an den Abschluss des ersten Tages wurde dabei intensiv über aktuell geplante Reformen im malaysischen Kartellrecht diskutiert. Den Abschluss des Symposiums bildete ein weiterer Vortrag von Dr. Björn Becker, der zu kartellrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit der Kammer- und Verbandsarbeit sprach und die besonderen Anforderungen an ein entsprechendes kartellrechtliches Compliance-Programm vorstellte.

Kontakt

Prof. Dr. Florian Bien, T: +49 931 31-85488, bien@jura.uni-wuerzburg.de

Homepage des Lehrstuhls

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