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Gendersternchen lassen an Frauen denken

22.03.2022

Das Gendersternchen führt nicht zu mehr Gerechtigkeit, wenn es darum geht, Männer und Frauen in Texten gleichermaßen zu nennen. Das zeigt eine Studie aus den Psychologischen Instituten der Unis Kassel und Würzburg.

Beim Gender-Sternchen denken Lesende eher, dass Frauen damit gemeint sind und nicht Männer.
Beim Gender-Sternchen denken Lesende eher, dass Frauen damit gemeint sind und nicht Männer. (Bild: Screenshot Pressestelle JMU)

Dieser Punkt ist klar: Ein Satz wie „189 Wirtschaftsprofessoren haben sich gemeinsam gegen die geplante Ausdehnung des Euro-Rettungsschirms ausgesprochen“ weckt bei den meisten Lesenden die Assoziation an eine große Gruppe von Männern. Dass zu den Professoren auch Professorinnen gehören, haben viele nicht auf dem Schirm. Das sogenannte „generische Maskulinum“ bewirkt also eine erhöhte Wahrnehmung von Männern. Die Wissenschaft spricht in diesem Fall von einem Male Bias.

Doch wie könnte eine Alternative aussehen, die für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgt? Das haben Psycholinguistinnen und -linguisten der Universitäten Kassel und Würzburg untersucht. Auf Würzburger Seite daran beteiligt waren Professor Fritz Strack, früherer Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie II, und die Doktorandin Bleen Abraham. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben sie jetzt in der Fachzeitschrift Journal of Language and Social Psychology veröffentlicht.

Studie an 600 Versuchspersonen

In seiner Studie hat das Team rund 600 Probandinnen und Probanden Sätze mit drei verschiedenen Genderformen vorgelegt. Mal war von „Autor*innen“, die Rede, dann nur von „Autoren“ sowie in der dritten Version von „Autorinnen und Autoren“.

Dabei zeigte sich: Auch das geschriebene Gender-Sternchen führt nicht dazu, dass Männer und Frauen vergleichbar stark wahrgenommen werden. Vielmehr denken Lesende in diesem Fall häufiger an Frauen als an Männer – aus dem Male Bias wird also ein Female Bias.

Annähernd Gleichberechtigung in der Wahrnehmung hat nur die konsequente Verwendung von jeweils der männlichen und der weiblichen Version zur Folge – wenn also beispielsweise durchgehend von „Professorinnen und Professoren“ die Rede ist.

Wie die Studie ablief

Im Rahmen der Studie mussten die Versuchspersonen zunächst Sätze über Personengruppen in jeweils einer der drei Varianten lesen – beispielsweise:

  • Die Autor*innen waren schon am Flughafen.
  • Die Autoren waren schon am Flughafen.
  • Die Autorinnen und Autoren waren schon am Flughafen.

Anschließend wurde ihnen ein zweiter Satz präsentiert, der eindeutig auf einen männlichen oder weiblichen Teil der Gruppe verwies:

  • Man konnte beobachten, dass einige der Männer erschöpft waren.
  • Man konnte beobachten, dass einige der Frauen erschöpft waren.

Aufgabe der Teilnehmenden war es dann zu entscheiden, ob der zweite Satz eine sinnvolle Fortsetzung des ersten Satzes ist. Aus der Geschwindigkeit, mit der diese Entscheidungen fielen, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ableiten, an welches Geschlecht die jeweilige Versuchsperson bei der Lektüre des ersten Satzes gedacht hatte.

Evidenz für den gesellschaftlichen Diskurs

Ergebnis: Wenn im ersten Satz die Genderstern-Form zu lesen war, wurde der zweite Satz schneller als zutreffend eingeordnet, wenn dort von Frauen und nicht von Männern die Rede war. Das zeigt, dass beim Lesen des Gendersterns Frauen stärker repräsentiert sind als Männer.

„Kognitionspsychologische Studien wie diese zeigen, wie genderbezogene Informationen von Lesenden tatsächlich verarbeitet werden“, betont Dr. Anita Körner, Erstautorin der Studie an der Uni Kassel und frühere Doktorandin bei Professor Strack. „Diese und ähnlich Forschung kann im gesellschaftlichen Diskurs helfen, evidenzbasiert zu entscheiden, welche Sprachformen zu einer Gleichbehandlung der Geschlechter beitragen können.“

„Alle Sprachformen haben ihre Vor- und Nachteile, so dass der soziale und sprachliche Kontext bei der Entscheidung berücksichtigt werden muss“, ergänzt Strack.

Originalpublikation

Gender Representations Elicited by the Gender Star Form. Anita Körner, Bleen Abraham, Ralf Rummer, Fritz Strack. Journal of Language and Social Psychology. https://doi.org/10.1177/0261927X221080181

Kontakt

Prof. Dr. Fritz Strack, Julius-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Psychologie II, strack@psychologie.uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch / Pressestelle Uni Kassel

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