Fast 200 Orchideen umgesiedelt
22.03.2022Bevor bei einem Bauprojekt auf dem Luitpold-Campus des Uniklinikums die Bagger rollen, wurden 191 Exemplare einer geschützten Orchideenart an einen anderen Standort verpflanzt.
Das Gebäude D20 des Universitätsklinikums Würzburg – die ehemalige Medizinische Klinik aus dem Jahr 1921 – soll ab Herbst 2022 umgebaut werden. Ziel ist es, nach der Fertigstellung das Institut für Anatomie und Zellbiologie aus der Würzburger Innenstadt auf den Luitpold-Campus im Stadtteil Grombühl zu verlagern.
Zum Umbau gehört der Abbruch des einstigen Zentrallabors der Klinik, das sich im Innenhof des Gebäudes befindet. Das Labor stammt aus den frühen 1980er-Jahren und liegt größtenteils unter der Erde. Ein Teil des Dachs dient als Parkplatz, der Rest ist begrünt.
Genau diese Grünfläche bietet offenbar seltenen Pflanzen eine gute Heimat. Vor etwa zwei Jahren teilte eine Ärztin des Klinikums dem für die Baumaßnahme verantwortlichen Staatlichen Bauamt Würzburg mit, dass sich unter den Pflanzen des Gründaches auch geschützte Orchideen befänden. Das Bauamt schaltete daraufhin die Diplom-Biologin Renate Ullrich vom Würzburger Umweltbüro Fabion ein. Und tatsächlich: Sie bestätigte ein Vorkommen der Orchideenart Bienenragwurz (Ophrys apifera).
Bienenragwurz ist stark gefährdet
„Die Bienenragwurz ist nach der Bundesartenschutzverordnung gesetzlich besonders geschützt. Die Rote Liste gefährdeter Gefäßpflanzen führt sie bayernweit als stark gefährdet und regional als gefährdet“, schildert Ullrich. „Eine Umsiedlung dieser Pflanzen vor Beginn der Baumaßnahme ist nach Gesetzeslage zwar nicht verpflichtend, aufgrund der starken Gefährdung und der großen Außenwirkung von Orchideen allerdings ratsam.“
Das Staatliche Bauamt Würzburg folgte diesem Rat. Es beauftragte die Biologin mit der Markierung der Orchideen. Ende Februar 2022 stattet sie jede der zu dieser Jahreszeit unscheinbaren Blattrosetten mit einem Holzstäbchen aus. Am Ende fanden sich auf dem rund 480 Quadratmeter großen Areal 191 der schützenswerten Pflanzen.
An geheimen Ersatzstandort verpflanzt
Mitte März 2022 rückten Beschäftigte eines Gartenbauunternehmens an. Sie gruben die Orchideen behutsam aus und pflanzten sie an einem speziell hergerichteten Ersatzstandort ein. „In den kommenden Monaten werden die Gärtnerinnen und Gärtner das Anwachsen durch eine extensive Pflege weiter unterstützen“, sagt Renate Ullrich.
Der neue Standort der Orchideen wird bewusst nicht veröffentlicht. Denn es gibt leider immer wieder Menschen, die geschützte wilde Orchideen ausgraben, um sie in ihren Garten zu setzen oder zu verkaufen.
Behutsamer Umgang auch mit der historischen Bausubstanz
Nach dem Abbruch des ehemaligen Zentrallabors werden im Innenhof zwei kleinere Gebäude für die Haustechnik des Anatomischen Instituts errichtet. Bei dem ansonsten denkmalgeschützten Gebäude D20 bleibt die historische Bausubstanz so weit wie möglich erhalten. Das betrifft vor allem die im Neobarock gestalteten Fassaden und die durch Jugendstilelemente geprägten Treppenhäuser.