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Emil Fischer: Die Bausteine der Natur entschlüsselt

16.07.2019

Vor 100 Jahren starb der Chemiker Emil Fischer. Für den Nobelpreisträger hatte Würzburg seine ganz eigenen Vorzüge, die ihn fast davon abhielten, nach Berlin zu ziehen. Noch heute hat sein Name in Würzburg eine große Bedeutung.

Emil Fischer erhielt 1902 den Nobelpreis für Chemie. Fischer starb im Jahre 1919.
Emil Fischer erhielt 1902 den Nobelpreis für Chemie. Fischer starb im Jahre 1919. (Bild: Universität Würzburg)

Ein Fellowship-Programm an der Fakultät für Chemie und Pharmazie schmückt sich mit seinem Namen, auch die Emil-Fischer-Straße am Campus Hubland Nord gedenkt ihm: Der bedeutende Chemiker Emil Fischer lehrte und forschte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Vor genau 100 Jahren starb der Nobelpreisträger, der nicht nur Glanzzeiten in seinem Leben hatte.

Der gebürtige Rheinländer Fischer machte 1869 sein Abitur in Bonn und begann auf Wunsch seines Vaters eine kaufmännische Lehre, die er jedoch recht schnell wieder abbrach. Laut Fischers Vater war der junge Emil „zum Kaufmann zu dumm, er soll studieren“. Geprägt von der väterlichen Färberei begann er ein Studium der Chemie, zunächst in Bonn und später in Straßburg. Hier wurde er auch Assistent des bekannten Chemikers und späteren Nobelpreisträgers Adolf von Baeyer, bei dem er 1874 promovierte. Damals ahnte er noch nicht, dass er selbst auf dem Weg zum Nobelpreis war. 1878 folgt die Habilitation und Professuren in München und Erlangen.

Zucker machte ihn weltberühmt

„Emil Fischer ist sicher einer der bedeutendsten Wissenschaftler aller Zeiten. Er hat die Bausteine der Natur, wie Proteine, Nukleinsäuren und Kohlenhydrate, partiell entschlüsselt und somit die Grundlagen der modernen Molekularbiologie geschaffen“, erklärt Jürgen Seibel, Professor am Institut für Organische Chemie der JMU.

Das Thema Zucker machte Fischer dann weltberühmt: Er war der erste Forscher, der Glucose synthetisieren konnte. Und bei seiner Forschung über chemische Strukturen von Naturstoffen, zum Beispiel Koffein, wies er nach, dass diese sich von einer stickstoffhaltigen Base mit bicyclischer Struktur ableiten. Diese nannte er Purine. Für seine Entdeckungen in den Zucker- und Purine-Gruppen wurde er schließlich 1902 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Doch das ist nicht alles: „Ebenso hat Fischer die Biokatalyse mit dem berühmten Schlüssel-Schloss-Prinzip konzipiert und Vorhersagen über deren Nutzung getätigt“, ergänzt Seibel. Das Prinzip beschreibt, dass zwei oder mehrere Strukturen zueinander passen müssen, um eine bestimmte biochemische Funktion erfüllen zu können. Die Katalyse besteht in einer chemischen Reaktion, bei der Enzyme als Katalysatoren dienen.

Würzburg hatte es ihm angetan

In Würzburg weilte Emil Fischer von 1885 bis 1892, als Leiter des chemischen Instituts. Hier heiratete er seine Ehefrau und bekam wenig später drei Söhne. Seine wichtigsten Arbeiten zum Thema Zucker tätigte Fischer an der JMU. Und neben seiner Forschung verewigte er sich auch durch die Mitplanung für den Neubau des chemischen Instituts am Pleicher Ring.

Besonders gefiel Fischer der kollegiale Umgang an der JMU, sowie die „freie, meist ganz ungeschminkte Äußerung der Meinungen“, wie er in seiner Biographie schrieb. Und auch die Stadt an sich hatte es ihm angetan: „Dass in Würzburg Fröhlichkeit und Humor blühten, war kein Wunder. Die freundliche Stadt mit dem prächtigen Schlosse, dem lieblichen Fluss, den schönen Glacis-Anlagen und den rebenbekränzten Bergen, die behagliche unterfränkische Bevölkerung und die alte Tradition des Krummstabes waren wohl geeignet, die an und für sich schon heitere Stimmung der akademischen Gesellschaft zu verstärken.“

1892 erreichte ihn der Ruf aus Berlin – der ihn „keinesfalls erfreut“ hatte. „Denn nun stand ich vor der Notwendigkeit, zwischen Würzburg, wo ich mich so glücklich fühlte, und Berlin, wovor mir graute, zu entscheiden. Mein Entschluss wäre rasch gefasst gewesen und zugunsten von Würzburg ausgefallen, wenn ich allein gestanden hätte und nur meinem Gefühl gefolgt wäre“, so Fischer. Doch letztlich überredeten ihn seine Frau, Kollegen und die Aussicht auf hohe Fördersummen zum Wechsel.

Vom „unseligen“ Weltkrieg

Heute ist Emil Fischer auch kritisch zu betrachten. Mit dem ersten Weltkrieg wurde der Chemiker, wie viele seiner Kollegen, ein Berater für das Militär, in diesem Fall bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe. Doch nach dem Tod zweier seiner Söhne war bei Fischer eine Ablehnung des wie er sagte „unseligen Krieges“ erkennbar. Im Juli 1919 erhielt Fischer die Nachricht, dass er an Krebs erkrankt sei – vermutlich wegen der chemischen Stoffe, mit denen er lange Zeit gearbeitet hatte. Nur kurz darauf, am 15. Juli, nahm er sich das Leben.

Für die JMU bleibt Fischer eine zentrale Figur: 2011 wurde an der Fakultät für Chemie und Pharmazie das Emil-Fischer-Fellowship-Programm eingeführt. Mit dem Programm wird herausragenden Nachwuchskräften, aktuell Dr. Clemens Grimm, Dr. Crispin Lichtenberg und Dr. Karl Mandel, frühe Unabhängigkeit in Forschung und Lehre gewährt. Und dass Fischers Arbeiten auch heute noch eine große Bedeutung spielen, betont auch Chemie-Professor Seibel: „Seine Arbeiten sind aktueller denn je. 2018 wurde Francis Arnold für die evolutive Entwicklung von Biokatalysatoren mit dem Nobelpreis der Chemie ausgezeichnet.“

 

Mehr Informationen über Emil Fischer gibt es hier im Universitäts-Archiv.

Von Kristian Lozina

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