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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Ein Wirkstoff gegen viele Leiden

30.10.2018

Kann ein Medikament gegen Diabetes Patienten mit einer Herz- oder Nierenerkrankung helfen – auch wenn diese nicht an Diabetes erkrankt sind? Das untersuchen Würzburger Forscher in einer neuen Studie.

Weltweit werden 5.000 Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung im Rahmen einer Studie untersucht. Zum Würzburger Team gehört die Studienärztin Dr. Susanne Brenner aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI), hier bei der Aufnahme einer Probandin. (Foto: Gregor Schläger)
Weltweit werden 5.000 Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung im Rahmen einer Studie untersucht. Zum Würzburger Team gehört die Studienärztin Dr. Susanne Brenner aus dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI), hier bei der Aufnahme einer Probandin. (Foto: Gregor Schläger)

Ursprünglich wurde der Wirkstoff Empagliflozin zur Behandlung von hohen Blutzuckerwerten bei Diabetespatienten entwickelt. Er sorgt dafür, dass vermehrt Blutzucker – etwa zehn Teelöffel pro Tag – über den Urin ausgeschieden wird. Dies kann zu einer leichten Abnahme von Gewicht und Blutdruck führen, was sich wiederum positiv auf Herz und Nieren auswirkt.

Aus diesem Grund lag es nahe, den Wirkstoff auch an Patienten zu testen, die an einer Herz- oder Nierenerkrankung leiden. Tatsächlich konnten Wissenschaftler in einer großen klinischen Studie, an der auch Würzburger Forscher beteiligt waren, zeigen, dass Patienten mit Herzerkrankung und Typ-2-Diabetes von der Einnahme des Wirkstoffs profitieren. Empagliflozin senkt in dieser Gruppe die Zahl der Todesfälle infolge einer Herzerkrankung und zeigt positive Auswirkungen auf die Nieren.

Die neue Studie

Jetzt wollen Wissenschaftler in einer neuen klinische Studien untersuchen, ob Empagliflozin diese positive Wirkung auch bei Patienten zeigt, die nicht an Diabetes erkrankt sind. Die internationale Studie wird von der Universität Oxford in Kooperation mit der Universität Würzburg koordiniert. Insgesamt sollen 5.000 Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung in den USA, Kanada, China, Japan, Malaysia, Großbritannien und Deutschland untersucht werden. Die Studienzentrale ist in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Uniklinikums Würzburg angesiedelt.

Professor Christoph Wanner, Leiter der Klinischen Prüfung, freut sich auf die Zusammenarbeit mit der University of Oxford. Er hofft, dass die tägliche Einnahme von Empagliflozin bei Patienten mit einer Nierenerkrankung aber ohne Diabetes sich ebenfalls positiv auswirkt. „Somit können wir hoffentlich das Leben von Patienten mit Nierenerkrankungen retten und die Notwendigkeit einer Dialysebehandlung in Zukunft verringern“, so Wanner.

Hoffnung auch für Herzpatienten

Auch Patienten mit Herzerkrankungen dürfen hoffen. „Die frühere Studie hat gezeigt, dass Empagliflozin die Anzahl von Todesfällen infolge einer Herzerkrankung um 38 Prozent und von Krankenhauseinweisungen aufgrund einer Herzinsuffizienz um 35 Prozent senkt“, sagt Professor Stefan Störk, Leiter der Klinischen Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI). Aufgrund dieser Ergebnisse werde Empagliflozin inzwischen weltweit bei Patienten mit Diabetes und erhöhtem Risiko für eine Herzerkrankung oder bereits bestehender Herzerkrankung eingesetzt. „Nun gilt es zu prüfen, ob Empagliflozin auch Patienten ohne Diabetes zugutekommt und es für weitere Indikationen zugelassen werden kann“, so Störk. Zwei klinische Funktionalitätsstudien werden deshalb untersuchen, ob Empagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz die körperliche Belastbarkeit verbessert.

Professor Christoph Maack, Sprecher des DZHI und Leiter des Departments „Translationale Forschung“, begrüßt ebenfalls das neue Studienprogramm, zumal der Fokus seiner Forschung unter anderem auf der Wechselwirkung von Herzinsuffizienz und Diabetes liegt. „Immer mehr Menschen leiden hierzulande an Herzinsuffizienz oder an Diabetes mellitus. Auch die Kombination aus Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz steigt mit der Zunahme von Adipositas stetig. Umso wichtiger ist es, eine medikamentöse Therapie zu finden, die sich positiv auf alle Erkrankungen auswirkt.“

Rätseln über den Wirkmechanismus

Die Behandlung von Patienten mit Diabetes und Herzinsuffizienz ist Christoph Maack zufolge bislang ein klinisches Dilemma. „Obwohl viele Medikamente den Blutzucker senken, haben sie sehr unterschiedlich den Verlauf von Herz-Kreislauferkrankungen beeinflusst“, erklärt der Kardiologe. Dies lege nahe, dass nicht die Blutzuckersenkung an sich, sondern womöglich andere Effekte die Effektivität dieser Medikamente bestimmen. Im Falle von Empagliflozin, Dapagliflozin und anderer Medikamente aus dieser Substanzklasse werden neben dem Schutz der Nierenfunktion auch Blutdrucksenkung, Entwässerung mit Gewichtsreduktion sowie Beeinflussung des Elektrolythaushalts und Stoffwechsels des Herzens als zugrundeliegende Mechanismen diskutiert.

 

Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz

 

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