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Covid-19 und die Nieren

29.06.2021

Er hilft dabei, den Verlauf einer Nierenbeteiligung bei Covid-19-Erkrankungen vorherzusagen: Ein an der Technischen Hochschule Aschaffenburg entwickelter und in Zusammenarbeit mit dem Uniklinikum Würzburg erprobter KI-Algorithmus.

Dr. Anna Laura Herzog von Uniklinikum Würzburg und Professor Holger von Jouanne-Diedrich von der Technischen Hochschule Aschaffenburg.
Dr. Anna Laura Herzog von Uniklinikum Würzburg und Professor Holger von Jouanne-Diedrich von der Technischen Hochschule Aschaffenburg. (Bild: Uniklinikum Würzburg / TH Aschaffenburg)

Covid-19 ist eine Multisystemerkrankung, deren Schwere und Verlauf von der Art und Anzahl der betroffenen Organsysteme abhängt. Verschiedene Risikofaktoren wie Adipositas, Bluthochdruck und erhöhtes Alter verschlechtern den Verlauf. Kommt noch die Beteiligung von Herz und Nieren dazu, steigt das Risiko drastisch, an Covid-19 zu sterben.

Lassen sich bei schwer an Covid-19 Erkrankten ein Nierenversagen, die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung und die Mortalität vorhersagen? Wenn man eine übermäßige Ausscheidung von Proteinen über den Urin (Proteinurie) als Basis dafür verwendet?

Ja. Das haben Professor Holger von Jouanne-Diedrich von der Technischen Hochschule Aschaffenburg und Dr. Anna Laura Herzog, Leiterin des Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Würzburg, herausgefunden. Sie verwendeten dafür Methoden des Machine Learning (ML), die teilweise an der TH Aschaffenburg entwickelt wurden.

Algorithmus öffentlich kostenlos verfügbar

Das von Jouanne-Diedrich entwickelte OneR-Paket ermöglicht es, auf einfache Weise Einflussfaktoren und Grenzwerte zu finden. „Ich bin stolz, dass das OneR-Paket im Kampf gegen die Pandemie einen Beitrag leisten kann“, freut sich der Professor, der an der TH Aschaffenburg im Bereich Künstliche Intelligenz lehrt und forscht. „Ich habe das Paket der Öffentlichkeit schon vor einiger Zeit kostenfrei zur Verfügung gestellt, damit auch andere Forscherinnen und Forscher sowie Datenanalystinnen und -analysten in verschiedensten Bereichen daraus Nutzen ziehen können.“

Das Besondere an dem neuen Verfahren sei, dass die Ergebnisse als leicht verständliche Regeln dargestellt werden. Damit sei es anderen Verfahren, wie zum Beispiel Neuronalen Netzen, sogenanntem Deep Learning, überlegen. Diese sind dem Aschaffenburger Professor zufolge oft nur schwer nachvollziehbar. Nicht nur im medizinischen Kontext sei eine gute Interpretierbarkeit der Ergebnisse aber sehr wichtig.

In die Studie waren 37 Corona-Patientinnen und Patienten einbezogen. 24 von ihnen erlitten ein akutes Nierenversagen, 20 benötigten regelmäßige Blutwäschen. Mehr als 40 Prozent der hiervon Betroffenen waren auch nach dem Verlassen der Intensivstation auf Dialysen angewiesen. Knapp ein Drittel der schwer kranken Patientinnen und Patienten sind gestorben.

Proteinverlust als wichtige Vorhersage-Variable

In der Studie wurde untersucht, ob sich das Nierenversagen bei einer schweren Covid-19-Infektion vorhersagen lässt und ob es Blutwerte aus der Routinebehandlung gibt, die den Verlauf prognostizieren können.

Bei einer akuten Erkrankung der Niere gehen häufig Blutproteine verloren, die dann im Urin nachgewiesen werden können. Bei den meisten Erkrankten, die später ein Nierenversagen entwickelten, wurde schon am Aufnahmetag eine Proteinurie nachgewiesen.

Der ML-Algorithmus konnte unter anderem den Proteinverlust, also die Nierenbeteiligung, als eine wertvolle Variable zur Vorhersage des Verlaufs identifizieren und damit prognostizieren, ob eine längerfristige chronische Nierenerkrankung zu erwarten ist. OneR fand Grenzwerte von 31,4 kg/m2 für den Body-Mass-Index (BMI) und 69 Jahre für das Alter. Bei Werten darüber war das Sterberisiko deutlich erhöht.

Publiziert in PLOS ONE

Die Ergebnisse der gemeinsamen Forschungsarbeit wurden im Wissenschaftsjournal PLOS One veröffentlicht und stehen dort frei zur Verfügung:

Herzog AL, von Jouanne-Diedrich HK, Wanner C, Weismann D, Schlesinger T, Meybohm P, et al. (2021) COVID-19 and the kidney: A retrospective analysis of 37 critically ill patients using machine learning. PLOS ONE 16(5): e0251932. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0251932

Das von Professor Holger von Jouanne-Diedrich entwickelte OneR-Paket ist frei verfügbar unter: https://blog.ephorie.de/oner-in-medical-research-finding-leading-symptoms-main-predictors-and-cut-off-points

Von Universitätsklinikum Würzburg

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