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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

45 Jahre im Dienste der Uni

01.09.2020

1975 hat Irina Sturm in der Univerwaltung angefangen zu arbeiten. Jetzt, zum 45-jährigen Dienstjubiläum, ist sie in den Ruhestand gegangen – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Ursprünglich wollte Irina Sturm Volkskunde an der Uni Würzburg studieren. Dann entschied sie sich doch für eine Beamtenlaufbahn in der Verwaltung. Zum 45-jährigen Dienstjubiläum gratulierte ihr jetzt Unikanzler Uwe Klug.
Ursprünglich wollte Irina Sturm Volkskunde an der Uni Würzburg studieren. Dann entschied sie sich doch für eine Beamtenlaufbahn in der Verwaltung. Zum 45-jährigen Dienstjubiläum gratulierte ihr jetzt Unikanzler Uwe Klug. (Bild: Gunnar Bartsch / Universität Würzburg)

1975: Der Vietnamkrieg endet mit der Einnahme Saigons durch die kommunistischen Streitkräfte. Im Vereinigten Königreich stimmen 67 Prozent der Wähler für einen Verbleib in der EWG. In Spanien wird Juan Carlos I. zum König proklamiert. Der letzte Fall von echten Pocken wird in Bangladesch registriert. Und Irina Sturm nimmt ihre Beschäftigung an der Universität Würzburg auf. Am 1. September 2020 konnte sie deshalb ihr 45-jähriges Dienstjubiläum feiern. Zu diesem seltenen Jubiläum gratulierte ihr jetzt Unikanzler Uwe Klug.

Straffe Hierarchie und Telefone mit Wählscheibe

Als Irina Sturm an der Uni zu arbeiten anfing, standen auf den Schreibtischen noch Telefone mit Wählscheibe. Wer aus der Uni raus telefonieren wollte – was nicht jeder durfte –, musste zuvor ein Amt anmelden. Getippt wurde auf Schreibmaschinen, von denen einige immerhin schon elektrisch, viele aber noch rein mechanisch waren. Von Computern, Internettelefonie oder elektronischen Akten war weit und breit nichts in Sicht. Auch das Arbeitsklima unterschied sich deutlich vom heutigen Umgangston: „Damals gab es eine straffe Führung und eine ausgeprägte Hierarchie. Eigeninitiative war nicht gefragt“, erinnert sich Sturm.

Angefangen hat Irina Sturm 1975 gleich nach dem Abitur als Regierungsinspektoranwärterin für den gehobenen Dienst. Drei Jahre lang ist sie dann durch alle Abteilungen der Verwaltung gewandert und hat auch Station bei der Stadt Würzburg und der Regierung von Unterfranken gemacht. „Ursprünglich hatte ich ja geplant, Volkskunde an der Uni Würzburg zu studieren“, erzählt sie. Die Zusage für einen Studienplatz hatte sie bereits in der Tasche. Dann allerdings sei ihr klar geworden: „Das ist brotlose Kunst.“ Dann doch lieber eine Beamtenlaufbahn in der Verwaltung mit einem gesicherten Einkommen.

Menschliche Schicksale bleiben unvergessen

19 Jahre lang hat Irina Sturm in der Personalabteilung die Beihilfeanträge der Beschäftigten von Uni und Klinikum bearbeitet – „vom Kanzler bis zur Stationshilfe“, wie sie sagt. Was sich nach einem ruhigen Bürojob anhört, sei bisweilen emotional stark belastend gewesen. Noch heute erinnert sie sich an einen Beschäftigten, der regelmäßig seine Rechnungen für Krankenhausaufenthalte und Medikamente vorbeibrachte und dabei zusehends schmaler und hagerer wurde, weil die Therapie gegen seine Krebserkrankung nicht anschlug. „Trotzdem habe ich in dem Bereich gerne gearbeitet, weil mir der direkte menschliche Kontakt wichtig war und ich oft helfen konnte“, sagt Sturm.

In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre dann der große Umbruch: Erste Computer verdrängen die Schreibmaschinen von den Bürotischen in der Univerwaltung, und SAP bestimmt ab sofort die Arbeitsprozesse in der Personalverwaltung. Das sei eine große Herausforderung gewesen, vor allem für ältere Beschäftigte, erinnert sich Sturm. In der ersten Zeit sei bei vielen die Angst groß gewesen, mit einer falschen Eingabe oder einem Klick an einer unpassenden Stelle etwas kaputt zu machen. Das habe einiges an Überwindung gekostet, bis klar war: So schnell geht SAP nicht kaputt. Sie selbst besuchte damals auf eigene Kosten Computerkurse in der Volkshochschule, um sich für die Arbeit am PC fit zu machen.

Vom Kollegen zum Ehemann

Auch auf ihr Privatleben hatte die Anstellung in der Univerwaltung starken Einfluss: Immerhin lernte Irina Sturm unter ihren Kollegen ihren jetzigen Mann kennen. Drei Kinder haben die beiden bekommen – ihren Job hat Sturm deshalb nie aufgegeben, immer unterstützt von ihrem Ehemann und später auch von ihren Söhnen. „Ich bin immer gerne auf die Arbeit gegangen“, sagt sie. Nur für ein paar Jahre sei sie auf eine Halbtagsbeschäftigung gewechselt, obwohl sich dies finanziell kaum gelohnt habe.

Nach zehnjähriger Referatsleitung des Referats 4.4 arbeitet sie seit Dezember 2008 als stellvertretende Referatsleiterin des Referats 4.3. im Servicezentrum Personal – und tut dies immer noch mit viel Freude. Dazu trägt sicherlich auch der „Klimawandel“ bei, der sich inzwischen an der Uni durchgesetzt hat. „Heute herrscht ein ganz anderer Führungsstil“, sagt sie – weg von der hierarchischen Autorität hin zu einer stärkeren Beteiligung der Beschäftigten und zu mehr Gesprächen. Auch gebe es deutlich mehr Unterstützungs- und Fortbildungsangebote als früher, insbesondere im interkulturellen Bereich.

Rückkehr an die Uni in anderer Rolle

Das allein ist nicht der Grund, weshalb Irina Sturm jetzt „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ in den Ruhestand geht. „Der Abschied von den Kolleginnen und Kollegen fällt mir schon schwer“, sagt sie. Und auch Corona trägt dazu bei, dass der Wechsel nicht ganz so wie geplant verläuft. Denn eigentlich wollte Sturm die gewonnene Zeit dazu nutzen, viel durch Europa zu reisen. Das fällt nun erst einmal flach. Dafür freue sie sich darauf, viel zu lesen und ins Kino gehen zu können. Und der Uni will sie auch treu bleiben: als Gasthörerin für Geschichte oder – wer weiß – vielleicht ja auch für Volkskunde.

Seinen ausdrücklichen Dank für ihre treuen Dienste sprach Unikanzler Uwe Klug Irina Sturm gegenüber aus. Auch er sehe ihren Abschied mit einem weinenden Auge, schließlich gehe mit ihr ein Stück Geschichte der Universität weg. „Genießen Sie den Ruhestand. Sie haben ihn wahrlich verdient“, gab Klug der scheidenden Regierungsamtfrau mit auf den Weg. Und natürlich ein „Bleiben Sie gesund!“

Von Gunnar Bartsch

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