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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Auf der digitalen Welle surfen

17.07.2018

Im Rahmen eines Projektseminars an der Universität Würzburg haben Studierende IT-Innovationen für Gesellschaft und Umwelt entwickelt. Zum Abschluss wurden die besten Arbeiten prämiert.

Die Gewinner der Projekta 2018 in der Kategorie „Innovativstes Produkt“ mit Dozent Harald Wehnes, Dr. David Hock und Oliver Stübs
Gewinner der Projekta 2018 in der Kategorie „Innovativstes Produkt“ mit Dozent Harald Wehnes (4. v.r.), Dr. David Hock und Oliver Stübs (1. und 2. v.r.). (Foto Informatik)

„Unternehmensgründung – live“: So lautete das Motto der Veranstaltung „Professionelles Projektmanagement in der Praxis – mit digitalen Unternehmensgründungsprojekten“, die am 9. Juli mit der Projektiade 2018 zu Ende ging. Im Rahmen der gut besuchten öffentlichen Abschlussveranstaltung wurden die Projektergebnisse vorgestellt und die besten Arbeiten mit der Projekta 2018 prämiert.

In diesem Jahr konzentrierten sich die Arbeiten auf die Bereiche „Gesellschaft“ und „Umwelt“, Einsatzbereiche der Digitalisierung, die nach Aussage von Seminarleiter Professor Harald Wehnes bislang sträflich vernachlässigt wurden. „Durch das persönliche Erleben des Nutzens der Digitalisierung können Vorbehalte in der Bevölkerung wirkungsvoll abgebaut und Mitmacheffekte generiert werden“, nennt Wehnes als mögliches Ziel der Veranstaltung.

Eine Handelsplattform für Kunststoffabfälle

Die Auszeichnung für das innovativste Produkt wurde in diesem Jahr an zwei Projektteams für das gemeinsame Umweltprojekt „PiPlaX“ vergeben, das eine hohe Nachhaltigkeit besitzt. Gemeinsames Ziel der beiden Projekte war, dass Kunststoffabfälle nicht verbrannt – wie es heute leider immer noch geschieht – sondern zukünftig in erhöhtem Maße weiterverwendet werden.

Dazu haben Stefan Hermann, Lea Seeger, Isabell Wälisch, Marco Waigand und Marcel Waleska eine Webplattform erstellt, auf der Verkäufer und Käufer von Sekundärkunststoffen zusammengebracht werden. „Die Innovation besteht in der Informationsabfrage von Angeboten und Nachfragen und dem daraus abgeleiteten Matching, sodass nur die potenziellen Geschäftspartner zusammenkommen, die auch zusammenpassen“, so Harald Wehnes.

Michael Fischer, Edward Gallo, Sahm Shojai und Martin Sträßer haben ergänzend dazu eine Anwendung für Mobilgeräte entwickelt, mit der kunststoffproduzierende Unternehmen ihre Abfallentstehung und -entsorgung erfassen und analysieren können. Die App ermöglicht unter anderem die von individuellen Maschinen produzierten Kunststoffreste zentral zusammenzufassen. Lagerkosten, Akkumulationsprozesse und Ausschussmonitoring werden optimiert. Dr. David Hock von der Firma Infosim und Oliver Stübs vom Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) in Würzburg hatten die beiden Projekte initiiert und die Teams fachlich beraten.

Digitalen Lösungen für Migration, Jugendarbeit und Ehrenamt

Die Projekta 2018 für die „Beste Projektdurchführung“ ging an das Team Alina Dünnebier, Alexander Grimm, Andreas Juchno, Sophia Kleinhenz, Markus Lange und Christin Lossow für ihre App „InfoGration“. Diese digitale Lösung hilft unbegleiteten minderjährigen Ausländern, beziehungsweise jungen Ausländern, die altersbedingt aus der Betreuung von Hilfsorganisationen, wie beispielsweise der Jugendhilfe, ausscheiden. Sie stellt wertvolle Informationen für die Bereiche „Leben“, “Arbeiten”, “Wohnen” und „Gesundheit“ zur Verfügung.

Die Entwicklung dieser digitalen Lösung baut auf das Ergebnis eines studentischen Projekts der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) auf, das unter der Leitung von Professor Vathsala Aithal im Rahmen des Master-Studiengangs „International Social Work with Refugees and Migrants“ durchgeführt wurde; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diözese Würzburg lieferten die inhaltlichen Beiträge für die App.

Viele Jugendeinrichtungen stehen heute vor dem Problem, dass es angesichts der Informationsflut immer schwieriger wird, Jugendliche auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Zu dieser Problematik, die von Felix Hofmann vom Stadtjugendring Würzburg eingebracht wurde, hat das Team Marvin Haller, Eric Jäger, Maximilian Schirm und Nikolai Stein die digitale Lösung „WueTivity“ entwickelt. Die Anwendung ermöglicht es, die bisher auf verschiedenen Plattformen verteilten Angebote, zentral und nach den Wünschen der Nutzer gefiltert zu finden. Für die Jugendeinrichtungen bedeutet dies eine Steigerung ihrer Einflussreichweite und eine höhere Teilnehmerzahl ihrer Events. Verschiedene Stadtjugendringe in Unterfranken haben bereits ihr Interesse am Einsatz der App signalisiert. Das Team wurde mit der Projekta „Beste Präsentation“ ausgezeichnet.

Per Chatbot zum Engagement

Das Team Viktoria Horn, Sami Abd El Hai, Adrian Müller, Alexander Rabinowitsch, Frederik Reinhard und Sebastian Schindler erhielt für ihren Chatbot „flink“ die Projekta 2018 für die „Größte Agilität“. Die Idee dahinter: Immer mehr Menschen möchten sich auf der einen Seite gerne ehrenamtlich engagieren, auf der anderen Seite aber keine dauerhaften Verpflichtungen eingehen. Der Chatbot löst diesen vermeidlichen Widerspruch auf, indem je nach Interessen und Verfügbarkeit ehrenamtliche Tätigkeiten per automatisiertem Chat vermittelt werden. Er baut auf eine bereits vorhandenen „flink engagiert“-Anwendung, einer Plattform zur Vermittlung sogenannter Micro-Volunteering-Angebote. Im Chat mit „flink“ kann der Freiwillige Informationen erfragen und schließlich angebotenen ehrenamtlichen Tätigkeiten zu- oder absagen.

Die Jury setzte sich zusammen aus Dr. Christian Andersen, Zentrum für digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken, Tanja Golly, Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT), Dr. David Hock von der Firma Infosim aus Würzburg sowie dem Dozenten der Veranstaltung, Professor Harald Wehnes.

Highlight: Produkt-Präsentationen auf der Cebit 2018

Die praxisorientierte Vorlesung „Professionelles Projektmanagement in der Praxis“ wird seit dem Jahr 2000 angeboten. „Es macht immer wieder Spaß mitzuerleben, wie die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams zu außerordentlichen Leistungen führt“, so Professor Wehnes. In diesem Jahr nahmen Teilnehmer aus 13 verschiedenen Studiengängen an der Veranstaltung teil.

Ein außergewöhnliches Highlight war in diesem Jahr die Teilnahme an der Cebit 2018 mit einem eigenen Stand und ergänzend dazu eine Exkursion zur Cebit für alle Vorlesungsteilnehmer. Die zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Zwischenergebnisse in Gestalt von Prototypen und Screencasts wurden mit hoher Resonanz in der Startup-Area präsentiert. Als einziger von über 2.800 Ausstellern widmeten sich die Würzburger „Social Entrepreneurs“ dem Einsatz der Digitalisierung für Gesellschaft und Umwelt.

Projektmanagement hat sich in den letzten Jahren als beste Führungsmethode etabliert, um komplexe Herausforderungen in Industrie, Wirtschaft und Verwaltung strukturiert anzugehen und erfolgreich zu bewältigen. Inzwischen wird in Deutschland weit über ein Drittel der Wirtschaftsleistung über Projekte erwirtschaftet.

Ausblick: Weiterführung und Rollout werden geprüft

Mit der Preisverleihung soll übrigens nicht das Ende der Projekte eingeläutet sein: „Unter den Teilnehmern der Abschlussveranstaltung bestand große Einigkeit, dass die interdisziplinären Projektteams in extrem kurzer Zeit sehr wertvolle digitale Lösungen für die Gesellschaft und Umwelt geschaffen haben“, sagt Harald Wehnes. Da das Semester jetzt allerdings zu Ende geht, stelle sich die Frage, welche Möglichkeiten es zur Weiterführung gibt.

Der Cebit-Auftritt habe zudem gezeigt, dass alle Produkte ein Potenzial für Unternehmensgründungen beinhalten. „Im Meer der kommerziellen Anbieter war die Uni Würzburg der einzige Aussteller von digitalen Produkten zum direkten Nutzen für die Gesellschaft und Umwelt“, so Wehnes. Zwar wurden die Produkte für den Raum Würzburg und Umgebung geschaffen. Ihren vollen Nutzen könnten sie jedoch im Rahmen eines deutschlandweiten Rollouts entfalten. Die Chancen dafür sollen nun geprüft werden.

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