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Wenn Schimmelpilze das Auge zerstören

10.08.2017

Wer weiche Kontaktlinsen benutzt, sollte sich strikt an die Hygieneregeln halten – sonst kann es zu gefährlichen Pilzinfektionen am Auge kommen. Darauf weisen Mediziner zur „Woche der Pilzerkrankungen“ hin.

Ein Schimmelpilz der Gattung Fusarium unter dem Mikroskop (links) und in Laborkulturen. Fusarium ist einer der wichtigsten Erreger der Pilzkeratitis. (Bild: Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen)
Ein Schimmelpilz der Gattung Fusarium unter dem Mikroskop (links) und in Laborkulturen. Fusarium ist einer der wichtigsten Erreger der Pilzkeratitis. (Bild: Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen)
  • Weiche Kontaktlinsen im Behälter mit der Aufbewahrungsflüssigkeit an einen sonnigen, warmen Fensterplatz stellen? Schwierig.
  • Die Aufbewahrungslösung oder die Spülflüssigkeit aus Sparsamkeit mehrfach verwenden oder länger als vorgeschrieben? Bedenklich.
  • Kontaktlinsen, die man nur für einen Tag oder eine Woche tragen soll, einfach mal länger verwenden als vorgesehen? Riskant.

Starke Augenrötung und Schmerzen stehen am Anfang

Wer die Hygieneregeln im Umgang mit weichen Kontaktlinsen nicht beachtet, nimmt eine große Gefahr in Kauf: Schimmelpilze können die Linsen kontaminieren und die Hornhaut des Auges infizieren. Die Betroffenen bemerken das meist durch eine starke Rötung des Auges, teils erhebliche Schmerzen und eine Sehverschlechterung.

„Anders als bei vielen anderen Pilzinfektionen sind hier oft junge, gesunde Patienten betroffen“, sagt Professor Oliver Kurzai, der an der Universität Würzburg den deutschlandweit einzigen Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie (Lehre von den Pilzerkrankungen) innehat. Kurzai leitet außerdem das Nationale Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen mit Sitz in Jena.

Die Therapie einer solchen Infektion am Auge gestalte sich schwierig, denn oft seien die Pilze resistent gegen die verfügbaren Medikamente. Die Folgen können dramatisch sein: Sehr häufig sind Hornhaut-Transplantationen nötig, in schlimmen Fällen besteht der letzte Ausweg darin, das infizierte Auge operativ zu entfernen und durch ein Glasauge zu ersetzen.

Daten im Journal of Clinical Microbiology veröffentlicht

Erstmals liegen jetzt für Deutschland Daten über Hornhaut-Infektionen durch Pilze vor. Kurzais Team hat sie Ende Juli 2017 mit Partnern aus ganz Deutschland im Journal of Clinical Microbiology veröffentlicht. Ein klares Ergebnis daraus: „Der wichtigste Risikofaktor ist das Tragen weicher Kontaktlinsen“, so der Würzburger Professor.

Für die Studie wurden insgesamt 22 Fälle analysiert, die von Augenärzten ans Nationale Register für Pilzkeratitiden (Hornhaut-Infektionen durch Pilze) gemeldet wurden. Das Register gibt es erst seit Anfang 2016, eingerichtet wurde es vom Nationalen Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen und der Augenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf.

Bei ihren Analysen haben die Fachleute verschiedene Schimmelpilze der Gattung Fusarium als Verursacher der Infektionen identifiziert. „15 der 22 Fälle waren ganz klar Infektionen mit diesen Schimmelpilzen“, sagt Kurzai. Bei neun Patienten waren Hornhauttransplantationen nötig, bei dreien musste das Auge operativ entfernt werden. Bei den übrigen sieben der 22 Patienten hatten die Beschwerden entweder bakterielle oder andere, harmlosere Ursachen.

Augenärzte sollen Infektionsfälle ans Register melden

Aus statistischer Sicht sind 22 Fälle eine ungenügende Datenbasis. „Wir appellieren darum an alle Augenärzte, möglichst viele Proben von Verdachtsfällen ans Register für Pilzkeratitiden zu schicken, damit die Datenbasis immer besser wird“, so Kurzai. „Mit Hilfe des Registers wollen wir unter anderem analysieren, welche Therapien besonders erfolgreich sind und mit welchen Erregern wir es überhaupt zu tun haben.“

Weltweite „Woche der Pilzerkrankungen“ ausgerufen

Den Appell an die Augenärzte lancieren die Mediziner anlässlich der erstmals ausgerufenen „Woche der Pilzerkrankungen“ (Fungal Disease Awareness Week) vom 14. bis 18. August 2017. Mit dieser Woche möchten die Centers for Disease Control (CDC) mit Sitz in Atlanta (USA) die internationale Aufmerksamkeit für schwere Pilzinfektionen erhöhen.

Die CDC weisen darauf hin, dass weltweit viele Pilzinfektionen zu spät oder gar nicht erkannt werden. Gleichzeitig verändern sich die Erreger der Infektionen, und die Entwicklung von Resistenzen erschwert in immer mehr Fällen eine effiziente Behandlung. 

Fusarium Keratitis in Germany. Walther G, Stasch S, Kaerger K, Hamprecht A, Roth M, Cornely OA, Geerling G, Mackenzie CR, Kurzai O, von Lilienfeld-Toal M. J Clin Microbiol. 2017 Jul 26. pii: JCM.00649-17. doi: 10.1128/JCM.00649-17. Epub ahead of print, PMID: 28747368

Kontakt

Prof. Dr. Oliver Kurzai, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg, T +49 931 31-88007, okurzai@hygiene.uni-wuerzburg.de

Weblinks

Nationales Register für Pilzkeratitiden in Düsseldorf (www.pilzkeratitis.de)

Nationales Referenzentrum für Invasive Pilzinfektionen (www.nrzmyk.de)

Fungal Disease Awareness Week (https://www.cdc.gov/fungal/awareness-week.html)

Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Uni Würzburg (www.hygiene.uni-wuerzburg.de)

Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen

Das Nationale Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) ist Ansprechstelle für Ärzte und Mikrobiologen aus ganz Deutschland, die Fragen zur Diagnostik und Behandlung invasiver Pilzinfektionen haben. Neben Beratungen bietet das Zentrum diagnostische Verfahren zum Nachweis von invasiven Pilzerkrankungen an. Es kooperiert dabei mit anderen Referenzlabors weltweit. Das NRZMyk ist am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena angesiedelt. Zum Nationalen Referenzzentrum berufen wurde es vom Robert-Koch-Institut und dem Bundesministerium für Gesundheit.

Von Robert Emmerich

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