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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Weinbau in Zeiten des Klimawandels

18.04.2017

Staubtrockener Boden, seit Wochen kein Regen: Das Frühjahr 2017 fällt besonders in Mainfranken durch extreme Dürre auf – wieder einmal. Der Klimawandel stellt auch die Winzer vor Herausforderungen, wie Klima-Experte Professor Heiko Paeth weiß.

Professor Heiko Paeth. (Foto: Lena Köster)
Professor Heiko Paeth. (Foto: Lena Köster)

Der Weinbau gehört zu Mainfranken wie die Spätzle zu Schwaben. Doch Veränderungen des Klimas stellen die Winzer vor neue Herausforderungen. Klimaforscher Heiko Paeth ist seit 2006 Professor am Lehrstuhl für Physische Geographie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sein zentrales Anliegen ist es, für den Klimawandel zu sensibilisieren.

Warum wird Mainfranken in Sachen Klimawandel als „Hotspot“ bezeichnet?

Heiko Paeth: „Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs können wir auf Messdaten zurückgreifen. Der Temperaturanstieg im Winter in Mainfranken ist seitdem mit 1,6 Grad Celsius doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Im Zuge des Klimawandels verändern sich die Häufigkeiten von Hochdruck- und Tiefdruckgebieten. Und in Süddeutschland mehren sich im Sommer die Hochdruckgebiete, deshalb wird es wärmer.“

Welche Herausforderungen ergeben sich daher für den Weinbau?

„Der Weinbau ist seit den 1980er-Jahren wegen der Veränderung des Klimas im Wandel. Daraus ergeben sich Risiken und Chancen: Eine Chance ist, dass durch den Klimawandel auch andere Rebsorten, etwa Rotweinreben, angebaut werden können. Ein Risiko ist, dass durch die Veränderung der Sonneneinstrahlung die Pflanzen mehr Sonnenbrand bekommen und anfälliger gegen Krankheitserreger werden. Die Pflanzen passen sich an das wärmere Klima an und treiben viel früher aus. Darum können Spätfröste im Mai größere Schäden anrichten.“

Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Winzern helfen können? Findet ein Austausch zwischen Forschung und Praxis statt?

„Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim erforscht Formen der Kultivierung, Bewässerung, günstige Standorte und die Züchtung pilzresistenter Reben. Sie bildet Winzer nicht nur aus, es gibt dort auch zahlreiche Vorträge und Veranstaltungen zu aktuellen Themen des Weinbaus. So findet hier immer ein Austausch statt. Abgesehen davon sind Winzer auch in Vereinen und Verbänden organisiert. Daher können sie auf existierende Strukturen zurückgreifen, um Informationen zu bekommen.“

Welche technischen Neuerungen werden für Winzer relevant sein?

„Das Maindreieck ist eine der trockensten Regionen Deutschlands. Auch wenn Wein im Vergleich zu anderen Pflanzen trockenresistenter ist, haben die langen Trockenperioden in den vergangenen Jahren auch zu vertrockneten Blättern an den Reben geführt. Eine Technik, mit der sich beispielsweise die Winzer in Sommerach und Volkach ausgestattet haben, ist die so genannte Tröpfchenbewässerung. Dabei handelt es sich um Bewässerungssysteme, die Wasser sehr punktuell verteilen, ohne dabei Unkraut und Zwischengrün zu bewässern. Ein weiterer Punkt ist die Lagerung. Nach der Ernte im Herbst führen höhere Temperaturen zur unkontrollierten Gärung des Weins. Deshalb haben einige Winzer in ihren Weinkellern Klimaanlagen installiert – das bedeutet dann schnell Investitionen im sechsstelligen Bereich.“

Können kleine, traditionelle Winzerbetriebe diese Investitionen stemmen?

„Nicht jeder Betrieb wird sich eine Anlage zur Tröpfchenbewässerung oder eine Klimaanlage leisten können. Daher schließen sich die Winzer oft für größere Investitionen zusammen. Für manch einen Winzer wird der finanzielle Aufwand vielleicht bedeuten, dass er seine Rebflächen lieber verpachtet und das Lesegut an Genossenschaften zur Weiterverarbeitung gibt. Aber ein Strukturwandel der Weingüter zeichnet sich auch unabhängig davon ab. Durch Nachwuchsprobleme sinkt die Zahl der Betriebe. Auf der anderen Seite können Winzer durch neue Technologien ihre Weinberge leichter bewirtschaften, wodurch die Anzahl der Rebflächen aktuell steigt.“

Hat die Veränderung des Klimas dazu geführt, dass die Winzer andere Rebsorten auswählen?

„Inzwischen wird auch in Südschweden Wein angebaut. Aber die regionale Identität der Weine ist nicht zu unterschätzen. Daher kann man als fränkischer Winzer nicht einfach nur noch Cabernet Sauvignon anbauen. Aber ebenso wenig kann man beim „business as usual“ bleiben. Die Winzer müssen sich anpassen. Eine Strategie ist es, den Standort innerhalb eines Anbaugebiets zu verändern. War man früher auf Südhänge angewiesen, können in Zukunft die West- und Osthänge an Relevanz gewinnen.“

Ihr persönlicher Appell in Sachen Klimaschutz?

„Vier gravierende Ursachen sind für den Klimawandel zu nennen, die man in zwei Themen zusammenfassen kann. Das erste ist unser Wunsch nach Mobilität. Nicht jeder wird auf ein Auto verzichten wollen und können, aber die Wahl des Modells und der Umweltverträglichkeit könnte bei der heutigen Effizienz der Fahrzeuge zu einem geringeren CO2-Ausstoß führen. Aber dass man sich heute damit brüstet, einen 70-Euro-Flug nach Barcelona gebucht zu haben, ist zum Schämen. Früher flog man nur, wenn man es musste. Der zweite Grund liegt in unserem Lebensmittelkonsum. Nur weil wir gerne an Weihnachten Erdbeeren essen möchten, werden diese über die ganze Welt transportiert. Wir müssen zurück zum regionalen Konsum, damit steigt auch die Qualität der Lebensmittel. Das gilt vor allem für den Fleischkonsum: Ja, Vegetarier sind tatsächlich Klimaschützer.“

Fragen von Patricia Schätzler

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