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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Übersetzen ist Macht

28.03.2023

Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit: So lautet der Name des DFG-Schwerpunktprogramms 2130 mit Hauptsitz an der Uni Würzburg. In einer Online-Ausstellung sowie einem Essayband stellen die Forschenden ihre Arbeit vor.

Das Cover des Essaybandes zeigt eine 1507 veröffentlichte Weltkarte, die erstmals die Bezeichnung ‚Amerika‘ enthält. Benannt wurde der ‚letzte unbekannte Kontinent‘ nach dem ebenfalls abgebildeten Amerigo Vespucci.  Solche Praktiken, die langfristig eurozentrische Machtstrukturen festigten, legt das SPP 2130 offen.
Das Cover des Essaybandes zeigt eine 1507 veröffentlichte Weltkarte, die erstmals die Bezeichnung ‚Amerika‘ enthält. Benannt wurde der ‚letzte unbekannte Kontinent‘ nach dem ebenfalls abgebildeten Amerigo Vespucci. Solche Praktiken, die langfristig eurozentrische Machtstrukturen festigten, legt das SPP 2130 offen. (Bild: SPP 2130)

„Übersetzungen haben die Macht, unbekanntes Wissen ans Licht zu bringen, aber auch bestimmte Inhalte zu verschweigen und zu verheimlichen, anders zu akzentuieren oder zu konterkarieren.“ Das schreibt Annkathrin Koppers in ihrem Beitrag zum Essayband „Übersetzen ist Macht“. Das Übersetzen in der Frühen Neuzeit ist Forschungsgegenstand des Schwerpunktprogramms (SPP) 2130, welches seinen Hauptsitz an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat. Annkathrin Koppers koordiniert das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt.  

Ein Blick auf Methoden, Praktiken und Kulturen des Übersetzens ist gerade in der Frühen Neuzeit so interessant, weil hier – bedingt etwa durch Buchdruck oder Kolonialismus – Übersetzen in einer völlig neuen Dimension stattfindet.

Der Essay als auflockerndes Medium

„Wir wollen unsere Forschungsergebnisse einem möglichst breiten Publikum näherbringen“, erklärt Professorin Regina Toepfer die Intention von Sammelband und Ausstellung. Sie ist die Sprecherin des SPP 2130 „Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit“ und leitet an der JMU den Lehrstuhl für deutsche Philologie, Ältere Abteilung. Dabei sei man schließlich auf den Essay als Medium gestoßen. Mit ihrer persönlicheren, leichteren, sich dem Thema spielerisch nähernden Art seien die Beiträge der Versuch, „klassische wissenschaftliche Schreibstrukturenein Stück weit zu verlassen und die eigene Position sichtbar zu machen“, ergänzt Annkathrin Koppers. Der Band enthält Beiträge von zehn am SPP beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Unterstützung bei der eher ungewohnten Arbeit erhielten sie von Ulrike Draesner. Die Autorin half dabei „eine Sprache zu finden, die außerhalb der eigenen Disziplin verstanden wird“, schreibt Toepfer im dialogisch gestalteten Vorwort.

Ein Thema, das in den Essays behandelt wird, sind die Übersetzenden selbst: „Die Vermittelnden Personen rücken bei Übersetzungen häufig in den Hintergrund, obwohl sie durchaus die Macht haben, den Inhalt zu beeinflussen“, erzählt Regina Toepfer.

Ausstellung als Herausforderung

Annkathrin Koppers fungiert auch als Kuratorin der Ausstellung „Übersetzen ist Macht: Geheimnisse, Geschenke, Geschichten in der Frühen Neuzeit“, die die Mitglieder des Forschungsverbunds gemeinsam erstellten. 

Durch die Corona-Pandemie wurde früh klar, dass diese nicht wie ursprünglich geplant in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel würde stattfinden können. Es galt nun also, eine Ausstellung im Online-Format zu realisieren. Der Vorteil: Die Online-Ausstellung ist für alle Interessierten problemlos und bequem erreichbar.

Die Exponate zeigen, dass es beim Übersetzen nicht nur um Sprache und Text geht. Auch gesellschaftliche Strukturen oder Riten werden übersetzt. Ein Beispiel hierfür ist der Italiener Roberto Nobili. Der jesuitische Missionar war im 17. Jahrhundert in Südindien tätig. Dort brachte er sein Leben und die katholische Glaubenslehre der tamilischen Bevölkerung näher, übersetzte deren Symbole umgekehrt aber auch für ein römisch-katholisches Publikum. Als Resultat vereint ein Porträt Nobilis Merkmale beider Kulturen. Regina Toepfer erklärt: „Übersetzen verändert auch manchmal unseren Blick auf die Ausgangskultur. Es ist etwas Dialogisches, bei dem nicht selten etwas ganz Neues entsteht.“

Publikation

Ulrike Draesner, Annkathrin Koppers, Regina Toepfer, Jörg Wesche: Übersetzen ist Macht. Essays zur Frühen Neuzeit.

Kontakt

Annkathrin Koppers, Koordinatorin des SPP 2130 "Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit", Tel: +49 931 31-84288, E-Mail: annkathrin.koppers@uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. Regina Toepfer, Sprecherin des SPP 2130 und Lehrstuhlinhaberin für deutsche Philologie, Ältere Abteilung, Tel: +49 931 31 83609, E-Mail: regina.toepfer@uni-wuerzburg.de

Von Lutz Ziegler

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