English Intern
  • 6 Studierende geniessen das Studentenleben in Würzburg im Sommer.

Chronische Wunden mit App dauerhaft im Blick

30.09.2025

Die Würzburger Informatikerin Vanessa Borst bekam auf einer internationalen Tagung einen Preis – für die Mitentwicklung einer dermatologischen App des Uniklinikums Würzburg.

none
Die preisgekrönte Doktorandin Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software Engineering der JMU an ihrem Tagungsposter. (Bild: Martin Rackl / Universität Würzburg)

Chronische Wunden treten besonders oft bei älteren Menschen auf. Faktoren wie Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Druckbelastungen verhindern häufig eine normale Heilung, sodass die Wunde in einem dauerhaften Entzündungs- oder Reparaturstadium steckenbleibt.

Die herkömmliche Versorgung solcher Wunden ist ressourcenintensiv und erfordert häufige persönliche Arztbesuche, die für die oft bewegungseingeschränkten Patientinnen und Patienten eine hohe Belastung sind. Eine KI-App namens Wunderkint soll nun für Entlastung sorgen.

„Normalerweise sehen wir unsere Patientinnen und Patienten nur im Intervall, zum Beispiel einmal im Quartal“, berichtet Dr. Tassilo Dege, der gemeinsam mit Professorin Astrid Schmieder die Idee für die App hatte und das Projekt nun klinisch betreut. So seien immer nur Momentaufnahmen möglich. „Eine teledermatologische Versorgung hingegen bietet eine fortlaufende Beurteilung der Wunde wie auch der Lebensqualität der Betroffenen.“

Wunden und Lebensqualität fortlaufend im Blick

Mit der App können die Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit einer Farbskala und einem Marker aus schwarzen und weißen Pixeln neben die Wunde gelegt.

Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. Auf diese Weise können sie den Wundverlauf beziehungswiese die Heilung aus der Ferne in Echtzeit verfolgen, beurteilen und bei Bedarf die Therapie anpassen. Auch Terminvereinbarungen und Video-Konsultationen sind über die App möglich.

Doktorandin Vanessa Borst trainierte die KI

Umgesetzt wurde die Idee der automatisierten Wundüberwachung in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg. Für die technische Realisierung und das Trainieren der KI-Modelle war Vanessa Borst verantwortlich, Doktorandin bei Lehrstuhlinhaber Professor Samuel Kounev.

Da die automatische Wunderkennung in der medizinischen Bildgebung noch unterrepräsentiert war, verglich sie zunächst verschiedene Deep-Learning-Modelle und fütterte die KIs mit tausenden von öffentlich zugänglichen Wundbildern. Die KI musste erkennen, welche Bildbereiche zur Wunde gehören und welche nicht, sodass sich Form und Größe exakt bestimmen lassen.

Um die Verlässlichkeit der KI bei der Analyse von Wundbildern aus dem Universitätsklinikum Würzburg zu prüfen, verglich das Forschungsteam die von der KI erkannten Wundflächen mit den Einschätzungen erfahrener Medizinerinnen und Medizinern – basierend auf einem eigens dafür erstellten Datensatz von Tassilo Dege. Das so entwickelte KI-Modul bildet die Grundlage für die Funktionalität der Wunderkint-App.

Preis für die Würzburger Informatikerin

Diese so genannte semantische Segmentierung galt es sodann mit der realen Wundversorgung zu verbinden. „Konkret bedeutet das: Aus den von der KI erkannten Wundflächen mussten verlässliche Größenangaben in Millimetern oder Zentimetern abgeleitet werden. Gerade unterschiedliche Aufnahmebedingungen – etwa wenn die Kamera einmal näher und einmal weiter von der Wunde entfernt ist – machen diese Umrechnung besonders herausfordernd“, erläutert Vanessa Borst.

Für diesen Brückenschlag, also die Übertragung der hochentwickelten KI auf die praxisnahe, verständliche und nützliche Versorgung, gewann die Informatikerin auf der European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases (ECML PKDD) Mitte September 2025 in Porto (Portugal) den „Best Student Paper Applied Data Science Track“. Die ECML PKDD ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining, also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen.

Die Wunderkint-App im Praxistest

Eine laufende Machbarkeitsstudie testet derzeit die Praxistauglichkeit der App. Erste Ergebnisse zeigen eine ausgezeichnete Benutzerfreundlichkeit, eine gute Akzeptanz bei Patientinnen und Patienten sowie eine deutliche Entlastung des medizinischen Personals.

„Wobei der persönliche Kontakt zum Arzt oder zur Ärztin nicht zu unterschätzen ist und wahrscheinlich zum Heilungsprozess dazugehört“, betont Astrid Schmieder. Sie versteht die Digitalisierung eher als Add-on. „Durch die App lernen unsere Patientinnen und Patienten mehr über ihre Erkrankung und den Umgang damit. Das gibt ihnen Mut, Zuversicht und Sicherheit, die Wunde fachgerecht zu behandeln, was zu einer schnelleren Wundheilung führt.“

Die Dermatologin arbeitet mit ihrem Team an Digitalisierungsprojekten, um die Behandlungen verschiedener Krankheiten zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. „Wir werden künftig digitale Medien haben, die genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind“, sagt Schmieder. Am Zeitalter der Digitalisierung findet sie besonders spannend, dass sowohl das medizinische Personal als auch die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit haben, dieses mitzugestalten.

Abstimmen für Vanessa Borst: IT Women of the Year

Vanessa Borst (28) wurde für die Reader’s Choice Awards des Women’s IT Network (WIN) und der Vogel IT Akademie nominiert. Die Awards werden auf dem FIT 2025 Kongress am 27. November 2025 in Augsburg verliehen. Ausgezeichnet werden Frauen aus Business IT, eHealth und eGovernment in den Kategorien Digital Transformation, Start Up und Leadership.

Hier geht es zur Abstimmung: https://www.fit-kongress.de/award#Abstimmung – durchklicken zum Bereich „Women in eHealth“ und weiter zur Kategorie „Young Leader“. Dort ist dann Vanessa Borst zu finden.

„Die Nominierung ist nicht nur eine persönliche Anerkennung, sondern auch eine Gelegenheit, das Bewusstsein für KI-Anwendungen in der Medizin zu schärfen, die wirklich etwas bewegen können“, freut sich die Doktorandin.


Von Pressestelle Universitätsklinikum Würzburg

Zurück