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Gleiches Recht – Unterschiede in der Praxis

19.03.2019

Der Rechtswissenschaftler Florian Bien hat ein Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhalten. Er kann damit ein Semester lang in Paris an einem deutsch-französischen Rechtsvergleich arbeiten.

Das Hauptgebäude der Universitäten Panthéon-Sorbonne und Panthéon-Assas, früher Sitz der Fakultät für Recht und Wirtschaft der Universität Paris (Sorbonne).
Das Hauptgebäude der Universitäten Panthéon-Sorbonne und Panthéon-Assas, früher Sitz der Fakultät für Recht und Wirtschaft der Universität Paris (Sorbonne). (Bild: Marie-Lan Nguyen - Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link)

Bei Rechtsstreitigkeiten müssen die Kontrahenten nicht unbedingt zur Klärung vor ein Gericht ziehen. Anstelle der staatlichen können sie sich auch der Entscheidungsgewalt eines privaten Schiedsgerichts unterwerfen. Die staatliche Rechtsordnung misst dann dem Schiedsspruch die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils bei. Das gilt in Deutschland genauso wie beispielsweise in Frankreich.

Auch wenn sich die entsprechende Regelung an den Artikel 5 des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 anlehnen, bestehen in der praktischen Durchführung allerdings erhebliche Unterschiede zwischen dem deutschen und dem französischen Recht – vor allem was die Kontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte angeht.

Mit dem Stipendium an die Sorbonne

Für diese Unterschiede interessiert sich Professor Florian Bien. Der Jurist hat den Lehrstuhl für Globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) inne. Im Rahmen eines insgesamt achtmonatigen Forschungsaufenthalts an der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne wird er an diesem Thema arbeiten. Dafür hat ihm jetzt die Alexander-von-Humboldt-Stiftung ein Feodor-Lynen-Stipendium bewilligt.

„Handelsschiedsgerichtsbarkeit und materiell-rechtlicher ordre-public - Ein deutsch-französischer Rechtsvergleich“: So lautet der exakte Titel von Biens Forschungsvorhaben. Was unter „ordre-public“ zu verstehen ist, erklärt der Rechtswissenschaftler so:  „Bei den Entscheidungen privater Schiedsgerichte hat der Staat dafür Sorge zu tragen, dass die aus seiner Sicht grundlegenden inländischen Wertvorstellungen, der sogenannte ordre public, Beachtung finden.“

Widerspruch zur Vorstellung von Gerechtigkeit

Die erforderliche Kontrolle privater Schiedssprüche üben staatliche Gerichte aus. Stellen sie einen ordre-public-Verstoß fest, können sie den Schiedsspruch aufheben oder seine Anerkennung und Vollstreckung verweigern. „Dazu muss der Schiedsspruch im Ergebnis Normen widersprechen, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens des jeweiligen Staates bilden, oder in einem untragbaren Widerspruch zu den inländischen Gerechtigkeitsvorstellungen stehen“, erklärt Bien.

Anfang April wird Bien zum ersten Mal für einen mehrmonatigen Aufenthalt nach Paris reisen. Auf Einladung von Dr. habil. Francis Kessler wird er an der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne forschen – einer der wichtigsten französischen Universitäten mit Schwerpunkten im Bereich der Rechtswissenschaft, Geschichte und Wirtschaft. Darüber hinaus ist Paris mit dem Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) auch einer der weltweit führenden Standorte für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit.

Das Feodor-Lynen-Stipendium

Mit ihrem Feodor-Lynen-Forschungsstipendium unterstützt die Alexander-von-Humboldt-Stiftung weltweite Forschungsaufenthalte für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Karrierestufen und Fachgebiete aus Deutschland. Bewerber müssen einen überdurchschnittlichen wissenschaftlichen Werdegang und wissenschaftliche Leistungen nachweisen können sowie über ein eigenständiges wissenschaftliches Profil verfügen. Darüber hinaus benötigen sie die Zusage für einen Forschungsplatz ihres Gastgebers, der selbst Teil des Humboldt-Netzwerks im Ausland ist oder mit einem ausgewählten internationalen Wissenschaftspreis ausgezeichnet wurde und im Ausland tätig ist.

Für erfahrene Wissenschaftler wird das Stipendium für eine Dauer zwischen sechs und 18 Monaten gewährt, aufteilbar in bis zu drei Aufenthalte innerhalb von drei Jahren. Die Aufnahme in das Humboldt-Netzwerk erleichtert es den Stipendiatinnen und Stipendiaten wesentlich, auch in Zukunft und mit Förderung der Alexander-von-Humboldt-Stiftung mit internationalen Spitzenwissenschaftlern zusammenzuarbeiten.

Kontakt

Prof. Dr. Florian Bien, Lehrstuhl für Globales Wirtschaftsrecht, internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Bürgerliches Recht, T: +49 931 31-85488, bien@jura.uni-wuerzburg.de

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Von Gunnar Bartsch

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