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Religiöse Handlungsfähigkeit im digitalen Zeitalter

23.09.2025

Forschungsteams der Universität Würzburg und Bremen untersuchen in einem interdisziplinären Netzwerk das Verhältnis von Mensch, Religion und Künstlicher Intelligenz.

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Religiöse Praktiken sind heute eng mit digitalen Medientechnologien verwoben. Welche Folgen das haben kann, untersucht ein neues Forschungsprojekt. (Bild: Firmantio / Adobe Stock / generiert mit KI)

Spätestens seit der Corona-Pandemie werden Gottesdienste regelmäßig online übertragen. Religiöse Gemeinschaften nutzen seit vielen Jahren soziale Medien für ihre Kommunikation. Und erste Roboter werden bereits in religiösen Kontexten eingesetzt. Keine Frage: Religiöse Praktiken sind heute eng mit digitalen Medientechnologien verwoben.

„Diese Entwicklungen werfen fundamentale Fragen auf“, sagt Professorin Ilona Nord. Die Religionspädagogin hat an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) den Lehrstuhl für Evangelische Theologie II inne. In einem neuen Forschungsprojekt will sie gemeinsam mit weiteren Beteiligten aus Würzburg und Bremen nach Antworten auf diese Fragen suchen.

Grundlegende Fragen nach der menschlichen Handlungsfähigkeit

Das Projekt läuft im Rahmen des DFG-Forschungsnetzwerks CARD (Conceptualizing Agency, Religion and Digitalization); Ilona Nord leitet es gemeinsam mit Kerstin Radde-Antweiler, Professorin am Institut für Religionswissenschaft der Universität Bremen. Das auf drei Jahre angelegte interdisziplinäre Projekt erforscht, wie sich religiöse Handlungsfähigkeit in Zeiten der Digitalisierung verändert und welche Rolle Künstliche Intelligenz dabei spielt.

„Die fortschreitende Digitalisierung stellt grundlegende Fragen nach der menschlichen Handlungsfähigkeit“, erklärt Ilona Nord. „Wenn Algorithmen und KI-Systeme zunehmend selbstständig agieren, müssen wir neu überdenken, was Agency, also die Fähigkeit zu handeln, bedeutet“, ergänzt Kerstin Radde-Antweiler. Dies gelte besonders für den religiösen Bereich, der bisher wenig erforscht wurde.

Religiöse Praxis im digitalen Wandel

„Können nicht-menschliche Akteure wie KI-Systeme religiöse Autorität haben, erhalten oder zugesprochen bekommen? Wie verändern sich die Vorstellungen der Beziehungskonstellationen zwischen Mensch und Gott, wenn Maschinen an ihnen beteiligt sind?“ Es sind Fragen wie diese, mit denen sich die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den kommenden Jahren beschäftigen werden.

Hauptziel des Netzwerks ist es, eine gemeinsame theoretische Grundlage zur Konzeptualisierung von Agency im Kontext von Religion und Digitalisierung zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen in einem Handbuch veröffentlicht werden, das drei Teile umfasst: disziplinäre Perspektiven, interdisziplinäre Dialoge und zentrale Konzepte wie Autorität, Macht und Empowerment.

Darüber hinaus dient CARD als Vorbereitung für ein größeres internationales Forschungsprojekt, das ab Ende 2028 geplant ist. „Wir schaffen hier die konzeptionelle Grundlage für die nächste Generation der Forschung zu Religion und Digitalisierung“, so die beiden Wissenschaftlerinnen.

Internationale Zusammenarbeit und Nachwuchsförderung

Das Netzwerk CARD bringt erstmals Forschende aus 13 verschiedenen Disziplinen zusammen, darunter Theologie, Religionswissenschaft, Philosophie, Soziologie, Medienwissenschaften, Informatik und Psychologie. Neben deutschen Universitäten sind auch internationale Partner aus den USA, Schweden, Norwegen und den Niederlanden beteiligt.

„Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“, betont Radde-Antweiler. Sechs Nachwuchsforschende sind als Vollmitglieder im Netzwerk integriert und gestalten die Forschung aktiv mit. Zudem soll das Projekt die Sichtbarkeit der deutschsprachigen Forschung in diesem international geprägten Feld stärken. Das Netzwerk plant dazu Arbeitstagungen, bei denen renommierte internationale Expertinnen und Experten als Gäste mitwirken werden.

Von der Universität Würzburg sind Jörn Hurtienne (Human Computer Interaction), Florian Krückel (Pädagogik), Frederek Musall (Jüdische Studien) und Caroline Wienrich (Informatik) mit von der Partie.

Kontakt

Prof. Dr. Ilona Nord, Universität Würzburg, Fakultät für Humanwissenschaften,
T: +49 931 31-89790, ilona.nord@uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. Kerstin Radde-Antweiler, Universität Bremen, Institut für Religionswissenschaft, 
T: +49 421 21867911, radde@uni-bremen.de  

Von Pressestelle JMU

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