Deutschlands erste Professur für Muskuloskelettale Radiologie
07/29/2025Jan-Peter Grunz hat am Universitätsklinikum Würzburg eine Professur übernommen, die bundesweit einzigartig ist: Ihr Schwerpunkt liegt auf der Bildgebung des Muskel-Skelett-Systems.

Jan-Peter Grunz ist Würzburger durch und durch: Er wurde in Würzburg geboren, machte sein Abitur am Röntgen-Gymnasium und studierte, promovierte und habilitierte an der Julius-Maximilians-Universität (JMU). Sieben Jahre stand er zudem bei der ersten Garde des Würzburger Fußballvereins 04 im Tor, bevor er 2015 seine Torwarthandschuhe für die Karriere am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) an den Nagel hängte.
Seit Juli 2025 ist der 35-jährige Radiologe nun der erste und bislang einzige W2-Professor für Muskuloskelettale Bildgebung in Deutschland.
Mehr Sichtbarkeit für die muskuloskelettale Bildgebung
Zur muskuloskelettalen („MSK-“) Radiologie zählen alle bildgebenden Untersuchungen zur Darstellung von Muskeln, Knochen, Gelenken, Sehnen, Bändern und angrenzenden Weichteilen. Sie kommt unter anderem bei Sportverletzungen wie Bänder- und Muskelfaserrissen oder Knochenbrüchen zum Einsatz. Aber sie hat auch eine entscheidende Bedeutung bei degenerativen und entzündlichen Erkrankungen sowie bei Tumoren des Bewegungsapparats.
Damit ist die MSK-Radiologie eines der größten und vielfältigsten Anwendungsgebiete der bildgebenden Diagnostik. Mit der deutschlandweit ersten Professur am UKW bekommt sie nun, was sie schon lange verdient: mehr Sichtbarkeit.
Universitätsmedizin setzt wichtiges Signal
„Mit der Einrichtung einer W2-Professur für MSK-Bildgebung setzt die Universitätsmedizin Würzburg ein wichtiges Signal – wissenschaftlich, akademisch, klinisch und strategisch“, erläutert Professor Thorsten Bley, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Die neue Professur ist in sein Institut integriert: „Ich freue mich sehr, dass Jan-Peter Grunz den Ruf angenommen hat. Mit ihm hat Würzburg das Potenzial, sich als führendes MSK-Zentrum in Deutschland und Europa zu etablieren.“
Jan-Peter Grunz leitet am UKW seit 2020 die wissenschaftliche Arbeitsgruppe für MSK-Bildgebung. Außerdem ist er Schirmherr des Würzburger MSK-Symposiums, das 2025 zum vierten Mal stattgefunden und Radiologinnen und Radiologen aus ganz Europa angezogen hat.
Kegelstrahl-CT: strahlungsarme Darstellung von Knochen
Bei seiner Habilitation widmete sich Jan-Peter Grunz der Anwendung der Kegelstrahl-Computertomografie (CT) am Extremitätenskelett. Bei diesem bildgebenden Verfahren wird das zu untersuchende Körperteil mit einem kegelförmigen Röntgenstrahl durchleuchtet, der dann von einem flachen digitalen Sensor aufgefangen wird. Aus den entstehenden Einzelaufnahmen wird ein dreidimensionales Bild berechnet.
„Bei uns kommt die Kegelstrahl-CT mittlerweile bei fast jeder distalen Unterarmfraktur zum Einsatz“, sagt Grunz. Die Brüche nahe des Handgelenks gehören zu den häufigsten Frakturformen überhaupt. Auch am Ellenbogen oder am Fuß liefert die Kegelstrahl-CT scharfe Bilder der Knochen bei geringer Strahlenexposition. Zwei Scanner dieses Typs sind derzeit am UKW im Einsatz. „Durch zahlreiche Studien konnten wir die Geräte optimal auf die Bedürfnisse der Patientenversorgung abstimmen“, freut sich Grunz über die gelungene klinische Translation.
Photonenzählende CT: Revolution und Zukunft der MSK-Bildgebung
Ein weiteres Forschungsgebiet des Radiologen ist die photonenzählende CT – die laut Grunz „größte Entwicklung der medizinischen Bildgebung in den vergangenen zehn Jahren“. Während die Kegelstrahl-CT nur selektiv an den Extremitäten zum Einsatz kommt, ermöglicht die photonenzählende CT einen ultrahochaufgelösten Ganzkörperscan in wenigen Sekunden. Und das mit einer noch nie dagewesenen Dosiseffizienz.
Herkömmliche Computertomographen bündeln Röntgenquanten in einem Lichtstrahl, während der Detektor des neuen CT direkt jedes Photon zählt, das durch den Körper geschickt wird. Das UKW verfügt seit Dezember 2021 über einen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten photonenzählenden CT-Scanner, der zu einem großen Teil für die MSK-Bildgebung eingesetzt wird.
Forschungsaufenthalt in den USA
Als Jan-Peter Grunz den Ruf auf die Würzburger W2-Professur erhielt, forschte er gerade an der University of Wisconsin-Madison in den USA. „In Madison gibt es eine starke Medizinphysik, sodass ich vor allem grundlagenwissenschaftliche Fähigkeiten mitnehmen konnte.“, schildert er.
Fasziniert hat ihn die Forschungskultur in den USA. „Dort herrscht ein ganz natürliches Verständnis für Wissenschaft: Aus jeder klinisch indizierten Untersuchung wird ein Informationsgewinn gezogen, um die Bildgebung in einem iterativen Kreislauf zu verbessern“, so der Würzburger Radiologe. Auch die Feedback-Mechanismen haben ihn beeindruckt. „Forschungsprojekte werden permanent besprochen, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden abgeholt und systematisch an die Hand genommen.“
Lehre hat hohen Stellenwert
Seine positiven Erfahrungen aus Wisconsin will Grunz in die neue Professur am UKW einfließen lassen. „Ich möchte die Schnittstelle zur experimentellen Radiologie verbessern und das vorhandene Knowhow noch stärker in die Klinik einbinden“, sagt er und nennt die Sequenzentwicklung für die MRT-Bildgebung als Beispiel.
Auch die Lehre hat bei ihm einen hohen Stellenwert. „Ich möchte unser assistenzärztliches Personal und den studentischen Nachwuchs optimal ausbilden und so oft wie möglich im Befundungsraum anwesend sein, um anhand praktischer Beispiele zu vermitteln, was die MSK-Radiologie ausmacht“, sagt Grunz.
Kurz vor Antritt seiner Professur hat er die anspruchsvolle Prüfung für das European Diploma in Musculoskeletal Radiology (EDiMSK) in Toulouse bestanden. Außerdem verfügt er über das European Diploma in Radiology (EDiR) und einen Master of Health Business Administration (MHBA).
Gemeinsam mit Professor Rainer Schmitt hat er das 656 Seiten starke Buch „Referenz Radiologie – Hand” verfasst, das im Februar 2025 im Thieme-Verlag erschienen ist. Schmitt war viele Jahre Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie in Bad Neustadt a. d. Saale und gilt als der führende Experte für Handbildgebung im europäischen Raum.