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  • Drei Studierende vor der Neuen Uni am Sanderring.

Premierenfeier über Leichen

05/12/2016

Das Anatomische Institut der Universität Würzburg ist Schauplatz des zweiten Franken-„Tatorts“, der am Sonntag, 22. Mai, im Ersten läuft. Bei der Leinwand-Premiere im Hörsaal der Anatomie konnten etwa 400 geladene Gäste und Kartengewinner den Film vorab sehen.

Die Schauspieler Andreas Leopold Schadt, Eli Wasserscheid und Matthias Egersdörfer (Foto: Karsten Fehr)
Die Schauspieler Andreas Leopold Schadt, Eli Wasserscheid und Matthias Egersdörfer (Foto: Karsten Fehr)

Alles begann bei einer langen Zugfahrt. Als Beate Langmaack an einem heißen Sommertag im Jahr 2011 in den ICE einstieg, der sie von Berlin nach Hamburg bringen sollte, ahnte sie nicht, mit welcher Idee im Gepäck sie bei ihrer Ankunft zweieinhalb Stunden später wieder aussteigen würde. „Das war einfach großes Glück“, schildert die Drehbuchautorin heute die Umstände, unter denen das zustande kam, was die Hamburger Anatomie-Professorin Gabriele Rune, die im Speisewagon zufällig neben ihr saß, damals auf den Weg brachte: den Plan, den zweiten Franken-„Tatort“ im Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg zu drehen.

Fünf Jahre später ist der Streifen fertig und die hiesige Prominenz begeistert: „Das Recht, sich zu sorgen“ kam an bei den rund 400 Ehren-Gästen und Kartengewinnern, die das Privileg hatten, den Krimi bei seiner Leinwand-Premiere am 9. Mai im großen Hörsaal der Würzburger Anatomie zu sehen. Am Sonntag, 22. Mai, wird auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit dazu haben: Dann nämlich läuft der zweite Franken-„Tatort“ um 20:15 Uhr im Ersten.

Ein unbekanntes Feld

Von Körperspenden über das Sezieren bis hin zur Mazeration – das, was ihr Professorin Rune während der Zugfahrt über ihren Beruf erzählte, habe sie sofort gefesselt, berichtet Langmaack: „Die Rechtsmedizin kennt jeder geübte Tatort-Zuschauer, die Anatomie dagegen nicht.“ Um das zu ändern, lud Rune die Drehbuchautorin nachher nicht nur mehrfach zu sich ins Hamburger Institut ein, sondern leitete auch den Kontakt zur Universität Würzburg, einem der späteren Drehorte, in die Wege.

Letztere sei „eine Hochburg auf dem Gebiet der Anatomie“, betont Langmaack. Die Erzählungen von Professor Süleyman Ergün, der das Anatomische Institut in Würzburg leitet und der „Tatort“-Anfrage offen gegenüberstand, seien überaus inspirierend gewesen und hätten auch den Regisseur Andreas Senn begeistert: „Er verstand sofort, warum wir in diesen Räumen unbedingt drehen wollten.“

Ein Film der leisen Töne

Tatsächlich ist es das 1883 erbaute ehrwürdige Institutsgebäude, das die „Tatort“-Macher derart eindrucksvoll in Szene setzen, dass es dem Film das gibt, was dem Zuschauer hinterher bleibt: eine Atmosphäre, die zum Nachdenken anregt. Über drei Fälle, die auf den ersten Blick nichts gemein haben, die am Ende aber eines eint: Die Sehnsucht nach dem Gegenteil von Einsamkeit, die Angst vor dem Verlust der Nächsten.

Keine Schießereien, keine Verfolgungsjagden – der zweite Franken-„Tatort“ setzt auf leise Töne, ohne dass es ihm an Spannung fehlt. „Dieser Film ist so gehaltvoll, da denkt man noch lange darüber nach“, sagte Andrea Szczesny, Vizepräsidentin der Universität Würzburg, beim Filmgespräch im Anschluss an die Vorstellung.

Ein besonderer Drehort

Die Schauspieler indes zeigten sich begeistert von den Dreharbeiten im Anatomischen Institut, bei denen kein Wunsch unerfüllt geblieben sei. „Man spürt das: Das ist eine Kraft, dass man weiß, hier liegen Menschen, Leichen, die sich der Wissenschaft zur Verfügung gestellt haben“, sagte Eli Wasserscheid, die im Film die Rolle der Kommissarin Wanda Goldwasser spielt.

Jan Krauter, Darsteller des Präparators Lando Amtmann, freute sich über das Wiedersehen mit Maike Veyl-Wichmann: Die Mitarbeiterin der Würzburger Anatomie habe ihm die lateinischen Namen und die Reihenfolge der diversen Fußknochen genau erläutert, sodass er sie im „Tatort“ einer jungen Schülerin erklären konnte. Krauter lachte: „Ich könnte heute noch eine Orthopädie-Praxis eröffnen.“

So zart wie ein Rosenblatt

Produzentin Uli Putz betonte den hohen Stellenwert, den der „Tatort“ in Franken genießt: „Wir sind hier mit offenen Armen empfangen worden. Der Wille zur Mitgestaltung ist enorm.“ Dies habe sich auch in der großen Zahl der Bewerbungen für die Komparserie niedergeschlagen: Über 2500 Franken hatten sich beim Bayerischen Rundfunk (BR) beworben in der Hoffnung, in „ihrem Tatort“ mitspielen zu dürfen.

Anatomie-Leiter Ergün bescheinigte dem Team um Regisseur Andreas Senn eine „fachlich-inhaltlich genaue und pietätvolle Umsetzung“. Kein Wunder: Der Professor hatte die Macher zuvor intensiv beraten. „Die menschliche Herzklappe ist so zart wie ein Rosenblatt“, hatte er ihnen erklärt mit der dringenden Empfehlung, doch mal eine in die Hand zu nehmen. Das taten sie dann wohl auch: Im Film jedenfalls redet Schauspielerin Sybille Canonica von Herzklappen. Allerdings nimmt sie dabei eine Gurkenscheibe zwischen die Finger.

By Karsten Fehr

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