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Neue Stadtbäume im Öko-Test

08/28/2017

Der Klimawandel mit Hitze und Trockenheit macht vielen Stadtbäumen zu schaffen. Kommen Baumarten aus anderen Regionen der Erde besser damit zurecht? Und wie werden die „Fremdlinge“ von den heimischen Insekten angenommen?

Mit der Baumkrone auf Du und Du: Biologie-Studentin Rosa Albrecht bei der Arbeit. (Foto: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau)
Mit der Baumkrone auf Du und Du: Biologie-Studentin Rosa Albrecht bei der Arbeit. (Foto: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau) (Image: presse@uni-wuerzburg.de)

Den einheimischen Stadtbäumen geht es zunehmend schlechter. Anhaltende Trockenperioden, längere Hitzewellen und plötzliche Frosteinbrüche machen Bäumen wie Linde und Ahorn das Leben schwer. Bei vielen Baumarten wird die Trockenstresstoleranz häufig überschritten, sodass sie sich voraussichtlich mehr und mehr aus dem gewohnten Bild der Innenstädte verabschieden werden.

Im Projekt „Stadtgrün 2021“ sucht die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) aus Veitshöchheim daher Kandidaten für die „klimatolerante“ Stadt. „Was liegt dabei näher als Bäume zu wählen, die von Haus aus mit Hitze, Trockenheit und Wasserknappheit bestens vertraut sind?“ Das sagt Dr. Susanne Böll, Leiterin des Stadtgrün-Projektes.

Bei den Testkandidaten handelt es sich daher vorwiegend um Baumarten aus Osteuropa, die dank ihrer kontinentalen Herkunft mit diesen Extremen bestens vertraut sind. Seit 2010 werden 30 Baumarten an drei klimatisch unterschiedlichen Standorten in Deutschland auf Herz und Nieren getestet. Am Standort Würzburg mit seinen 31 Hitzetagen bei Durchschnittstemperaturen von bis zu 40 Grad Celsius (Werte von 2015) und mit langen Trockenperioden werden die Bäume auf ihre Toleranz gegen Trockenstress geprüft.

Auch die Ökologie muss stimmen

Doch sind die nicht heimischen Stadtbäume „ökologische Wüsten“? Leben in der Baumkrone einer heimischen Linde mehr Arten als in der Baumkrone der osteuropäischen Silberlinde? Genau das will Biologie-Studentin Rosa Albrecht von der Universität Würzburg in ihrer Masterarbeit herausfinden. „Bisher gibt es dazu keinerlei Vergleichswerte“, so die 26-jährige. Umso spannender wird das Resultat ihrer Abschlussarbeit, die am Biozentrum der Uni von Dr. Dieter Mahsberg betreut wird.

Bis dahin tauscht Rosa Albrecht zweimal im Monat ihren Laborstuhl an der Uni mit einem Arbeitsplatz im Grünen. Was sich zunächst recht unspektakulär anhört, wird erst bei genauerer Betrachtung besonders: Die Studentin untersucht die Artenvielfalt in den Baumkronen der in Würzburg gepflanzten Zukunftsbäume in rund sechs Meter Höhe.

Mit dem Hubsteiger in die Baumkronen

Bis die Endergebnisse feststehen, muss sich Rosa Albrecht noch etliche Male in den Hubsteiger begeben und ihre Insektenfallen, hoch in den Baumkronen, entleeren. Dabei ist Fingerspitzengefühl beim Fahrer des Hubsteigers gefragt – dürfen doch Baum und Äste beim Kronenbesuch nicht beschädigt werden. Aber nach mittlerweile über 40 Stunden Hubsteigerfahrt sind Rosa Albrecht und ihr Fahrer ein routiniertes, eingespieltes Team.

„Damit wir eine Aussage über das gesamte Insektenspektrum machen können, setzen wir drei verschiedene Fangmethoden ein“, erläutert Albrecht. So werden etwa fliegende Insekten wie Käfer, Zikaden und Wanzen über Fensterfallen eingefangen. Bei der Klopfprobe, also dem Abklopfen von Ästen mit einem Holzstock, werden schließlich nicht fliegende Insekten, Raupen und Räuber (unter anderem Spinnen) abgegriffen. Nicht zuletzt gehen der Studentin über eine Gelbtafel, vergleichbar mit einer Fliegenfalle, auch Zwergwespen auf den Leim.

„Neben der Bestimmung der Artenvielfalt geht es auch darum zu überprüfen, ob ein ökologisches Gleichgewicht zwischen den Arten herrscht“, betont die Studentin. So ist das Vorhandensein von Nützlingen wie beispielsweise der Zwergwespe ein gutes Zeichen dafür, dass das hauseigene Ökosystem des Baumes funktioniert. So kommen etwa Schlupfwespen bei einem Befall von Frostspanner-Raupen als natürliche Schädlingsbekämpfung zum Einsatz.

Insekten finden Bäume zum Anbeißen gut

„Schon jetzt lässt sich sagen, dass sich die nicht heimischen Stadtbäume nicht verstecken müssen“, bringt es Albrecht auf den Punkt. Denn bei jeder Hubsteigerfahrt kehrt sie auch bei Silberlinde und Co. mit gut gefüllten Fallen zurück. Wie artenreich das Endergebnis letztendlich ausfallen wird, wird sich erst nach der Auswertung im Labor zeigen.

Dagegen macht schon jetzt der unübersehbare Blattfraß deutlich, dass die heimischen Insekten auch die osteuropäischen Bäume zum Anbeißen finden. „Wir sind sehr gespannt, was die Auswertung am Ende zeigen wird. Denn damit wird zum ersten Mal eine ‚echte‘ Diskussionsgrundlage geschaffen, inwieweit die nicht heimischen Baumarten tatsächlich von heimischen Insekten angenommen werden“, so Dr. Susanne Böll.

Das Projekt wird gemeinsam von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau und dem Biozentrum der Universität Würzburg (Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie) durchgeführt. Finanziert wird es im Rahmen von Projekten des „Zentrums Stadtnatur und Klimaschutz“ der TU München durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

(Quelle: Pressemitteilung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, 10. August 2017)

Weitere Informationen zum Projekt

By Robert Emmerich

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