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Sascha Dolezal, Geographie, Statistisches Landesamt BW

02.10.2019

Alumnus Sascha Dolezal hat in Würzburg Geographie studiert und in diesem Fach bei Professor Jürgen Rauh promoviert. Nach einem Aufenthalt in Japan arbeitet er aktuell als Referent beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg.

Foto: Privat

Sascha, was war Dein Promotionsthema und wie würdest Du Dein Ergebnis kurz beschreiben? In meiner Forschungsarbeit habe ich japanische Einkaufspassagen untersucht, die aufgrund neuer Konkurrenten wie Supermärkte, Einkaufszentren oder Onlinehandel sowie durch wandelnde Konsumgewohnheiten und gesellschaftliche Entwicklungen vielen Herausforderungen gegenüberstehen.

Was ist denn so spannend an diesen Einkaufspassagen? Bei vielen dieser Passagen sind deutliche Erscheinungen des Niedergangs vorzufinden, ein paar wenige können sich aber auch heute noch sehr attraktiv und lebendig präsentieren. Aus diesem Anlass habe ich Einflussfaktoren erforscht, die sich positiv beziehungsweise negativ auf die Entwicklung auswirken, und wie es um die Zukunft dieser Einzelhandelsstandorte in Japan bestellt ist.

Und wie sieht ihre Zukunft aus? Den vielen Familienbetrieben fehlen Nachfolger. Wegen fehlender Geschäftsnachfolger bleiben Investitionen in die Immobilie aus, und sowohl die Warenpräsentation als auch die Gebäudegestaltung sind nicht mehr zeitgemäß. Ein Supermarkt bietet in der Breite als auch in der Tiefe viele Waren „unter einem Dach“ an und dabei oftmals auch zu einem günstigeren Preis als die Spezialgeschäfte der Einkaufspassagen. Kommen mehrere dieser Faktoren zusammen, entsteht schnell ein Teufelskreis der Abwärtsentwicklung.

Inzwischen arbeitest Du beim Landesamt Baden-Württemberg. Was machst Du dort? Ich arbeite als Referent im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg in Stuttgart für den Bereich Zensus. In der EU wird im Jahr 2021 die nächste Volkszählung durchgeführt, und ähnlich wie beim letzten Zensus 2011 wird auch diesmal nicht die gesamte Bevölkerung befragt, sondern nur eine Stichprobe von etwa zehn Prozent. Es werden nicht gezielte Personen befragt, sondern alle Bewohner einer Stichprobenanschrift. Damit aber eine Stichprobe gezogen werden kann, bedarf es einer Datenbank, in der alle Anschriften mit Wohnraum hinterlegt sind. Für die Qualität dieser Datenbank, dem sogenannten Steuerungsregister, bin ich verantwortlich und leite ein Team aus rund 16 Mitarbeitern.

Wie geht ihr dabei konkret vor? Gemeinsam müssen wir verschiedene Datenquellen wie Melderegister- oder Vermessungsdaten einander vorbeiführen und bereinigen, um dann aus einem Gesamtbestand von rund drei Millionen Adressen diejenigen zu kennzeichnen, die Wohnraum beinhalten. Oftmals nutzen wir bei Unschlüssigkeiten auch Satellitenbilder und andere Quellen, was bei der Anzahl an Gebäuden eine durchaus herausfordernde Tätigkeit ist.

Du hast einen Zeitabschnitt Deines Lebens in Japan verbracht. Was hast Du dort gemacht? Dank vieler persönlicher Kontakte war ich bereits einige Male in Japan und habe dort die vorhin erwähnten Einkaufspassagen gesehen, welche mich sehr schnell faszinierten. Nachdem ich mich intensiver damit auseinandergesetzt hatte, mündete dieses Interesse in mein Dissertationsthema. Dank eines DAAD-Stipendiums konnte ich über ein Jahr an unserer Partneruniversität, der Osaka Sangyo Universität, forschen und so wertvolle Daten und Einblicke für mein Thema erhalten. Zudem führten wir vom Geographischen Institut der Universität Würzburg im Spätsommer 2015 eine zweiwöchige studentische Exkursion in Japan durch. Insgesamt bin ich in den vergangenen Jahren neun Mal nach Japan geflogen, wobei ich einige Aufenthalte auch rein zum Reisen und Kennenlernen des Landes genutzt habe.

Was fasziniert Dich besonders an der japanischen Kultur? Japan ist eine ganz andere Welt in vielerlei Hinsicht. Die Verbindung von Tradition und Moderne ist sehr facettenreich und spannend zu beobachten. Mich hat vom ersten Moment an der freundliche und respektvolle Umgang miteinander beeindruckt. In keinem anderen Land habe ich eine solche Achtsamkeit auf das eigene Umfeld und die Gesellschaft als Ganzes beobachten können.

Mit welchen Herausforderungen müssen Ausländer dort rechnen? In Japan werden viele Dinge tabuisiert und nicht diskutiert, was oft den Austausch eigener Meinungen und Bedürfnisse sehr einschränkt. Dadurch entstehen leicht Missverständnisse und Konflikte, die sich unter der Oberfläche festsetzen. Gerade als Ausländer ist es dann oft schwierig, die Worte und Gesten richtig zu interpretieren, da man eher klare Aussagen und Vorgehensweisen gewohnt ist.

Eine große Herausforderung dürfte wohl auch die Sprache sein. Ja. Englisch wird zwar in der Schule gelernt, aber durch ihren Inselstatus und die Homogenität der Gesellschaft gibt es für einen Großteil der Bevölkerung keine Möglichkeit, die erworbenen Sprachkenntnisse zu nutzen. Für Ausländer ist es deshalb unausweichlich, die japanische Sprache zu lernen, um sich für einen längeren Zeitraum in Japan zurechtzufinden und zu integrieren.

Wie bist Du mit dem Leben in Japan klar gekommen? Die Zeit in Japan habe ich als sehr schön und angenehm empfunden, aber über einen Zeitraum von mehreren Jahren kann ich mir ein Leben im „Land der aufgehenden Sonne“ nicht vorstellen. Mir fehlt die Work-Life-Balance im japanischen Arbeitsalltag. Viele Überstunden, wenig Urlaubstage und oftmals lange Pendelzeiten zwischen Arbeitsort und Wohnung sind weit verbreitet. Ich kann aber jedem eine Reise nach Japan empfehlen, denn das Land bietet tolle Landschaften, interessante Stadtwelten, hilfsbereite und freundliche Menschen, sehr leckeres Essen und allen voran pünktliche und zuverlässige Verkehrsmittel.

An welche Begebenheit aus Deiner Zeit in Würzburg erinnerst Du Dich besonders gerne? Generell empfand ich die studentische Atmosphäre und das viele Grün in der Stadt als sehr angenehm. Wenn ich Würzburg heutzutage einen Besuch abstatte, verschlägt es mich sehr gerne ans Hubland sowie in den Ringpark und an das Mainufer in der Sanderau. Würzburg bietet viele Möglichkeiten für einen Spaziergang und lädt durch viele Kneipen und Restaurants mit bezahlbaren Preisen ein, den Tag gemütlich ausklingen zu lassen. Gerade die oftmals kurzen Wege in die Innenstadt bieten die Möglichkeit, sich auch noch spontan zu verabreden. Ich habe mich auch nie unsicher gefühlt, wenn ich abends alleine auf dem Nach-Hause-Weg war. Mit Würzburg verbinde ich daher auch ein tiefes Gefühl der Sicherheit. Selbstverständlich sind auch die touristischen Hotspots wie die Residenz, die alte Mainbrücke, die Festung oder die Innenstadt immer einen Besuch wert. Diese Orte gehören bei mir zu einem Würzburg-Besuch einfach dazu.

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