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Nord- und Westafrika. Die letzten 200 Jahre. Regeneration und Desertifikation

Die Landschaftsbeschreibungen der Forschungsreisenden des 19, Jahrhunderts sind genau genug, um Vegetationskarten zu erstellen. Die Reisenden stimmten darin überein, dass die wesentlichen Grenzen der Sahara stabil waren und den heutigen glichen. Sie beschrieben dichte Wälder anstelle heutiger Savannen und betonten den Charakter der Kulturlandschaften für den heutigen Sahel und für weite Bereiche des Sudans. Sie betonten auch die enorme Dichte von Großsäugern. Wesentlich waren aber die stetigen und weiten Gras- und Krautflächen in der Sahara. Sie ermöglichten es den Nomaden, die Herden aufzustocken und ihre soziale Stellung auszubauen.

Aus den gleichen Quellen konnte auch eine Niederschlagschronik gewonnen werden, die hier parallel zu den Karten vorgestellt wird. Ab ca. 1870 bis 1970 gab es eine Feuchtzeit, auch wenn sie von Dürren unterbrochen wurde. Mit den Dürren ab 1970 kam es zum Zusammenbruch vieler Wirtschaftssysteme, da überstockte Herden keine Weiden mehr fanden oder Ackerbauzonen zurückgenommen werden mussten. Übernutzungen und ihre Schäden nährten die Überzeugung, dass es unumkehrbare Entwicklungen seien. Maßnahmen wurden getroffen zum Schutz der Regionen, zum Beispiel überregionale Forstgürtel.

Dennoch gab es viele Hinweise auf die noch bestehende Regenerationsfähigkeit von Vegetation und Boden. Mit ihnen konnte man arbeiten. Das Weide- und Brunnenrotationssystem von R. Reichelt (1989) im Gourma von Mali konnte durch die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung bis 1984 die Herden ernähren und die Zerstörungen verhindern, die ringsherum als Desertifikation sichtbar wurden. Nur durch den Einbruch der Nomaden von Norden her, welche die Absprachen nicht akzeptierten. Langfristige Beobachtungen in der gleichen Region zeigten die noch immer bestehende Regenerationsfähigkeit von Vegetation und Boden, wenn auch mit langen Wartezeiten. Ein Pollendiagramm zeigt aber, dass die floristische Vielfalt im Sahel nach der Dürre der 1970 Jahre nicht wieder erreicht worden ist.

Das System Gourma in Nord-Mali zwischen dem Nigerbogen und Hombori

Die Region ist ein Beispiel für die ausgedehnten Akazienwälder des Sahel. Der Mangel an Quellen und Brunnen machte eine Weidenutzung im 19. Jahrhundert nur begrenzt möglich. Dennoch gab es drei Typen der Kulturlandschaften. Nomadismus und Weidenutzung im Norden und an den Überschwemmungsseen des Niger, den Acker-/Gartenbau um die Stufe von Hombori herum und die der Elefanten. Große Herden waren imstande, weite Gebiete nach ihrem Bedarf umzugestalten.

Im 20. Jahrhundert führten neue Brunnen zu extremer Überweidung. In Absprache mit der lokalen /regionalen Bevölkerung funktionierte ein Rotationssystem von Weide und nur kurzeitig offenen Brunnen zu einer schonenden Nutzung der Weiden und zur Verhinderung der Desertifikationsphänomene der umliegenden Regionen. Erst 1984 brach dieses System zusammen. Langfristige Beobachtungreihen danach belegten die Regenerationsfähigkeit von Vegetation und Boden-je nach Substrat. Diese Arbeiten mussten aber wegen der großen Unsicherheit in der Region abgebrochen werden.

Die unterschiedlichen Ansätze zur Regeneration

Großartige Forstgürtel (Große Grüne Mauer, Escadafal 2011) im Gegensatz zu langfristigen lokalen Projekten, welche von der jeweiligen Bevölkerung getragen werden können (Ousseini 2009). Die „Große Grüne Mauer“ scheitert aktuell an der generellen Unsicherheit. Arbeiten zur Symbiose von Akazien und Wurzelbakterien laufen aber weiter. Die Erfahrungen der Kollegen aus Niamey zeigen, dass nach fortgeschrittener Degradation und Bodenerosion nur eine vollständige und langfristige Bearbeitung der Region zu einer Regeneration führen kann. Eine Erkenntnis daraus: Es braucht Kontinuität und einen langen Atem.

Literatur (Auswahl)

  • Hiernaux, P., Diarra, L.,Soumagel, N., Lavenu, F., Tracol, Y., Diawara, M. 2009: Sahelian rangeland response to changes in rainfall over two decades in the Gourma region, Mail. Journal of Hydrology, 371, 1-2. 114-127.
  • Escadafal, R. 2011: Le projet africain de Grande Muraille Verte. Quels conseils les scientifiques peuvent-ils apporter? Dossier d´actualité.CSF-desertification.org/ grand-muraille –verte. Montpellier, 45 p.
  • Ibrahim, S., Schulz, E. 2017. An der Quellen der Angst. Der Bohrkern von Guidimouni. Z-Blatt Geol.-Paläontol. Im Druck
  • Nicholson, S. E., Dezfuli, A. K. und Klotter, D. 2012: A two-century precipitation data set for the continent of Africa. Ann. Meteorol. Soc., 93, 1219–1231
  • Ousseini, I 2000: Erosion et conservation des sols dans la vallee du Moyen Niger (République du Niger): intrpretations préliminaires de mesure en parcelles et d´observation a l´echelle de petits et moyens bassins versants. In: Hori,N. (ed.) Human response to drastic change of environment in Africa II, Tokyo, Metropolitan University, 39-70.
  • Reichelt, R. 1989: L’Hydraulique Pastorale et la Desertification au Sahel des Nomades en Afrique de l’Ouest –Réalités et Perspectives, Geologisches Jahrbuch, C, 52, Stuttgart, 32 pp
  • Schulz, E., Abichou, A., Adamou, A., Ballouche, A., Ousseini, I. 2009: The desert in the Sahara. Transitions and boundaries. In: Baumhauer, R. and Runge, J. (eds.) Holocene Palaeoenvironmental history of the Central Sahara. Palaeoecology of Africa, 29; 63-89.

Kontakt & Links

Sani Ibrahim lehrt und forscht am Département de Géographie an der Université de Niamey, Rep. Du Niger. Geographische Arbeitsgebiete: Landschaftsgeschichte, Ressourcenmanagement.

Dr. rer. nat. Prof. h.c. (Cluj) Erhard Schulz lehrt und forscht am Institut für Geographie und Geologie der Universität Würzburg. Geographische Arbeitsgebiete: Landschafts- und Vegetationsgeschichte.

Institut für Geographie und Geologie