Afrika in den internationalen Beziehungen: Von Marginalisierung zu steigendem Gewicht?
Die Staaten Afrikas sind in internationaler Politik und Welthandel weiterhin stark unterrepräsentiert. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts steigt das Gewicht Afrikas aber spürbar.
Hierfür sind vor allem drei Entwicklungen verantwortlich, die am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Europaforschung analysiert werden: Die voranschreitende kontinentale Integration in Form der Afrikanischen Union und mehrerer Regionalorganisationen, die Herausbildung afrikanischer aufstrebender Mächte wie Südafrika, die eine immer größere Rolle in der internationalen Politik einfordern und auch einnehmen, sowie sich rasant vertiefende Beziehungen zwischen Afrika und externen "Emerging Powers" wie China und Indien und neue Dynamiken im Verhältnis zur EU.
Südafrika als Stimme Afrikas in der Weltpolitik
Nach der internationalen Isolation in der Apartheidszeit führten die Präsidenten Mandela und Mbeki Südafrika zurück in die globale Gemeinschaft. Südafrika gilt nicht aufgrund seiner materiellen (militärischen und wirtschaftlichen) Kapazitäten als Emerging Power, vielmehr ist die Selbstwahrnehmung Südafrikas und seine Perzeption durch andere Akteure maßgeblich. Diese Wahrnehmung ergibt sich in erster Linie durch das aktive Engagement der Regenbogennation in der Afrikanischen Union, in den G20, den BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und im IBSA Dialogforum (Indien, Brasilien, Südafrika).
Darüber hinaus versucht Südafrika auch in der NAM (Bewegung der Blockfreien Staaten), in der BASIC Klimawandel Koalition und in der WTO die Interessen Afrikas und des Globalen Südens zu vertreten. Hieraus ergibt sich ein neues globales Gewicht Südafrikas und auch des gesamten Kontinents. Mit diesem Engagement verbindet Südafrika den Willen, die ungleichen und exklusiven Dominanzstrukturen des internationalen Systems zu reformieren.
Afrika und China
Seit der Jahrtausendwende baut China seine Beziehungen zu Afrika mit atemberaubendem Tempo aus und ist heute mit großem Abstand der wichtigste Handelspartner des Kontinents. Das Handelsvolumen verdreißigfachte sich in den letzten 20 Jahren: China importiert vor allem Öl und andere Rohstoffe und exportiert verarbeitete Produkte wie Elektronik und Kleidung nach Afrika.
Flankierend vertiefen sich die politischen Beziehungen: China veranstaltet regelmäßig Afrika-China-Gipfel und jedes Jahr reisen Spitzenpolitiker in afrikanische Länder. Mit dieser „Charme-Offensive“ gelang es China, zum wichtigsten externen Akteur auf dem Kontinent zu werden – und die Afrikapolitiken der EU und der USA vor große Herausforderungen zu stellen. In den letzten Jahren hat jedoch auch Indien seine Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent stark ausgebaut und ist bereits dessen zweitgrößter Handelspartner. Mehr zu den afrikanisch-indischen Beziehungen finden Sie hier.
Kontakt & Links
Dr. Philipp Gieg ist Postdoc am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Würzburg und forscht vor allem zu den internationalen Beziehungen Afrikas (insbesondere chinesische, indische, britische, EU- und US-Afrikapolitik), zu Indiens Außen- und Sicherheitspolitik sowie zu Süd-Süd-Kooperation, globalen Normen und EU-Außenbeziehungen.
Timo Lowinger ist ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Würzburg und forscht vor allem zu (kritischer) konstruktivistischer Normenforschung, Emerging Powers (insbesondere indische und südafrikanische Außenpolitik) sowie zur Afrikanischen Union.