Intern
Würzburger Altertumswissenschaftliches Zentrum

WS 2016/17

Ringvorlesung des Würzburger Altertumswissenschaftlichen Zentrums im Wintersemester 2016/17

Herrschergestalten
Treiber und Getriebene im Gefüge historischer Dynamik und Reflexion

Der Blick zurück in die Vergangenheit orientiert sich an herausragenden Persönlichkeiten, die ihre Zeit geprägt zu haben scheinen. Fürsten und Staatenlenker, Königinnen und charismatische Anführerinnen beflügeln die Phantasie und verleihen der Vergangenheit Gesichter – oft genug holzschnittartige Masken, hinter denen es die Vielfalt der jeweiligen Epoche erst freizulegen gilt. Der wahnsinnige Nabonid, die schöne Kleopatra, der Trottel Claudius, die tapfere Boudicca, all sie sind Teil unserer historischen Erinnerung, vielfach überformt durch zahllose Fiktionalisierungen.

Die Ringvorlesung widmet sich einzelnen Herrscherpersönlichkeiten in den alten Kulturen Europas, des Mittelmeerraums und Vorderasiens. Sie beleuchtet die einzelnen Herrschergestalten – ob namentlich bekannt oder der Vergessenheit anheimgefallene Bewohner eines Fürstengrabs – in ihrem breiteren historischen Kontext und beschäftigt sich mit der Genese von Herrscherstereotypen in der Selbstdarstellung ebenso wie in der Reflexion von Zeitgenossen und Späteren.

Treiber oder Getriebene?

Gestalter ihrer Zeit oder eingebildete Lenker, die wie Tolstois Napoleon von den chaotischen Wellen der historischen Dynamik umhergeworfen werden, ohne ihre eigene Nichtigkeit zu erkennen?

Zwischen diesen geschichtsphilosophischen Extremen möchte die Ringvorlesung einschneidende historische Epochen und die in ihnen lebenden Menschen interdisziplinär und für ein breiteres Publikum erschließen.

Die Ringvorlesung spannt einen thematischen Bogen von den alten Kulturen Ägyptens und Mesopotamiens über das antike Griechenland und die Römer bis zur keltischen Kultur Mitteleuropas. Neben Herrschern mit bis heute selbstverständlich nachklingenden Namen wie Cäsar, Perikles und Alexander widmen sich die Vorträge auch keltische Fürstinnen, der Herrschaftsideologie der ägyptischen Pharaonen und dem Assyrerkönig Sanherib. Reliefs aus dem Palast dieses Assyrerkönigs in Ninive (Mosul, Irak) erschließt in diesem Wintersemester auch eine Fotoausstellung in der Antikenabteilung des Martin von Wagner-Museums (Ninive. Bilder aus Sanheribs ‚Palast ohnegleichen‘, 21.10.2016–9.2.2017).

Die Vorträge finden jeweils montags um 18.15 Uhr im Toscanasaal im Südflügel der Würzburger Residenz statt. Der Eintritt ist frei. 


Montag, 31. Oktober 2016

Prof. Dr. Christine Walde (Universität Mainz)
Ungeheuer oder Gott? C. Iulius Caesar in Lucans Epos vom Bürgerkrieg

Lucans Caesar polarisiert. Kaum eine literarische Gestalt hat so widersprüchliche Reaktionen bei den Lesern aller Zeiten hervorgerufen. Das Spektrum reicht hier von unverhohlener Bewunderung zu wütender Verurteilung.  Anhand ausgewählter Passagen aus dem Epos wird der Vortrag diesen faszinierenden Baustein des Caesar-Mythos vorstellen.


Montag, 14. November 2016

Prof. Dr. Andreas Fuchs (Universität Tübingen))
Sanherib, König von Assyrien – gefürchtet und geliebt, verhasst und verehrt

Zu den altorientalischen Herrschern, die wenigstens in Ansätzen eigene, unverwechselbare Konturen erkennen lassen, gehört der neuassyrische König Sanherib (705-681 v.Chr.), dem nicht nur zeitgenössische assyrische Quellen, sondern auch die Schriften des Alten Testaments eine prominente Rolle zubilligen.

Entgegen dem Klischeebild eines assyrischen Herrschers verkörpert er nicht den Typus des Eroberers, sondern den des reichen Erben. Er konnte aus dem Vollen schöpfen, was er bei der Ausgestaltung Ninives zur glanzvollsten Metropole ihrer Zeit unter Beweis stellte. Zugleich aber hatte er schwer um die Erhaltung des von ihm geerbten Reiches zu kämpfen. Die zunehmende Erbitterung und Härte dieser Auseinandersetzungen waren die Folge einer eigenwilligen Politik, durch die sich Sanherib sehr markant sowohl von seinen Vorgängern wie auch von seinen Nachfolgern auf dem assyrischen Thron unterschied.

Jenseits der politischen Sphäre liegen vereinzelte Hinweise auf die persönlichen Interessen des Königs und auf sein Familienleben vor. Hier, vor allem aber in der nicht eben glücklich gelösten Nachfolgefrage, lagen die Ursachen für das tragische Ende dieses Herrschers, das die Nachwelt mehr noch als alle übrigen Geschehnisse seiner Zeit beschäftigt hat.  


Montag, 28. November 2016

Prof. Dr. Claudia Tiersch (HU Berlin)
Perikles – Vater der Demokratie oder manipulativer Kriegstreiber?

Perikles (ca. 490-429 v. Chr.) gilt als der Politiker, welcher die Entwicklung der athenischen Demokratie durch seine politischen Initiativen entscheidend vorangetrieben und die Politisierung der athenischen Bürger erheblich verstärkt hat. Platon warf ihm sogar vor, er habe die Athener wilder als Pferde gemacht. Doch in der Phase seiner politischen Dominanz entwickelte sich Athen auch zur 'polis tyrannos', die mit Stolz ihre Bündner unterdrückte. Außerdem brach der verheerende Peloponnesische Krieg aus (431-404 v. Chr.), der unzählige Menschenleben kostete.

Steht die Demokratisierung Athens mit seiner Militarisierung in Zusammenhang? Welchen Anteil hatte Perikles daran? Welche politischen Ziele verfolgte er überhaupt, war die Demokratisierung Athens eines von ihnen? Der Vortrag soll nicht nur die ambivalente politische Figur des Perikles näher beleuchten, sondern auch die athenische Demokratie jener Jahre.


Montag, 12. Dezember 2016

Dr. Martin Kovacs (Universität Freiburg
Alexanderbilder im Hellenismus – Herrscher, Heros, Gott?

Bildnisse Alexanders des Großen wurden in der Vergangenheit insbesondere auf die Frage hin untersucht, welche Bilder Alexander von sich selbst verbreiten ließ.Eng damit verknüpft war zudem die Frage nach vermeintlich heroisierenden sowie divinisierenden Bildelementen, die Rückschlüsse darauf erlauben konnten, wann und in welcher Form Alexander als Sohn des Zeus Ammon oder als ‚neuer Achill‘ repräsentiert werden sollte.

Allerdings lassen sich die wenigsten Bildzeugnisse auf die Lebenszeit Alexanders zurückführen, und selbst die entsprechend datierbaren Monumente gehen in ihrer konkreten Gestalt nicht notwendigerweise und in jedem Fall auf eine Konzeption Alexanders selbst zurück.

Nur unzureichend beachtet wurde bislang allerdings das Phänomen der visuellen Zeugnisse Alexanders im Kontext der Repräsentation der hellenistischen Monarchien.

  • Welche konkreten visuellen Ausprägungen lassen sich feststellen und welche Vorstellungen von Alexander als heroischer bzw. diviner Figur reflektieren die im Einzelnen sehr unterschiedlichen Konzepte des Alexanderporträts?
  • Wie eignete man sich Alexander den Großen in unterschiedlichen historischen und kulturellen Zusammenhängen an?
  • Was unterscheidet etwa die visuelle Konzeption der Alexanderfigur unter Ptolemaios I. von derjenigen des Lysimachos?

Der Vortrag soll den Blick für visuelle Differenzen im hellenistischen Alexanderporträt öffnen und darauf aufbauend die unterschiedlichen Figurationen Alexanders des Großen sowie ihre divergierenden politischen und kulturellen Semantiken aufzeigen.


Montag, 9. Januar 2017

Prof. Dr. Carola Metzner Nebelsick (LMU München)
Die Zeit der Fürstinnen Fürstliche Bestattungen von Frauen im Kontext der Hallstatt- und Frühlatènezeit

Der Vortrag nimmt reiche Frauengräber der Zeit des späten 7. bis 4. Jahrhunderts v. Chr. in Europa in den Blick. Dabei geht es in erster Linie um Bestattungen von Frauen, die mit den frühen Kelten identifiziert werden. Lange erschien im archäologischen Kontext die vorrömische Eisenzeit als eine Epoche, in der Macht und Status eine nahezu ausschließlich männliche Domäne waren.

Spektakuläre Neufunde sowie eine Neubewertung länger bekannter Gräber zeigen, dass innerhalb einer fürstlichen Elite mächtige Frauen eine bedeutende Rolle spielten. Diese neue Sicht hat unser Verständnis eisenzeitlicher Kulturen wesentlich bereichert.


Neben herausragenden Bestattungen der westlichen Hallstattkultur wird das dort entworfene Bild mit dem Befund im Ostalpenraum vergleichen.


Montag, 23. Januar 2017

Prof. Dr. Martin Andreas Stadler (Universität Würzburg)
Pharao: Herrschergestalt im Spannungsfeld von Anspruch und Realität

Pharao war die von zahlreichen königsideologischen Vorgaben geprägte Zentralfigur der altägyptischen Gesellschaft. Das politische, aber auch das kultische Handeln Pharaos war daher in engen Bahnen vorgezeichnet, und hinter dieser so geschaffenen Fassade verschwand der altägyptische König als Person weitgehend. Es ist deshalb nicht ganz leicht, individuelle Herrschergestalten so detailliert zu beschreiben wie für andere Kulturkreise der Antike. Der ägyptologische Beitrag wählt somit einen anderen Zugang zum Thema „Herrschergestalten“ und stellt vor, welche Anforderung ein idealer Pharao zu erfüllen hatte. Er zeigt anhand von Text- und Bildquellen auf, was vordergründig als individuelle Großtat gilt, aber sich bei näherem Hinsehen als Rückgriff auf traditionelle Muster herausstellt, und gleicht das mit ausgewählten Beispielen wie Cheops, Tutanchamun oder Ramses II. ab.

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